Hexenverfolgung im Landkreis per App erlebbar
"Wie wird aus einer normalen Hausfrau eine Hexe?" - 270 Menschen starben
Fotos: Hannes Mayer
11.04.2025 / FULDA -
60.000 Opfer in ganz Europa und 270 in Fulda - so viele Menschen wurden wegen angeblicher Hexerei unschuldig hingerichtet. Unter den meist weiblichen Hingerichteten war auch Merga Bien. Heimatforscherin Ingrid Möller-Münch hat sich besonders mit dem Leben der Merga Bien beschäftigt und so stellte sie sich sehr bald die Frage: "Wie wird aus einer normalen Hausfrau eine Hexe?"
270 Menschen, darunter zwei Männer, fielen in den Jahren von 1600 bis 1606 der Hexenverbrennung im Landkreis Fulda zum Opfer. Jetzt soll all das mehr Aufmerksamkeit bekommen. Eine neue digitale Tour in der App "doyo" lädt ein, sich auf eine interaktive Zeitreise zu den historischen Orten zu begeben. "Es war uns ein Anliegen, dass jeder jederzeit mit der 'doyo'-App an einer Führung teilnehmen kann", sagte Katharina Roßbach, Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Fulda. So wurde am Donnerstagnachmittag die neue Tour im Stadtschloss vorgestellt.
Eine digitale Gedenkstätte für alle Opfer der Hexenverfolgung
Besonders Ingrid Möller-Münch befasste sich mit alten Schriften, rund um den Prozess der Merga Bien. "Geschichte und Frauen waren schon immer ein interessantes Thema und so bin ich auch auf die Hexenverfolgung aufmerksam geworden. Unsere weibliche Geschichte wird nur von uns Frauen geschrieben" Merga Bien ist rund um Fulda ein Begriff, da ihre Prozessakten leider die einzigen sind, die erhalten geblieben sind. "Man hat eine bestimmte Vorstellung von alt und bucklig, aber im Grunde war sie eine normale Hausfrau. Da frage ich mich: Wie wird aus einer normalen Hausfrau eine Hexe?" Tour zum Wohnhaus der Merga Bien
"Für Menschen, die auf eigene Faust die Geschichte kennenlernen wollen, gibt es 'doyo'", sagte Sebastian Brähler, Geschäftsführer und Mitgründer von "Kaleidos:code". In der 90-minütigen digitalen Tour kann man neun verschiedene Standorte erleben, die alle mit dem Leben der Merga Bien verknüpft sind. So geht es beispielsweise vom Wohnhaus in der Löherstraße zum damaligen Gefängnis und dem Ort der Hexenverbrennungen. "Mit den illustrativen Charakteren soll eine gewisse Distanz aufgebaut werden, da nicht alles genauso passiert ist. Auch unsere Dialoge sind ein fiktives, nicht belegtes Mittel, um die Geschichte lebendig zu machen. Die Eckdaten passen aber selbstverständlich zu den historischen Daten", so Brähler. Er spricht allerdings eine persönliche Altersempfehlung aus: "Wir zeigen zwar keine brutalen Szenen, behandeln aber sensible Themen. Deshalb empfehlen wir die Tour ab zwölf Jahren."