Dauerkrise
Kein Aufschwung in Sicht: Schrumpft die Wirtschaft erneut?
Archivfoto: Marcus Brandt/dpa
30.04.2025 / FRANKFURT AM MAIN -
Die deutsche Wirtschaft könnte 2025 das dritte Jahr in Folge zurückgehen. Denn der Zollstreit hat die Lage schlagartig verschlechtert. Kommt die längste Rezession in der Geschichte der Bundesrepublik?
Die Hoffnung auf eine Trendwende ist dahin: Im ersten Quartal dürfte die deutsche Wirtschaft nach zwei Jahren Rezession zwar leicht gewachsen sein. Doch die Aussichten für die Exportnation Deutschland 2025 sind alles andere als gut - nicht zuletzt wegen der Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump.
Wie geht es der deutschen Wirtschaft?
Steigende Industrieproduktion, etwas bessere Geschäfte am Bau, Umsatzplus im Einzelhandel: In den ersten Monaten des Jahres gab es Hoffnungsschimmer. Die Bundesbank rechnet damit, dass die Wirtschaftsleistung im ersten Vierteljahr zum Vorquartal leicht zugenommen hat. Im Schlussquartal 2024 hatte es preisbereinigt noch ein Minus von 0,2 Prozent gegeben. Doch der lang ersehnte Lichtblick dürfte nicht lange währen, denn mit dem Zollkonflikt hat sich die Ausgangslage für die kommenden Monate grundlegend verändert.Wie sind die Aussichten?
Europas größter Volkswirtschaft droht das dritte Jahr ohne Wachstum in Folge - das gab es noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik. Reihenweise wurden in den vergangenen Wochen die ohnehin schon niedrigen Erwartungen gesenkt:Die geschäftsführende Bundesregierung erwartet für dieses Jahr eine Stagnation des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Im Januar hatte die Regierung noch mit 0,3 Prozent Plus gerechnet.
Auch der Internationale Währungsfonds (IWF) traut der deutschen Wirtschaft im laufenden Jahr kein Wachstum zu. Er rechnet angesichts der aggressiven Zollpolitik von Trump mit einer globalen Wachstumsflaute.
Bundesbank-Präsident Joachim Nagel sagte, im besten Fall gebe es 2025 eine Stagnation. Er könne aber «nicht ausschließen, dass wir möglicherweise auch ein leichtes negatives Vorzeichen bekommen, also eine leichte Rezession».
Was sind die größten Lasten?
Wie will die künftige Bundesregierung gegensteuern?
Steigt die Inflation wieder?
Auch bei der Inflation sind die Aussichten mit dem Zollstreit ungewisser geworden. So könnten sich etwa Industriegüter verteuern. Manche Volkswirte fürchten zudem, dass mit den geplanten gewaltigen Milliarden-Ausgaben des Bundes für Verteidigung und Infrastruktur die Inflation steigen könnte.Das Ifo-Institut rechnet damit, dass die Teuerungsrate in Deutschland in den kommenden Monaten über der Marke von 2,0 Prozent bleiben wird. 2022 lag die Inflation im Jahresschnitt bei 6,9 Prozent und 2023 bei 5,9 Prozent, 2024 flaute sie im Jahresschnitt auf 2,2 Prozent ab. Das Leben in Deutschland verteuert sich also nicht mehr so stark, allerdings spüren Verbraucher das gestiegene Preisniveau im Alltag. Im März lag die Inflationsrate bei 2,2 Prozent.
Da auch im Euroraum die Inflation schwindet, hat die Europäische Zentralbank die für Banken und Sparer maßgeblichen Einlagenzinsen bereits sieben Mal seit vergangenem Juni gesenkt: auf derzeit 2,25 Prozent. Die EZB könnte ihn im Sommer weiter senken, was für Sparer sinkende Zinsen bedeuten würden.
Welche Bedeutung haben Trumps Zölle für Deutschland?
Geht es allen Branchen schlecht?
Während Schlüsselindustrien wie Auto und Maschinenbau schwächeln, profitieren Banken und Versicherungen vom gestiegenen Zinsniveau. Das beschert Konzernen wie Allianz, Munich Re und Commerzbank Rekordgewinne. Robust zeigt sich auch die Pharmabranche, die Milliarden-Investitionen aus dem Ausland anzieht. Und Europas größter Softwarekonzern SAP erzielte einen Gewinnsprung. Allerdings hat die IT-Branche gesamtwirtschaftlich keine herausgehobene Bedeutung für Deutschland. Ähnliches gilt für den Tourismus, der 2024 ein Rekordjahr verbuchte. Denn für Urlaub geben die Deutschen traditionell gerne Geld aus - Krise hin oder her.Was macht Hoffnung auf Besserung?
Die Aussichten für die deutsche Wirtschaft würden sich erheblich aufhellen, sollte der Zollstreit mit den USA beigelegt werden. Die Europäische Union hat in der Hoffnung auf Verhandlungen bereits geplante Gegenzölle ausgesetzt. Und Trump hat Autoherstellern zumindest Zollausnahmen in Aussicht gestellt.Beflügelt werden dürfte die heimische Konjunktur zudem vom Milliarden-Paket des Bundes für Verteidigung und Infrastruktur - wenn auch nicht sofort. «Von den finanzpolitischen Weichenstellungen der künftigen Bundesregierung werden positive Impulse ausgehen, die allerdings erst in den kommenden Jahren spürbar zum Wachstum beitragen werden», meinte die scheidende Bundesregierung. Sie erwartet für 2026 immerhin 1,0 Prozent Wirtschaftswachstum. (dpa)+++