Trumps Behauptungen widerlegt
Fachleute einig: Panikmache vor Paracetamol durch die US-Regierung haltlos
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24.09.2025 / REGION -
In den vergangenen Jahren war immer wieder festzustellen, dass gesundheitspolitische Aussagen aus dem Weißen Haus, insbesondere jene von Präsident Donald Trump, zu Kopfschütteln unter Gesundheitsexpertinnen und Experten geführt haben. Breitspurig wurde nun verkündet, man habe die Ursache für Autismus gefunden: Paracetamol. Verwunderung über solche Aussagen ist aktuell kaum noch angebracht. Vielmehr gilt es, die Worte des Präsidenten kritisch einzuordnen und ihnen energisch zu widersprechen. Sie sind nicht nur uninformiert und unbelegt, sondern im schlimmsten Fall sogar gefährlich.
Gefährlich deshalb, weil sie Menschen verunsichern und ihnen den Zugang zu einer potenziell wichtigen Therapie erschweren können. Gerade in sensiblen Lebensphasen wie Schwangerschaft und Stillzeit ist eine differenzierte und fachlich fundierte Beratung unverzichtbar. Die sichere medikamentöse Behandlung werdender und stillender Mütter stellt Ärztinnen und Ärzte seit jeher vor eine besondere Herausforderung. Für die allermeisten Präparate liegen bis heute wenige Daten über deren Unbedenklichkeit vor. Umso wichtiger ist es, auf Medikamente zurückgreifen zu könne, die seit vielen Jahren erfolgreich eingesetzt werden. Dazu gehört Paracetamol.
"Unentbehrliches Arzneimittel" ist nicht schädlich für Schwangere
Die Substanz wurde bereits 1878 entdeckt und fand ab den 1950er Jahren breite Anwendung als schmerzlinderndes und fiebersenkendes Mittel. Paracetamol gehört zur Gruppe der Nicht-Opioid-Analgetika, also Schmerzmittel, die nicht vom Morphium abstammen. Im Gegensatz zu den nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) wirkt es allerdings nicht entzündungshemmend. Die Bandbreite seiner Anwendung ist dennoch groß: Es kann in reiner Form eingenommen werden, findet sich aber ebenso in Kombinationspräparaten, etwa zusammen mit Acetylsalicylsäure (Aspirin) und Koffein, wie sie bei Erkältungen häufig verschrieben werden. In den Vereinigten Staaten ist Paracetamol unter dem Wirkstoffnamen Acetaminophen oder dem Handelsnamen Tylenol bekannt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat den Wirkstoff seit vielen Jahren in ihre Liste der "unentbehrlichen Arzneimittel" aufgenommen.
Doktoren begründen: Paracetamol ist das Mittel der Wahl
Um der Frage nachzugehen, wie Fachleute die Anwendung von Paracetamol in der Schwangerschaft einschätzen, hat Osthessen|News bei den zwei renommierten Fuldaer Gynäkologen Prof. Dr. med. Schrauder vom Klinikum Fulda sowie bei Dr. med. Dengler vom Herz-Jesu-Krankenhaus Fulda nachgefragt. Eine mögliche Alternative liege laut Schrauder beim Ibuprofen, welches in der Schwangerschaft aber nur bis zur 28. Schwangerschaftswoche eingesetzt werden könne. Bis dahin sei Ibuprofen die einzige ähnlich sichere und wirksame Alternative zu Paracetamol.
Einnahme auch in der Schwangerschaft wichtig
Eine ärztlich verordnete Schmerzmedikation oder Fiebersenkung mit Paracetamol könne auch in der Schwangerschaft erforderlich und über einen festgelegten Zeitraum wichtig sein, um die Entwicklung chronischer Schmerzen oder eine Schädigung von Mutter und/oder Kind durch hohes oder andauerndes Fieber zu vermeiden. Je nach Art der Schmerzen könne es auch in der Schwangerschaft sehr wichtig sein, durch eine Schmerzmitteleinnahme die Mobilität der Schwangeren zu erhalten. Dr. med. Alexander Dengler, Chefarzt der Frauenklinik und Geburtshilfe am Herz-Jesu-Krankenhaus Fulda, stellt fest, dass Paracetamol ein bewährtes und gut verträgliches Analgetikum und Antipyretikum ist.
Durch die häufige Verwendung bereits über Jahrzehnte habe sich auch die Sicherheit bewiesen, deswegen gehöre es zu den Analgetika der Wahl in der Schwangerschaft. Laut Dengler gebe es im Hinblick auf die gesamte Schwangerschaft keine besseren Alternativen.
Gynäkologen sind sich einig
Dengler ist wichtig zu betonen, dass man bei Schwangeren, wenn Schmerzen und Fieber vorliegen, man als Arzt immer zunächst nach der Ursache forschen müsse, um nichts zu übersehen. Aber insbesondere bei nicht durch Medikamente behandelbaren grippalen Infekten durch Viren sei auch die Behandlung dieser Symptome angezeigt, da das Befinden der Schwangeren sich auf das ungeborene Kind übertragen und Fieber zu Störungen der Versorgung des Kindes führen könne. Die Fuldaer Gynäkologen betonen einstimmig die Sicherheit des Medikaments in der Schwangerschaft, geben aber auch zu bedenken, dass man Medikamente immer nur mit einer klaren Indikation und nach Abwägung der Risiken und des Nutzens einnehmen sollte. Schwangere und Stillende können sich ebenso wie Ärzte beim Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie der Charité Berlin kostenfrei informieren. Embryotox ist dabei unabhängig von der Pharmaindustrie. Die Berliner Mediziner und Pharmakologen sind bei Fragestellungen rund um die Verträglichkeit von Medikamenten in der Schwangerschaft und Stillzeit sicherlich besser informiert als Donald Trump. (Adrian Böhm) +++