OSTHESSEN|NEWS hat bei Gastronomen gefragt
Mindestlohn-Debatte: Was passiert mit der regionalen Wirtschaft?
Archivbild: O|N Carina Jirsch
07.05.2025 / REGION -
Mindestlohnstreit: Wird es bald einen Mindestlohn von 15 Euro pro Stunde geben? Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) fordert einen höheren Mindestlohn, der vor Armut schützen soll.
Die Erhöhung des Mindestlohns würde auch einen Anstieg der Preise für Handwerksleistungen bedeuten.
Der gesetzliche Mindestlohn soll vor Ausbeutung und Dumpinglöhnen schützen und einen Mindestschutz der Beschäftigten gewährleisten. Er dient als absolute Untergrenze für die Bezahlung von Arbeit in Deutschland. Sofern kein höherer Lohn vereinbart wurde, beispielsweise im Rahmen eines Tarifvertrags, gilt in Deutschland für nahezu alle Beschäftigten der gesetzliche Mindestlohn.
Einheitsmindestlohn in der Kritik
In einem Punkt herrscht unter den befragten Unternehmern Einigkeit. Eine pauschale Erhöhung des Mindestlohns wird kritisch gesehen. Während ein Mindestlohn von 15 Euro pro Stunde für qualifizierte Fachkräfte als angemessen angesehen wird, halten viele diesen Satz für ungelernte Aushilfen oder Schüler für nicht immer vertretbar. Leistung und Qualifikation eines Einzelnen sollten den Lohn bestimmen, nicht eine starre Einheitsregel. Bezahlung sollte leistungsgerecht sein
"Wenn die Preise nicht steigen würden, dann müsste man die Löhne auch nicht höher schrauben", so Bernd Lembach, Geschäftsführer der Konditorei Lembach in Fulda. Auch wenn ihn die geplante Änderung persönlich nicht stark betreffe, plädiert der Unternehmer dennoch klar für eine Unterscheidung zwischen festangestellten Fachkräften und kurzfristigen Aushilfen. Beide über einen Kamm zu scheren, sei weder wirtschaftlich sinnvoll noch leistungsgerecht. Pauschaler Mindestlohn bedroht regionale Wirtschaft
Auch Alexander Günther, Inhaber des Landgasthofs zur Linde in Großenlüder-Bimbach, bezieht eindeutig Stellung: "Wer arbeitet, soll davon leben können. Faire Löhne sollten eine Selbstverständlichkeit sein." Dennoch warnt er vor pauschalen Regelungen insbesondere in der Gastronomie, wo viele junge Aushilfen arbeiten. Ein unversteuerter Stundenlohn von 15 Euro zuzüglich Trinkgeld sei kaum vergleichbar mit dem Verdienst festangestellter Mitarbeiter, die deutlich höhere Abgaben leisten. "Das steht in keinem Verhältnis zu deren Erfahrung und Verantwortung." Günther fordert mehr Spielraum: Löhne sollten im Rahmen der Tarifautonomie verhandelt werden, nicht durch staatliche Vorgaben. Einheitliche Regelungen würden der Realität vieler Branchen nicht gerecht und gefährdeten die wirtschaftliche Flexibilität. Ein weiteres Problem sieht er bei den regionalen Zulieferern. Spargel- und Erdbeerbauern etwa könnten mit Ländern wie Spanien, wo der Mindestlohn bei 8,37 Euro liegt, kaum konkurrieren. Die Folge: "Heimische Produkte verschwinden vom Markt, und die Preise steigen." Sein Fazit: "Am Ende leiden alle, von den Landwirten, über die Gastronomen bis zu den Gästen."
Mindestlohnerhöhung könnte Mehrwertsteuervorteil zunichtemachen
Marc Zuspann, Küchenchef der Gastronomie Praforst in Hünfeld, äußert sich ebenfalls kritisch zur geplanten Erhöhung des Mindestlohns. In seinem Betrieb wären hiervon ausschließlich Aushilfskräfte betroffen. Er weist ebenso auf die erhebliche Lohnspanne zwischen qualifizierten Fachkräften und Schülern hin, die lediglich einer Nebentätigkeit nachgehen. "Die bestehenden Lohnunterschiede müssen weiterhin sorgfältig berücksichtigt werden. Ein Ungleichgewicht gilt es unbedingt zu vermeiden", betont Zuspann. Für ihn ergibt sich daraus die Notwendigkeit, die Lohnerhöhung auf das gesamte Team auszuweiten, um ein ausgewogenes und gerechtes Vergütungssystem zu gewährleisten.