Im Wortlaut

Lollsrede des Bürgermeisters: Thomas Fehling gießt ein bisschen Öl ins Feuer

Lullusfest-Auftakt 2018: Feuermeister Klaus Otto und Bürgermeister Thomas Fehling.
Fotos: Stefanie Harth

15.10.2018 / BAD HERSFELD - Mit der Ansprache des Bürgermeisters und dem Anzünden des Feuers beginnt traditionell das Bad Hersfelder Lullusfest. Die diesjährige Lollsrede von Thomas Fehling im Wortlaut:


Werter Herr Feuermeister,
sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher,
sehr geehrte Gäste aus unseren Partnerstädten
Šumperk und L'Haÿ-les-Roses,
sehr geehrte Gäste aus Malmesbury,
liebe Bürgerinnen und Bürger,
liebe Kinder,
verehrte Gäste aus nah und fern!

Was ist im letzten Jahr Gutes passiert?

Der Breitbandausbau in Bad Hersfeld ist wesentlich vorangekommen: Das Projekt Breitband Nordhessen ist in unseren Stadtteilen angekommen: In Allmershausen und Heenes ist die Nutzung schon möglich, in Beiershausen und Kohlhausen hat die Vermarktung für Bürgerinnen und Bürger begonnen. In der Innenstadt und im Stiftsbezirk gibt es ein öffentlich verfügbares WLAN der Stadtwerke Bad Hersfeld. Bis zum Hessentag im Juni werden viele weitere Bereiche ausgestattet sein. Im Neubaugebiet „Am Schieferstein“ liegt Glasfaserkabel bis in jedes Haus.

Das Parkleitsystem wurde vor kurzem auf die Hauptstraßen unserer Stadt ausgedehnt. Somit können sich Besucher viel besser und früher orientieren. Insbesondere die Einbindung des Schilde-Parkhauses und des Park-and-Rides-Platzes in der Heinrich-Börner Straße reduziert den Stress für Pendler und Gäste.

Unsere Bahnpendler können sich jetzt die Bahnhofswartehalle selbst öffnen und brauchen im kommenden Winter nicht mehr in der Kälte warten. Den Studierenden der Technikerschule sei Dank dafür gesagt. Es wurde großzügig in die Ausrüstung der Feuerwehr investiert. Zudem stehen dort große Bauvorhaben an. Die Gründung einer Feuerwehr am Johannesberg steht kurz bevor. Das dient unser aller Sicherheit. Die Stadt unterstützt wie kaum eine andere die ehrenamtlichen Feuerwehrkameradinnen und -kameraden, die eine hervorragende Arbeit leisten.

Etwas Werbung will ich für das verbesserte Warn- und Informationssystem KATWARN machen. Damit bekommen Sie Gefahrensituationen und Unwettermeldungen beim Lullusfest sofort gemeldet und können sich gegebenenfalls in Sicherheit bringen. Politik und Verwaltung können eigene Projekte umsetzen oder Dritten helfen. Auch letzteres ist geschehen: So ist durch eine 10-Millionen-Euro-Investition eines Bad Hersfelder Unternehmers der Autohof-Süd entstanden. Amazon hat ein neues Parkhaus gebaut, eine wichtige Maßnahme zur Standortsicherung.

Seit April hat die Verifone-Deutschlandzentrale in Bad Hersfeld eine neue Adresse, nämlich im östlichen Schilde-Park. Auch damit wurden der Unternehmensbestand und die hochwertigen Arbeitsplätze in unserer Stadt gesichert. Kurz vorher hatte gleich daneben das neue Gesundheitszentrum seinen Betrieb aufgenommen und erfreut sich inzwischen großer Beliebtheit. Die beiden Baumaßnahmen zur selben Zeit und so dicht nebeneinander hatten die Nerven der Anwohner, der Bauherren aber auch der Verwaltung ordentlich strapaziert. Aber die Ergebnisse können sich sehen lassen und haben zur intensiven Belebung beigetragen.

In allen Fällen haben Politik und Verwaltung aktiv bei sehr komplexen Verfahren unterstützt. Und schließlich begleiten wir die Erweiterungsbemühungen unserer Hochschulen, der Technischen Hochschule Mittelhessen im Schilde-Park, die inzwischen sagenhafte Studentenzahlen hat. Auch die Unfallversicherungs-Hochschule DGUV am Seilerweg ist mit Planungen für einen neuen Hörsaal und ein neues Unterkunftsgebäude klar auf Wachstumskurs. Beide Projekte unterstützen wir konstruktiv politisch und planerisch.

Ja, Politik kann also Gutes schaffen oder dabei helfen. Darüber dürfen wir uns alle sehr freuen. Aber ich stelle auch einen Trend fest, dass sich immer mehr Bürger von der Politik nicht mehr gehört und ernstgenommen fühlen. Dass politische Diskussionen sich oft nur um sich selbst drehen und nicht um den Nutzen der Menschen. Im Großen wie im Kleinen.

Dabei ist die Politik gefordert, durch Taten die Lebenssituation der Bürgerinnen und Bürger wirklich zu verbessern. Genau hier müssen sich alle politisch Verantwortlichen die Frage stellen, ob ihr Handeln dazu geeignet ist, die Sorgen und Wünsche der Menschen in konkrete Verbesserungen umzusetzen. Kommen die gewählten Vertreter in den Funktionen und den Gremien ausreichend ihrer Aufgabe nach? Oder sind es am Ende doch nur zeitraubende Diskussionen und nerviges Gezänk - zum Teil über Banalitäten - die am Ziel vorbeigehen und außerhalb der politischen Kaste niemanden wirklich interessieren und beeindrucken?

Im Moment ist es Mode, dass politisch Verantwortliche Fehlentscheidungen einräumen. In Berlin geben sogar Parteivorsitzende zu, im Fall Maaßen die Bewertung durch die Bürger komplett falsch eingeschätzt zu haben. Hat man dort das Ohr wirklich dran am Bürger? Wie sagte ein namhaftes SPD-Mitglied: „Noch so ein Sieg und wir sind verloren.“ Damit gab er zu, dass das Durchsetzen der Maaßen-Abberufung und die vorschnelle Freude darüber für die SPD ein Pyrrhussieg war, also ein sehr teuer erkaufter Sieg, mit dem wenig anzufangen ist. Die Belohnung für solche rein parteipolitisch motivierte Aktionen, am Willen und am Verständnis der Bürger vorbei, liegt im schwindenden Wählervertrauen und somit in sinkenden Umfragewerten. Die AfD freut sich, denn die etablierten Parteien machen für sie allerbesten Wahlkampf.

Jeder von uns politisch Verantwortlichen sollte sich mal ein paar Minuten Zeit nehmen und darüber nachdenken, welche für die Stadt und ihre Bürgerinnen und Bürger positiven Entscheidungen sie oder er in den letzten Monaten mitgetroffen hat und was daraus wurde. Sollte jemand zum Ergebnis kommen, dass die eigene Bilanz doch ernüchternd ist, dann braucht sie oder er sich nicht zu wundern, wenn damit auf das Konto der Frustration der Menschen eingezahlt wurde.

Im Rahmen der Hessentagsprojekte sanieren wir jetzt das Stadion an der Oberau. Diese Maßnahme war längst überfällig. Wir investieren 2,5 Mio. Euro, von denen 1 Mio. Euro vom Land als Zuschuss beigesteuert wird. Darüber freuen wir uns sehr. Allerdings muss man nochmals daran erinnern, dass vor circa drei Jahren der Lullus-Sportpark von der SPD und ihren Stadtverordneten abgelehnt wurde. Auch da hätten wir 1,5 Mio. Euro selbst getragen - aber satte 2,5 Mio. Euro vom Land bekommen. Die Ablehnung des sogenannten „Fehling-Projektes“ hat der Stadt einen Nachteil von 1,5 Millionen Euro gebracht. Was für ein fragwürdiger Sieg zu Lasten der Bad Hersfelder Bürgerinnen und Bürger.

In gleicher Weise könnte sich die Entscheidung gegen die Ausgründung der Festspiele in eine gGmbH noch als Pyrrhussieg für Rot und Grün herausstellen. Nun sind wir gespannt auf die versprochenen Vorschläge der Nein-Sager und darauf, ob diese tatsächlich funktionieren werden. Ich danke unserem Ministerpräsidenten Volker Bouffier für seine glockenklare Aussage „pro Festspiel-GmbH“. Demgegenüber antworteten SPD-Stadtverordnete auf die Frage, ob sie mit der Ablehnung nicht die Vertragsverlängerung von Joern Hinkel gefährden, es gäbe Intendanten wie Sand am Meer. Weiterer Ärger zum Schaden der Festspiele scheint somit vorprogrammiert.

Ob sich dieses rein am Parteiwohl ausgerichtete Verhalten wirklich in Wählerstimmen umwandeln lässt oder es am Ende doch nur den Bürgerfrust erhöht, wird sich bei der Landtagswahl in zwei Wochen und der Kommunalwahl in 2,5 Jahren herausstellen. Ich appelliere an alle, dass der Hessentag im nächsten Jahr nicht auch noch im Parteiengezänk zermalmt wird, sondern ein begeisterndes, mitreißendes Fest wird, welches neben einer großen Party auch nachhaltige, dauerhafte Impulse für Bad Hersfeld setzt.

Für die nachhaltige Entwicklung der Stadt durch den Hessentag gibt es zahlreiche Chancen und Projekte, die uns gemeinsam voranbringen. Mit hessischen Fördermitteln von knapp 6,5 Millionen Euro sowie durch weitere Initiativen, z.B. das Fassaden-Förderprogramm der Stadt und dem Kreditprogramm der Sparkasse, werden durch den Hessentag Gesamt-Investitionen von mindestens 23 Millionen Euro ausgelöst!

Einige Beispiele: Die Sanierung der Breitenstraße, damit die Bushaltestelle endlich barrierefrei und für die Schüler sicherer wird. Der zusätzliche Park-and-Ride-Parkplatz in der Bismarckstrasse mit dem Parkleitsystem, damit die Pendler morgens schneller zum Zug kommen. Ein saniertes Verwaltungsgebäude Breitenstraße 57, damit die Bürgerinnen und Bürger kürzere und vor allem barrierefreie Wege haben und welches zudem durch den Passivhaus-Standard unsere städtischen Klimaschutzziele unterstützt.

Wir haben mit der Firma Topcon die Innenstadt digital aufgezeichnet, also einen „digitalen Zwilling“ von Bad Hersfeld erzeugt, und können damit für den Hessentag alle Wege, Veranstaltungen und Sicherheitsmaßnahmen schon im Vorfeld betrachten. Das dient Ihrer Sicherheit! Später können wir diese digitalen Informationen für die Stadt- und Verkehrsplanung ideal nutzen. Kostenloses WLAN an allen wichtigen Plätzen in der Stadt. Das wünschen sich auch die Jugendlichen, wie ein Open-Space-Workshop mit knapp 400 Schülern vor einigen Tagen hervorbrachte. Ein neuer Wohnmobilplatz, neue Wanderwege und ein Lutherweg entstehen, um weitere Touristen anzuziehen.

Diese Liste ließe sich verlängern, aber die Zeit läuft und ich muss pünktlich aufhören, damit es endlich losgeht. Auf den Punkt gebracht: Der Hessentag bringt unsere Stadt richtig gut nach vorne! Es gibt Kritiker am Hessentag, die uns sehr genau auf die Finger schauen. Das ist auch gut so, damit das Großprojekt nicht aus dem Ruder läuft. Ich hoffe aber sehr, dass wir auch die Skeptiker in den verbleibenden Monaten noch überzeugen und begeistern können, damit wir gemeinsam Bad Hersfeld als gastfreundliche, offene, friedliche und lebensfrohe Stadt präsentieren können.

Und nun, Herr Feuermeister, hören Sie:

Bürgermeister:
Wir zünden an uralten Brand,
Was soll er künden dem deutschen Land?

Feuermeister:
Am guten Alten woll’n fest wir halten!

Bürgermeister:
Und warum hüten in treuer Hut
Wir Tag und Nacht des Feuers Glut?

Feuermeister:
Wie die Väter in Ehren
Woll’n wir uns bewähren!

Bürgermeister:
Das Feuer brennt mit hellem Schein,
Was soll der Bürger Losung sein?

Bürgermeister und Feuermeister:
Hersfeld, die Stadt, sie trägt im Schild,
Ein Kreuz und einen Löwen wild.
In Kreuz und Leid hab’ Löwenmut
Und trau auf Gott, es wird wohl gut. +++


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