Von Christina Lander

Nachgedacht zu Pfingsten - Geist des Neubeginns

Christina Lander ist Autorin bei OSTHESSEN|NEWS für die Serie NACHGEDACHT.
Foto: Hendrik Urbin

28.05.2023 / FULDA - 50 Tage nach Pessach feiern die Juden Schawuot. Dies war natürlich vor über 2000 Jahren nach dem Tod Jesu nicht anders. Nachdem der Nazarener laut Überlieferung gekreuzigt und auferstanden war, blieben die Jünger weiterhin ihrem jüdischen Glauben treu und feierten die Feste, die sie traditionell immer feierten. Der christliche Glauben, so wie wir ihn heute kennen, formte sich dann erst im darauffolgenden Jahrhundert aus und brauchte viele Menschen, wie Petrus und Paulus, die ihm seinen besonderen Charakter verliehen.



Doch etwas ganz Bestimmtes war am Schawuotfest damals anders. Die Jünger Jesu und seine Anhänger glaubten, dass er der Messias, dass er der Erlöser war, der aber grausam und als Verbrecher gekreuzigt worden war. Sie mussten viel verarbeiten: Wie sollte es mit ihnen weitergehen? Wie wollten sie mit dem großen Vermächtnis von Jesus umgehen, seinen zahlreichen Ideen, die er zur Reformierung des Judentums hatte?

Und so geschah es, dass wir Christen 50 Tage nach Ostern Pfingsten feiern, was immer noch wunderschön unsere Verbindung zum Judentum zeigt: Denn für uns Christen geschah nach der Auferstehung Jesu an Pessach am Schawuotfest des Todesjahres Jesu das weitere entscheidende Ereignis. Die Bibel erzählt von gewaltigen Bildern wie den Feuerzungen, die über die vielen Anwesenden vom Himmel herunterfielen. Ausgedeutet bedeutet dies, dass die Menschen mit einem neuen Geist gesegnet wurden: Sie wurden auf ganz besondere Weise motiviert und inspiriert.

Inspiration ist einfach übersetzt eine geistige Eingebung, medizinisch könnte man sogar von Einatmung sprechen, was den Geistcharakter des Festes besonders betont. Motivation ist das Streben auf ein Ziel hin, was den Aufbruchcharakter von Pfingsten gut abbildet. Es ist also ein Fest des Neubeginns, des Anfangs, des Mutes. Von hier aus begann die große Reise einer neuen Weltreligion. Nicht zu vergessen ist aber, dass sie aus dem Judentum hervorgeht. Ohne Juden wären Christen nicht möglich. Das große Vermächtnis des Glaubens an einen Gott, an einen Messias, übernahmen die Christen von ihnen. Damit sind wir untrennbar miteinander verbunden.

Alles, was nach diesem besonderen Schawuotfest geschah, gehört heute zur Kirchengeschichte. Es ist eine lange Geschichte voller Menschen, die die Sache Jesu, seinen Geist von Generation zu Generation weitertrugen. Über Jahrhunderte hinweg bis zu uns heute. Gleichwohl ich stolz als Christin bin, dass die Kirche diese Reise überdauert hat, wünsche ich mir in den letzten Jahren mehr denn ein neues Pfingstereignis, das den guten Geist des Christentums, des resoluten Juden Jesu mit seinen menschlichen Ideen wieder hervorbringt und die Kirche zu neuen Wegen motiviert. Dafür braucht es kluge und mutige Menschen, die sich wie die Anhänger Jesu inspirieren lassen. (Christina Lander) +++

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