Wiesenbrüterprojekt vorgestellt
So kümmert man sich in der Lüderaue um Braunkehlchen und Wiesenpieper
Foto: Vogelsbergkreis
01.12.2022 / GREBENHAIN -
Die Bestandssituation von auf Extensivgrünland angewiesene Wiesenbrüterarten hat sich in Hessen seit dem letzten Jahrhundert dramatisch zugespitzt. Arten wie das Braunkehlchen und der Wiesenpieper drohen im Zuge eines Aussterbeprozesses komplett aus der hessischen Vogelwelt zu verschwinden.
Beide Brutvögel waren über Jahrhunderte fester Bestandteil der hiesigen Mähwiesen und Weiden. Eine immer intensivere Flächenbewirtschaftung führte jedoch zu einem starken Rückgang der potentiellen Lebensräume und damit verbunden auch zu einem Rückgang der Braunkehlchen- und Wiesenpieperbestände. Auch auf Bundesebene gelten beide Arten als stark gefährdet.
Zusammen setzen das Amt für Wirtschaft und den ländlichen Raum und der unteren Naturschutzbehörde, das Naturschutzgroßprojekt Vogelsberg und die örtlichen Naturschutzvertreter umfassende Erhaltungsmaßnahmen für Wiesenvögel um.
Landwirtschaft und Naturschutz
Erster Kreisbeigeordneter, Dr. Jens Mischak, bestätigte: "Hier arbeiten Landwirtschaft und Naturschutz nicht gegeneinander, sondern miteinander." Durch unterstützende Maßnahmen im Rahmen der Agrarumweltprogramme mit Beratung durch das Amt für Wirtschaft und den ländlichen Raum konnten viele Landwirte in diesen Gebieten davon überzeugt werden, durch spätere Mahdtermine, eine geringere Düngung und die Anlage von Altgras- bzw. Saumstreifen einen wertvollen Beitrag zur Erhaltung der Wiesenbrütervorkommen zu leisten.Erhaltungsmaßnahmen
Neben der Anlage von ein- oder mehrjährigen Altgrasstreifen wurden bereits seit dem Jahr 2015 über 2.000 Holzweidepfähle aufgestellt, welche zum einen als Ansitz- und Singwarten dienen und zum anderen eine klare Abgrenzung zwischen Nutz- und Altgrasfläche schaffen. Die Umsetzung erfolgte hier ebenfalls durch das Amt für Wirtschaft und ländlichen Raum, Sachgebiet Landschaftspflege in kooperativer Zusammenarbeit mit den jeweiligen Landwirten. Die Finanzierung erfolgte aus NATURA 2000 Mitteln des Landes Hessen.Hintergrund dieses Konzeptes ist, dass das Braunkehlchen für seinen Nestbau vorrangig mehrjährige Brachen präferiert. Durch dieses Rotationsprinzip soll es den Vögeln in wenigen Jahren möglich sein, zwischen einer einjährigen, zweijährigen oder dreijährigen Brache "wählen" zu können. Zudem soll es Prädatoren wie Füchsen oder Waschbären erschwert werden, die Nester der Braunkehlchen ausfindig zu machen. Rund 60.000 Euro lässt sich das NGP diese Maßnahme kosten.
"Ob die in diesem Jahr großflächig getroffenen Maßnahmen ihre Wirkung erzielen, wird sich erst in den nächsten zwei bis drei Jahren zeigen", weiß Euler. Aber er ist optimistisch, dass die Braunkehlchen, die jetzt im Winter über 5.000 Kilometer weit weg sind, die Lüderaue im Frühjahr wieder finden werden. (nb/pm) +++