Stille Orte mit lauter Vergangenheit
Die geschleiften Höfe sprechen wieder – Theaterprojekt der Wigbertschule
Fotos: privat
28.06.2025 / GEISA/HÜNFELD - Es ist ruhig geworden an der innerdeutschen Grenze. Die Zäune, die einst die DDR von der Bundesrepublik trennten, sind verschwunden. Wer heute am Grünen Band entlangwandert, trifft auf überwucherte Kolonnenwege, vereinzelt auf einen Turm, einen Bunker oder einen sich schwach abzeichnenden Kfz-Sperrgraben.
Die Landschaft wirkt friedlich – und doch trägt sie die Spuren einer schmerzhaften Vergangenheit. Die Teilung hat Narben hinterlassen: sichtbar in Resten der Grenzanlagen, unsichtbar in der Erinnerung der Menschen.
Verschwundenen Orten eine Stimme geben
Dieser Frage haben sich die Schülerinnen und Schüler der Wigbertschule Hünfeld gestellt – gemeinsam mit dem Landestheater Eisenach und den Point Alpha Mitarbeiterinnen Aline Gros und Daniela Theurer. Die Grundlage des Theaterprojekts bildete das Buch "Zur eigenen Sicherheit?" von Wolfgang Christmann und Bruno Leister, das die Geschichte der geschleiften Höfe im Geisaer Amt dokumentiert. Die Point Alpha Stiftung fungiert als Herausgeberin der überarbeiteten Neuauflage.Stimmen aus der Vergangenheit
In der Halle wird es still und auf der großen Leinwand erscheint ein Bild des Fischerhofs. Dann beginnt der Ort selbst zu erzählen – durch die Stimmen der Schüler. "Er" berichtet vom Schicksal seiner Bewohner, der Familie Bednarek, die 1952 bei Nacht und Nebel fliehen musste. Danach melden sich weitere Orte zu Wort: die Buchenmühle, die Ziegelei Wenigentaft – Namen, die ein Raunen im Publikum auslösen, alte Erinnerungen kommen zurück.Auch die Grenze selbst wird auf der Bühne sichtbar: Bierbänke werden zu Stacheldrahtzäunen, die sich bedrohlich auftürmen. Eine Schülerin steigt auf eine Leiter, blickt wehmütig in Richtung Osten – zur anderen Bühnenseite, wo vom Schicksal des Hofes in Langwinden berichtet wird. Reduktion wird hier zur Stärke: Wenige Mittel genügen, um Geschichte greifbar zu machen.
Gegen das Vergessen
Niemand wünscht sich den Schrecken der Grenze zurück. Doch mit der Zeit verblassen auch die Erinnerungen – und aus der einst grauen Realität wird in der Rückschau mitunter eine allzu bunte. Orte wie Point Alpha wirken dem entgegen: Zäune, Ausstellungen, Zeitzeugen halten die Geschichte lebendig. Auch das Theaterprojekt leistet dazu einen wichtigen Beitrag. Es verleiht verschwundenen Orten eine Stimme, macht das Unsichtbare sichtbar und widersetzt sich dem Vergessen.