Der "Poet der Nacht" ist tot

Schauspieler Rudolf H. HERGET wurde 74 - Keine Poesie-Nächte mehr



10.02.2014 / REGION - Die Nachricht erschüttert die Region Osthessen. Der Schauspieler und Poet Rudolf H. Herget (74) ist tot. Er starb am Samstag in Fulda. „Plötzlich und unerwartet", sagte sein Organisator Thomas Bayer aus Poppenhausen (Kreis Fulda) auf Nachfrage von osthessen-news.de und bestätigte die „traurige Meldung". Der gebürtige Fuldaer – der auch dort im Hamburger Stadtteil Uhlenhorst lebte– ist rund um Fulda bekannt geworden durch die Reihe „Nächte der Poesie". Bei über 350 Veranstaltungen in über 15 Jahren stand  Herget im Mittelpunkt und begeisterte zehntausende Menschen mit seinen literarischen „Reisen in die Nacht". Vielen ist er auch als bekannter Hörfunksprecher in Erinnerung.

Das Programm für 2014 wurde erst in der vergangenen Woche festgezurrt, hieß es vom Management. Von Juni bis August sollte es 33 „Nächte der Poesie" in Rhön und Vogelsberg geben. „Wir haben alles gestoppt. Die einzigartige Serie ist Geschichte", sagte Bayer. Er ist wie sein Team "geschockt, tief betroffen und traurig" über die Todesnachricht. Er sei mehr nur ein Schauspieler gewesen. „Rudi war ein guter Freund - und er hat der Region kostenlos Litaratur nahe gebracht". Die "Nächte der Poesie" waren eine in Deutschland einzigartige Literatur-Open-Air-Veranstaltungsreihe.

Schöne Worte, Gedanken von großen Dichtern, ein Fest für die Sinne. Das war das Leben von Rudolf H. Herget. Er zog Menschen aus Nah und Fern an – etwa auf Hessens höchsten Berg, die Wasserkuppe, den Kreuzberg, die Milseburg oder den Monte Kali in Neuhof oder auch den Fuldaer Domplatz. Unter dem Abendhimmel und Sternenzelt trug der Hamburger Schauspieler Gedichte und lyrische Texte etwa von Kurt Tucholsky, Ludwig Achim von Arnim, Ludwig Salomon Fulda, Bertold Brecht, Friedrich Schiller und Johann Wolfgang von Goethe vor – immer frei, ohne Manuskript.

Was die Besucher erlebten war einzigartig: anders als auf der Bühne, vertraute der „Erzähler der Nacht" dabei lediglich auf seine Stimme. Vermischt mit den Eindrücken der Umgebung, der untergehenden Sonne und dem aufziehenden Sternenhimmel, kehrte Harmonie und Stille ein. Gedanken wurden frei und ungeahnte Naturerlebnisse möglich.

Herget hatte sein Schauspielstudium an der Hochschule für Musik und Theater in Hannover begonnen und beendete es in New York. Neben verschiedenen Engagements an den Schauspielbühnen verlieh er über 80 Hörspielproduktionen einen ganz besonderen Charakter. Rudolf H. Herget spielte 1973 in Bad Segeberg den Old Shatterhand (wofür er zusammen mit seinem Bühnenpartner und Freund Klaus-Hagen Latwesen, der den Winnetou spielte, vom Karl-May-Verlag mit einer Medaille ausgezeichnet wurde). 1977/78 war er als Shatterhand auf Tournee (theater transfer/tournee mondon).

Herget hinterlässt seine Nichte in Hamburg. Er war mit der Region immer sehr eng verbunden und wird deshalb auch in der Domstadt beigesetzt. Als möglichen Beerdigungstermin des 74-Jährigen ist der kommende Freitag angedacht. An diesem Tag wie auch am folgenden Samstag soll es abends um 20 Uhr in der Scheune des Antoniusheimes einen Filmabend und danach ein Rudolf-Herget-Gedächtnisabend geben.

Komplett abgesagt wurde die 2014er Serie der "Nächte der Poesie" - ersatzlos. Allerdings wird daran gedacht, auf der Wasserkuppe am 10. August mehrere Texte von Tonband vorzuspielen, danach können Interessierte Texte vortragen und auf diese Weise auch noch einmal von Herget Abschied nehmen. (Martin Angelstein / Christian P. Stadtfeld). +++

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