Neue Kreisgeschäftsstelle
Grüne im Vogelsbergkreis: "Autoverbote funktionieren auf dem Land nicht"
Fotos: Marius Auth
11.02.2024 / LAUTERBACH -
Vom Marktplatz in Lauterbach zieht die Kreisgeschäftsstelle der Grünen ins nah gelegene Fachwerkensemble Am Graben. In den neuen Räumen erklären altgediente Parteimitglieder, was Grün über die Jahrzehnte im Vogelsberg bewirkt hat und warum Großstadtrezepte manchmal nicht auf dem Land funktionieren.
Die Räume des Kunstladens "Akzent" im Erdgeschoss sind bereits mit Partei-Paraphernalien geschmückt, von der Wand grüßt Beuys' "Wahlplakat für die Grünen". Ende der 1970er-Jahre hatten atomare Aufrüstung, Wirtschaftskrise und neues Umweltbewusstsein die grüne Bewegung entstehen lassen - und Freddy Plitzko war dabei: Der 70-Jährige hatte 1978 in Berlin sein erstes Umweltfestival erlebt und kam wenig später wegen der idyllischen Mietpreise in den Vogelsberg: "Ich wollte in Marburg studieren, ökologische Gärten haben mich interessiert. In Bleidenrod bei Homberg-Ohm war genug Platz." Den fand auch Claudia Bothe: Die 65-Jährige kam aus dem südhessischen Lorsch: "Vom Vogelsberg hatte ich nur im Heimatkundeunterricht gehört, wusste aber: Da will ich hin."
"Dürfen nicht als ideologisch Verblendete wahrgenommen werden"
Grün auf dem Land ist anders als Grün in der Großstadt, betonen die Parteimitglieder: "Die Menschen haben andere Interessen. Autoverbote funktionieren nicht im ländlichen Raum. Es gibt sehr viele Pendler nach Gießen, Frankfurt oder Fulda hier. Wir dürfen nicht als ideologisch Verblendete wahrgenommen werden. Die Räumlichkeiten der neuen Kreisgeschäftsstelle bieten sich an, um mit Menschen besser ins Gespräch zu kommen: Was wollen die Grünen, müssen wir unser Leben wirklich so radikal verändern, wie es das Klischee will? Die Forderung 'Die Ampel muss weg!' etwa ist absoluter Irrsinn - wir setzen uns für eine gerechte Umverteilung von Fördermitteln für Landwirte ein", erklärt Plitzko.Nachdem Eva Goldbach den Wiedereinzug in den Landtag verpasst hat, sind die Grünen im Vogelsberg auf die Fürsorge anderer Abgeordneter angewiesen: "Wir müssen auch ohne eigene Landtagsabgeordnete Präsenz zeigen, etwa durch Grünen-Abgeordnete aus Nachbarkreisen. Außerdem müssen wir uns mit umliegenden ländlichen Gebieten verbinden, um im Land Gewicht haben zu können", so Bothe. (mau) +++