"Keine Luft zum Atmen"
Apotheken gerettet? Osthessens Pharmazeuten stellen weitere Forderungen

Foto: Jonas Wenzel
08.04.2025 / REGION - Die monatelangen Proteste der Apotheken in Osthessen könnten bald Geschichte sein – könnten! Viele Apotheker begrüßen die Ergebnisse der AG Gesundheit von CDU/CSU und SPD, die in Koalitionsverhandlungen in Berlin eine Stärkung der Arzneimittelversorgung fordern. "Es liest sich zunächst ganz schön – aber: An der Situation muss sich dramatisch etwas ändern", meint Dr. Christian Gerninghaus von der Schlitzer "Sonnen Apotheke".
In den vergangenen Monaten waren die Apotheken in Osthessen und ganz Deutschland immer wieder auf den Straßen, um gegen die schwierige Situation zu protestieren. Das sogenannte "Apothekensterben" und die steigenden Belastungen durch Lieferengpässe und Fachkräftemangel hatten die Branche in eine ernste Krise gestürzt. Die Demos, die von vielen Apothekern und Verbänden organisiert wurden, richteten sich nicht nur gegen die schlechten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, sondern auch gegen die stagnierende politische Reaktion auf diese Probleme.
Apotheker bleiben skeptisch
Was sich wie ein ständiger Kampf gegen die drückenden Probleme der Branche anfühlte, scheint noch lange kein Ende zu finden. Mit den Ergebnissen aus den Koalitionsverhandlungen zwischen CDU/CSU und SPD gibt es aber endlich Hoffnung für die Apotheker vor Ort. Die geforderten Veränderungen von der AG Gesundheit könnten der Schlüssel sein, um die dramatische Situation der Apotheken in der Region zu entschärfen.Für Justus Schollmeier, Apotheker der Fuldaer "Altstadt Apotheke am Markt", ist die jüngste Entwicklung, dass sich die Politik nun verstärkt um die Belange der Apotheken kümmert, ein erfreuliches Signal. "Das ist etwas sehr Positives", sagt er – doch bleibt realistisch: "Auch in den letzten Regierungen wurde viel versprochen, aber am Ende kam es doch anders."
Kampf gegen das Apothekensterben
Im Rahmen der Koalitionsgespräche wurden mehrere zentrale Punkte festgelegt, die eine nachhaltige Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der wirtschaftlichen Lage der Apotheken planen. Besonders hervorzuheben ist die geforderte Aufhebung des Skonti-Urteils, das in der Vergangenheit oft für Unsicherheit und finanzielle Rückforderungen sorgte. Zudem soll die Vergütung der Apotheken in regelmäßigen Abständen an die aktuellen wirtschaftlichen Gegebenheiten, wie Lohnentwicklung und Inflation, angepasst werden. Neben diesen finanziellen Aspekten sollen auch die Bürokratiebelastungen reduziert und neue Strukturen für Präventionsleistungen eingeführt werden. Diese Maßnahmen sollen den Apothekern in Osthessen helfen, ihre Aufgaben effizienter zu erfüllen und gleichzeitig die Versorgung der Bevölkerung aufrechtzuerhalten. Packungsfixum soll steigen – aber Apotheken warnen
Ein zentrales Anliegen der Koalitionsverhandlungen ist die Anpassung des Apothekenpackungsfixums, das insbesondere für ländliche Apotheken eine wichtige finanzielle Entlastung darstellen könnte – im besten Fall auf bis zu elf Euro. Ein Apothekenpackungsfixum ist eine Pauschalvergütung, die Apotheken für das Abgeben von Arzneimitteln erhalten. Es handelt sich um eine feste Summe, die die Apotheke für jedes abgegebene Arzneimittel oder Packung erhält, unabhängig von den tatsächlichen Kosten des Medikaments oder der Menge. Zuletzt wurde das Apothekenpackungsfixum 2013 erhöht – damals von 8,10 Euro auf 8,35 Euro. "Wenn wir jetzt wieder so viele Jahre warten müssen, dann bringt es praktisch nichts. Eine Dynamisierung muss kommen", meint Schollmeier. Abhängig von wirtschaftlichen Faktoren, müsse sich das Apothekenpackungsfixums dynamisch anpassen, so Schollmeier. Gerninghaus ist da ganz ähnlicher Meinung: "Es muss unbedingt eine Dynamisierung in das Gesetz aufgenommen werden. Auch die Erhöhung wäre bei weitem nicht ausreichend, um auch nur annähernd einen Inflationsausgleich zu haben." Versand-Apotheken als größtes Problem
In einem sind sich beide Politiker einig: große Versand-Apotheken sind maßgeblich verantwortlich für das anhaltende "Apothekensterben". "Wir brauchen eine RXVV", fordert Gerninghaus daher. RX steht in der Apothekersprache für verschreibungspflichtige Medikamente – VV für das Versandverbot. "Unter der Ampel-Regierung war es kein Thema", kritisiert Gerninghaus. Und auch in der Forderung der AG Gesundheit ist keine Sprache von Restriktionen für Versand-Apotheken zu lesen. "Die Aufgaben, die für die Gesellschaft essenziell sind, macht die Versand-Apotheke nicht", schildert Schollmeier. Gerninghaus fordert eine sofortige Veränderung: "Wer keine Luft zum Atmen hat, der kann auch nicht mehr warten." (Constantin Butler) +++