Geburtstrauma: Hunderttausende Betroffene
Almut Handwerk arbeitet als Seelen-Hebamme: "Ich will den Frauen helfen"
Fotos: Julia Schuchardt
13.07.2025 / FULDA -
Sie ist Hebamme aus Leidenschaft und sorgt seit rund 22 Jahren für werdende Mütter sowie junge Familien: Almut Handwerk (46). Die gebürtige Bayerin begleitete in ihrer Karriere schon über 1.000 Geburten - bringt also jede Menge Erfahrung, Wissen und Expertise mit. Seit Februar dieses Jahres ist sie Teil des Geburtshauses und Familienzentrums Fulda und unterstützt an einer Stelle, die eigentlich wichtiger denn je sein sollte.
Die 46-Jährige lernte den Hebammenberuf an der Universitätsklinik Würzburg, absolvierte 2010 zusätzlich eine Ausbildung als Heilpraktikerin und spezialisierte sich in den sechs darauffolgenden Jahren auf diese besonderen Methoden: "Somanic Experiencing" und "Craniosakral-Balancing". Die Ausübung ist in Fulda einzigartig und hilft vor allem Frauen, die traumatische Geburten oder derartige Erfahrungen selbst erlebt haben.
Leichte Geburt? "Jede dritte Frau durchlebt eher das Gegenteil"
Gewalt in der Geburtshilfe oder Traumatisierung aufgrund von Geburtserfahrungen: jährlich sind hunderttausende Frauen davon betroffen. Auch Almut Handwerk, Mutter von zwei Jungs, berichtete gegenüber OSTHESSEN|NEWS von einem solchen Erlebnis während ihrer ersten Geburt und spricht daher aus Erfahrung. "Es sollte eigentlich ganz besonders, positiv und selbst ermächtigend sein - doch jede dritte Frau durchlebt eher das Gegenteil, was noch lange schmerzhaft in ihnen nacharbeitet", berichtet sie. Die Gründe für eine Traumatisierung können ganz unterschiedlich sein: extreme Schmerzen, heftig erlebte geburtshilfliche Interventionen, Notkaiserschnitt, Operationen nach der Geburt, kritischer Zustand des Babys, Notfallversorgung und dadurch Trennung von Mutter und Kind und vieles andere mehr. Dadurch kann sich unter anderem Überängstlichkeit oder auch Gefühlskälte entwickeln: "Viele Frauen verdrängen so etwas - Trauma ist, wenn etwas zu schnell passiert und zu viel auf einmal ist."
"Die Behandlung hat mein Leben stark beeinflusst"
Almut selbst hat sich in dieser schweren Zeit auf die Suche nach Hilfe gemacht. Sie probierte verschiedenste Methoden aus und wurde schlussendlich beim "Somanic Experiencing" und "Craniosakral-Balancing" fündig. Ersteres ist laut Definition eine körperorientierte Psychotherapie, die darauf abzielt, traumatischen Stress zu lösen, indem sie die natürliche Selbstregulation des Nervensystems wiederherstellt. Letzteres ist eine sanfte, manuelle Behandlungsmethode, die auf dem Zusammenspiel von Schädel, Kreuzbein und den dazugehörigen Geweben basiert. Ziel ist es, durch sanfte Impulse Blockaden zu lösen, die Selbstheilungskräfte zu aktivieren und das Gleichgewicht im Körper wiederherzustellen. "Die Behandlung damals hat mein Leben stark beeinflusst. Ich konnte mich neu ausrichten und bin wieder ganz ich selbst geworden. Ich habe zu meinem wahren Kern zurückgefunden." Sie führt weiter aus: "Die Auswirkungen sind wirklich immens: Man hat mehr Lebensfreude, Selbstvertrauen, Mut und Lust, etwas Neues auszuprobieren."
"Frauen müssen lernen, wieder in ihre Intuition zu vertrauen"
Seit Februar 2025 übt die gelernte Hebamme unter anderem die beiden Methoden im Geburtshaus und Familienzentrum Fulda in der Bahnhofsstraße aus und erfuhr bislang jede Menge positives Feedback. "Ich bin sehr froh, wenn ich den Betroffenen helfen kann. Derzeit gibt es nämlich einfach zu wenige Anlaufstellen für dieses sensible Thema", erklärt Handwerk im Gespräch mit O|N. Ihr ist es von essenzieller Bedeutung, Frauen in ihrem Kern und in ihrem inneren Wesen zu heilen. "Sie müssen lernen, nach so etwas wieder in ihren Körper und in ihre Intuition zu vertrauen. Damit sie selbst entscheiden können, was für sie gut ist."Interessierte können Termine beim Geburtshaus und Familienzentrum direkt ausmachen - hier finden Sie weitere Informationen. (Julia Schuchardt)+++