Serie: Faszination Mythen und Sagen

Hagel, Epidemien oder Neid: Die Hexen aus der Rhön


Fotos: Miriam Rommel

26.01.2018 / REGION - Die Wiesenflächen unterhalb der Milseburg waren in grauer Vorzeit ein bekannter und berüchtigter Tanzplatz für Hexen und Geister, die dort ihr Unwesen trieben. Die Burg des Teufelsdieners Mils, der Teufelstein und die Steinwand, die vom Bösen erschaffen worden sein sollen, liegen nicht in weiter Ferne.

Rückte die Geisterstunde näher, so wagte sich kein Mensch und kein Tier zu diesem verfluchten Ort. Pünktlich zum zwölften Glockenschlag kamen die Hexen und zogen alles, was sich bewegte, in ihren Bann. Eines Nachts jedoch gingen Musikanten, die sich nicht in der Gegend auskannten, über die Wiesen. Wie freuten sich nun die Hexen, hatten sie doch endlich eine Musikkapelle für ihre Tänze. Unter grauenvollem Gelächter weckten sie die Männer und wollten sie von nun an für immer in ihrer Gewalt behalten. Den Musikanten standen die Haare zu Berge, sie fürchteten sich gar sehr. Jeder Versuch zu entkommen war zwecklos, sofort überkam sie eine bleierne Müdigkeit. In ihrer Verzweiflung versuchten die Männer, fromme Lieder zu spielen; aber aus ihren Instrumenten kam nur Hexenmusik heraus. Als der Kirchturm in Kleinsassen ein Uhr schlug, war der Spuk vorbei. Aus den Instrumenten erklangen nun christliche Lieder. Es war ihr Glück, dass sie den Hexen Kirchenweisen vorgespielt hatten, denn sonst hätten sie auf Ewig auf den Wiesen unterhalb der Milseburg, den Danzwiesen, bleiben müssen.

Hintergrund "Hexen":


Hagel, Epidemien oder Neid: Es gab früher viele Gründe, Frauen der Hexerei zu beschuldigen. Der Höhepunkt der Verfolgungswelle lag zwischen den Jahren 1550 und 1650. Es wird geschätzt, dass in Europa im Zuge der Hexenverfolgung über drei Millionen Menschen der Prozess gemacht wurde, 40.000 bis 60.000 wurden hingerichtet.

Traurige Bekanntheit erlangte im Raum Osthessen der „Hexenrichter“ Balthasar Nuss. Eigentlich auf Burg Bieberstein als Oberförster und Stallmeister beim vertriebenen Fürstabt von Fulda, Balthasar von Dermbach, angestellt, folgte Nuss seinem Herren 1602 nach Fulda und wurde dort dessen rechte Hand. Zügig führte Balthasar von Dermbach Hexenprozesse ein und beauftrage Nuss als Malefizmeister mit der Durchführung. 250 Menschen, überwiegend Frauen, fielen in nur drei Jahren der Hexenverfolgung im Landkreis Fulda zum Opfer. Die Hinrichtungsstätte, seinerzeit als „Hexenküppel“ bekannt, liegt übrigens dort, wo heute die Straße „Am Waldschlösschen“ entlangführt.

Balthasar Nuss verstieß in seiner Prozessführung in vielen Punkten gegen geltendes Recht. Er legte seinen Opfern während der peinlichen Befragung gezielt Namen in den Mund, um weitere Frauen zu inhaftieren, ließ sich in Bezug auf die Foltermaßnahmen besondere Grausamkeiten einfallen und bereicherte sich um die Summe von 2.358 Gulden aus dem Privatbesitz seiner Opfer. Nach dem Tod des Fürstabts im Jahr 1606 wurde der Hexenrichter verhaftet, angeklagt und nach 13 Jahren in Haft öffentlich in Bad Brückenau enthauptet.

Als eine der letzten deutschen „Hexen“ gelten die fränkische Nonne Maria Renata Singer von Mossau, die im Jahr 1749 hingerichtet wurde, sowie Anna Maria Schwegelin, die 1775 einen öffentlichen Tod fand. Und obwohl danach Daumenschrauben, Brustreißer, Spanische Stiefel oder der Scheiterhaufen der Vergangenheit angehörten, hielt sich der Hexenglaube in der Bevölkerung noch weit länger. (Miriam Rommel) +++



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