Eine lohnende Anschaffung wird abgeschafft
Begleitfahrzeug für Bereitschafts-Ärzte ersatzlos gestrichen: "Sind total traurig"
Foto: Malteser
27.05.2023 / FULDA -
"Es wird immer schwieriger, den Ärztlichen Bereitschaftsdienst in Fulda zu besetzen", bemängelt Dr. Jörg Simon, Internist und Aufsichtsratschef des Gesundheitsnetzes Osthessen (GNO). "Gerade bei Hausbesuchen ist der Fahrdienst eine große Hilfe. Dass die Zentrale des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes werktags seit kurzem um Mitternacht schließt anstatt erst um 7 Uhr des Folgetages, war die erste Einsparungsmaßnahme der Kassenärztlichen Vereinigung (KV). Jetzt kommt mit dem Wegfall des Fahrdienstes der zweite große Einschnitt."
Für Hausbesuche im Fuldaer Landkreis und überhaupt in ganz Hessen wurde vor einigen Jahren von der KV ein besonderer Fahrdienst eingerichtet: Jedem diensthabenden Arzt wird ein Wagen samt Fahrer zur Seite gestellt; in Fulda zum Beispiel von den Maltesern. Doch diese für Ärzte wie Patienten lohnende Anschaffung soll ab dem 1. Juli wieder abgeschafft werden.
Obmann Dr. Wegelin über die vier Vorzüge von Begleitfahrten
KV: "Ein Service, der kaum genutzt wird und nur Kosten verursacht"
Die KV mit Sitz in Frankfurt begründet ihre Entscheidung, den Fahrdienst auflösen zu wollen, auf O|N-Nachfrage mit fehlender Wirtschaftlichkeit: "Abgesehen von den beiden Bereichen Darmstadt und Wiesbaden werden die Fahrdienste für Hausbesuche kaum bis gar nicht genutzt", so KV-Pressesprecher Karl Roth. "Es handelt sich also um einen Service, der nicht nur kaum genutzt wird, sondern hohe Vorhaltekosten produziert. Das ist weder im Sinne der KV noch der Patientenversorgung. Deshalb ist es an dieser Stelle nur folgerichtig, Hausbesuche und Wegepauschalen besser zu vergüten und damit dieses auch aus Sicht der KV wichtige Versorgungselement zu stärken." Es sei geplant, den Fahrdienst überall in Hessen einzustellen, bis auf Wiesbaden und Darmstadt, wo er sich rechne. – So viel zum Thema Medizinische Versorgung in ländlichen Gegenden.Nun wäre es interessant zu erfahren, wie unwirtschaftlich der Fahrdienst im Landkreis Fulda tatsächlich ist. Doch über konkrete Zahlen, zum Beispiel, wie viele Hausbesuche des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes es im Monat gibt oder wieviel der Fahrdienst kostet, schweigt man in Frankfurt und "bittet um Verständnis".
GNO-Aufsichtsratschef Dr. Simon fordert weiterhin Begleitfahrten für Ärztinnen
Der Fahrdienst wurde seinerzeit auch deswegen eingeführt, um besonders Ärztinnen nachts mehr Sicherheit zu geben, etwa in sozialen Brennpunkten oder Einsiedlerhöfen. "Natürlich ist mögliche Angst von Ärztinnen ein Argument, das wir ernst nehmen", so die KV. "Aber wenn er doch kaum genutzt wird, läuft sich das Argument tot."Vize-Landrat Frederik Schmitt: "Ich sehe die Entwicklung mit Sorge"
Auf O|N-Anfrage zeigt sich Vize-Landrat und Gesundheitsdezernent Frederik Schmitt skeptisch über die Entwicklung: "Die scheibchenweise Reduzierung der Leistungen im Rahmen der Versorgung zu sprechstundenfreien Zeiten der KV sehe ich mit Sorge", so der Erste Kreisbeigeordnete."Die KV ist im Rahmen des Sicherstellungsauftrags gemäß §75 SGB V für die Leistung der ambulanten ärztlichen Versorgung verantwortlich. Hierzu gehören auch die Notdienste, die in den Räumen des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes in der Zentrale am Klinikum Fulda sowie durch Fahrdienste der diensthabenden niedergelassenen Ärzte abgebildet werden.
Neben der Reduzierung der Öffnungszeiten der Zentrale in zwei Schritten (2021 Schließung nachts von Montag bis Donnerstag und am Sonntag, zum 1.4.2023 Schließung nachts auch am Freitag, Samstag und an Feiertagen) soll auch der Fahrservice für die diensthabenden Ärzte zu Nachtzeiten eingeschränkt werden.
Und weiter: "Für die ambulante Versorgung und die hierzugehörenden ärztlichen Bereitschaftsdienste ist die KV verantwortlich. Sie muss hierfür gegenüber den Krankenkassen gemäß §75 SGB V die Gewähr übernehmen. Im Gegensatz dazu liegt die grundsätzliche Gewährsträgerschaft für die klinische Versorgung bei den Landkreisen, kreisfreien Städten und Sonderstatusstädten, und für den Rettungsdienst sowie die Leitstelle (112) ist der Landkreis Aufgabenträger." (Matthias Witzel) +++