7.690 Stunden Eigenleistung an der „Kulturelle Mitte" - Einrichtung gespendet

Architekt Michael Ruhl (Mitte) übergibt den symbolischen Schlüssel an Bürgermeister Edwin Schneider und Ortsvorsteher Wolfgang Geis

10.11.2013 / ULRICHSTEIN -  „Wann mer hei feddich sei, mache mer noch Berlin, dos bessi Fluchhafe greie mer ach noch dohi". Dieser Spruch sei bei den Arbeiten im Frühjahr gefallen, als stündlich im Radio von vielerlei Problemen am Hauptstadtflughafen berichtet wurde, teilte Ortsvorsteher Wolfgang Geis am Samstagnachmittag scherzhaft bei der Einweihungsfeier der „Kulturellen Mitte" in Unter-Seibertenrod im Hinblick auf die enorme Eigenleistung der Dorfbevölkerung mit. Bei diesem Dorferneuerungsprojekt seien bisher 5500 Stunden am Dorfgemeinschaftshaus selbst, 490 Stunden am Jugendraum und 1650 Stunden an den Außenanlagen, also insgesamt 7690 Stunden geleistet worden. Dies sei aber noch nicht das Ende der Fahnenstange, denn für den Jugendraum und die Außenanlagen müssten noch mindestens 1500 Stunden erbracht werden. Zusammen mit den bereits 800 Stunden Eigenleistung beim Projekt Backhaus bedeute dies über 10000 Stunden. Zwei Arbeiter bräuchten dafür alleine drei Jahre.



Geis wies auf die enorme Belastung der Dorfbewohner durch die Dorferneuerung hin. So seien zu Haus nur „Notprogramme" gefahren und nur die wichtigsten Arbeiten erledigt worden, um die ganze Kraft in das neue Dorfgemeinschaftshaus zu investieren. Doch damit noch nicht genug: Auch die komplette Inneneinrichtung: Bestuhlung, Theke, Kücheneinrichtung, Kühlräume, neues Geschirr, Garderobeständer und anderes musste von der Bevölkerung selbst angeschafft werden. „Und es ist uns gelungen 70.000 Euro Spenden dafür zu beschaffen. Zwei namhafte Spenden seien von der Landeskirche Darmstadt und dem Windkraftbetreiber RENERTEC Brachtal gekommen. Gespendet hätten außerdem alle Vereine und zahlreiche Privatpersonen, sowie Geschäftsleute und Handwerker. Von den Landfrauen wurde zudem noch ein Tellerwärmer für 150 Teller im Wert von 1.000 gespendet. Lang war die Dankesliste des Ortsvorstehers für die vielen Helfer, ohne die das Projekt nicht zustande gekommen wäre. Ein besonderer Dank ging an die Frauen, die immer an den Wochenenden für Frühstück, Mittagessen und auch Kaffee und Kuchen gesorgt. Für immer 10 bis 15 Personen sei dies auch ein enormer Zeitaufwand gewesen.

Mit dem Zitat: „Das Ende krönt das Werk" und dem Bibelwort „An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen" schloss Wolfgang Geis seine Ausführungen, die mit einem „Standing Ovation" belohnt wurden. „Wir können heute gemeinsam stolz darauf sein, was in den vergangenen zwei Jahren hier in Unter-Seibertenrod zu Stande gebracht worden ist", so Bürgermeister Edwin Schneider zuvor in seiner Rede. Man habe dem Dorf damit viele Perspektiven für seine weitere Zukunft gegeben. Es liege nun an der Bevölkerung, dieses wundervolle Haus mit Leben zu erfüllen. Schneider war ausführlich über den Werdegang des Projektes eingegangen, dass mit Bedingungen zur Finanzierung im September 2011 von der Stadtverordnetenversammlung genehmigt worden war. So durfte es bei dem Gebäude zu keiner Kostenüberschreitung des seitherigen Gesamtinvestitionsrahmens von 700.000 Euro kommen. Der von der Stadt aufzubringende Kostenanteil wurde bei förderfähigen Kosten in Höhe von 400.000 Euro, bezogen auf die eigentliche Baumaßnahme auf maximal 435.000 Euro festgesetzt. Dies war allerdings nur mit erheblichen Eigenleistungen möglich. Damals setzte Architekt Michael Ruhl sie mit 143.000 Euro Netto an, was etwa 6.000 Stunden entsprach.

Bürgermeister Schneider verlas in diesem Zusammenhang ein Schreiben von Friedhelm Bast, der aus beruflichen Gründen nicht an der Einweihung teilnehmen konnte. Er habe in den vergangenen Monaten die Entwicklung der neuen Firma "Eigenleistung" mit Werten wie Kameradschaft, Freundschaft und Arbeitsgemeinschaft miterlebt. Bast dankte allen, die dieses Projekt der neuen kulturellen Mitte unterstützt und gefördert hätten. Architekt Michael Ruhl (Herbstein) erläuterte im Anschluss sechs Faktoren, die zu einem Energieplushaus führten. Dies sei eine Wärmebrückenfreiheit, Passivhausfenster, Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung, Luft- und Winddichtigkeit, hohe Wärmedämmung und eine genaue Südausrichtung für die Fotovoltaikanlage. Dem geplanten Verbrauch von 10500 kwh im Jahr stehe ein Gewinn von 21000 kwh im Jahr gegenüber. Es werfe somit Gewinne ab und spare gleichzeitig rund 13 Tonnen CO2 im Jahr. Nach weiteren Ausführungen über die Innengestaltung eines ländlichen Gemeinschaftshauses in Bezug auf die unmittelbare Naturumgebung, überreichte der einen symbolischen Schlüssel an Bürgermeister Schneider und Ortsvorsteher Geis. Diesen habe er am „Frau Holle-Loch", eine Felsformation in der Gemarkung, direkt abgeholt und so war er natürlich voll mit weißen Federn.

Grußworte kamen dann noch vom Kreisbeigeordneten Gerhard Ruhl, der das bürgerliche Engagement hervorhob, denn es sei nicht gejammert, sondern eine Oase der Ruhe und Freude geschaffen worden. Pfarrer Markus Witznick wünschte der Bevölkerung einen hoffnungsvollen Blick mit viel Mut und Zuversicht in die Zukunft und sprach ein Segensgebet für das Haus und dessen Nutzer. „In einem Dorf ohne Vereine tut sich nichts", meinte Bernd Weiß, der für alle Vereine sprach. Unter-Seibertenrod habe dies erkannt und mit Landfrauen, Feuerwehr, Jugendclub, Jagdgenossenschaft und je zwei Posaunenchören sowie den beiden Kirchengemeinschaften sei die Vereinsgemeinschaft intakt. Die musikalische Umrahmung hatte der evangelische Posaunenchor unter Leitung von Martina Rühl und der Posaunenchor der evangelischen Chrischona Gemeinde unter Leitung von Friedhelm Schäfer. Am Ende der offiziellen Einweihung zeigte eine Kindergruppe einen Tanz unter dem Motto: Wir sind immer in Bewegung. ++gr++



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