"Wir handeln nicht mit Drogen!"

Green Pioneers stehen am Donnerstag vor dem Amtsgericht

Philipp Gärtner von Green Pioneers informierte in einer Presekonferenz über das Verfahren am Amtsgericht Fulda
Fotos: Carla Ihle-Becker

09.02.2023 / FULDA - Am Donnerstag um 14:00 Uhr müssen die Geschäftsführer von Green Pioneers vor das Amtsgericht. Ihnen wird fahrlässiges Handeltreiben mit Betäubungsmitteln vorgeworfen. Schon vorab geben die drei Gründer Philipp Gärtner, Kerim Viebrock und Marc Graf ein Pressestatement ab. Anbei im Wortlaut:



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Als wir unser Start-Up gründeten, geschah das aus der Überzeugung heraus, dass wir mit dem Erschließen der Rohstoffe aus Nutzhanf einen Beitrag zu einer sprich- und wortwörtlich grüneren Zukunft leisten würden. Wir haben erkannt, dass der Anbau von Hanf nicht nur die regionale Landwirtschaft nachhaltiger gestalten könnte, sondern auch, dass seine Erzeugnisse das Potenzial besitzen, die Gesundheit von Menschen zu unterstützen und zu fördern.

Diese Überzeugung war so groß, dass wir unsere Berufe aufgaben und Kredite aufnahmen, um unsere Vision zu realisieren. Zu unserer Gründungszeit in 2018 waren Hanf und Cannabis noch nicht Teil einer differenzierten gesellschaftlichen Diskussion, wie heute - im Gegenteil: Auf unserer ersten Gründerveranstaltung lachte ein Großteil des Publikums über unserer Präsentation, denn sie hielten diese offenbar für einen Witz.

Mit Blut, Schweiß und Tränen erreichten wir in den darauffolgenden zwei Jahren viel: Die erste legale Nutzhanfernte in Osthessen nach über 60 Jahren, die Schaffung von 14 Produkten aus Nutzhanf in eigener Herstellung und nicht zuletzt sogar das Halbfinale des hessischen Gründerpreises. 

Im April 2021 kam für uns dann der große Schock: Die Durchsuchung unserer Firmenräume durch Polizei und Staatsanwaltschaft. Damals noch mit dem Verdacht des bandenmäßigen Drogenhandels in nicht geringer Menge.

"Tiefe Spuren in unserer Psyche"

Der Grad der Kriminalisierung unseres unternehmerischen Schaffens, der damit einherging, schädigte nicht nur unsere Firma weit stärker als die Corona-Pandemie, wir fanden uns plötzlich mit Kriminalpolizei, Anwälten und Justiz konfrontiert - eine Erfahrung, die auch tiefe Spuren in unserer Psyche hinterlassen hat. 

Nach den Durchsuchungen war das mühsam aufgebaute Vertrauen unserer Geschäftspartner und Unterstützer größtenteils gebrochen. Das Schicksal unserer Firma von heute auf Morgen de facto besiegelt.

Doch nach allem, was wir in der Zeit über die Pflanze gelernt hatten, nach den teilweise überwältigenden Berichten unserer Kundinnen und Kunden, denen wir mit unseren Produkten so viel Lebensqualität zurückgeben konnten und nach dem starken Gefühl hier ein großes Unrecht zu erfahren, konnten und wollten wir nicht aufgeben.

Vor allem zuletzt hatten wir große Hoffnungen, dass das Verfahren eingestellt wird.

Denn entgegen dem, was unserer Auffassung nach die Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Fulda vom 27.07.2022 suggeriert, hat das hessische Landeslabor bestätigt, dass unsere Produkte, die im Betäubungsmittelgesetz angegeben, Grenzwerte einhalten. Die beschlagnahmten Teeprodukte mussten uns daraufhin  sogar zurückgegeben werden.

Ein vom Amtsgericht Fulda beim Institut für Rechtsmedizin in Gießen beauftragtes Gutachten hatte dann zur Folge, dass am 25.11.2022 die Anklage der Staatsanwaltschaft abgewiesen wurde. 

Nach den umfassenden Laboranalysen und Begutachtungen hofften wir, dass wir dieses juristische Martyrium nun endlich abhaken könnten, denn damit hatten sich alle unsere von Anfang an getätigten Aussagen wissenschaftlich bestätigt.

Dennoch ließ die Staatsanwaltschaft den Fall nicht ruhen, legte Widerspruch vor dem Oberlandesgericht ein und sorgte so dafür, dass es nun zur Verhandlung kommt. An diesem Punkt entzieht es sich unserem logischen Verständnis, weshalb weiterhin solche immensen Mittel gegen uns aufgewendet werden, zumal aus dem vormals heftigen Vorwurf eines Verbrechens aktuell nur noch ein Vergehen zur Debatte steht.

Kiffer-Klischees nicht bedienen

Unser Ziel war von Anfang an die Schaffung guter und sinnvoller Produkte aus Nutzhanf, die unseren Kundinnen und Kunden einen echten Mehrwert bieten sollen. Kein Bedienen von Kiffer-Klischees, keine persönliche Bereicherung in Grauzonen, kein Verkauf von Pseudo-Cannabis. Genau gegen diese fragwürdigen Praktiken einiger augenscheinlich ähnlicher Unternehmen in der Branche stellten wir uns entgegen.

Viele Unternehmen wie das unsere sind bereits aus Deutschland abgewandert, denn - das muss man hier mal in aller Deutlichkeit sagen - das, was wir machen, stellt im gesamten EU-Ausland absolut kein Problem dar. Dort muss man wegen Nutzhanfprodukten also keine Strafverfolgung fürchten.

Im Gegenteil, die Märkte für diese Produkte sind hunderte Millionen Euro schwer und schaffen dort tausende Arbeitsplätze. In Deutschland verpasst man diesen Markt durch die repressiven Maßnahmen der Strafverfolgung komplett.

Obwohl wir politisch und gesellschaftlich kurz vor einer Legalisierung von Cannabis entstehen. Also sogar selbst berauschenden Hanf für Genusszwecke freigeben wollen. Sollte es dann nicht jetzt möglich sein, de facto rauschfreien Nutzhanf und seine Erzeugnisse zu vermarkten, ohne Maßnahmen der Justiz fürchten zu müssen?

Bis heute ist das in Deutschland scheinbar leider nicht möglich.

Trotzdem bleiben wir hier, denn wir sind überzeugt: Es braucht Menschen, die dafür kämpfen, dass sich was ändert. Und zwar vor Ort. Unser Ansatz war von Anfang an immer ein regionaler. Unsere Produkte schaden niemandem, wir schaden niemandem, der einzige Schaden in diesem Fall ist allein durch die Strafverfolgung an uns entstanden.

Wir vertrauen und hoffen deshalb darauf, dass die Justiz morgen ein gerechtes Urteil fällt." (pm/nb) +++





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