Ereignisreiches Jahr
Landrat Dr. Mischak: Landwirtschaft ist nicht das Problem, sondern die Lösung
Fotos: privat
02.04.2025 / LAUTERBACH - Mästen Vogelsberger Landwirte neben Schweinen und Rindern in Zukunft auch Maden? Andreas Köck und Oliver Klein, Gründer des Unternehmens Entosolutions GmbH in Gießen, jedenfalls können sich vorstellen, aus dem Vogelsbergkreis eine Modellregion zu machen, in der Insektenprotein aus Bauernhand kommt. In einem gut einstündigen Vortrag stellten die beiden Unternehmensvertreter ihre Visionen in der jüngsten Ortslandewirteversammlung in der Turnhalle in Frischborn vor – mit dem Ziel, "einige Landwirte zu finden", die bei diesem Projekt, das von der Justus-Liebig-Universität in Gießen und dem Frauenhofer-Institut mitgetragen wird, einsteigen.
"Es war ein ereignisreiches Jahr", mit diesem Satz hatte Kreislandwirt Andreas Kornmann die Ortslandwirte schon im vergangenen Jahr begrüßt. Er wählt ihn nun erneut, schließlich war es das, ein ereignisreiches Jahr für die Landwirtschaft, die Politik in Deutschland, der EU, weltweit. "Letztes Jahr haben wir demonstriert gegen die Politik der Ampel", sagt Kornmann und erinnert an das Ampel-Aus im November und die Neuwahl, bei der ein Politikwechsel gewählt worden sei. "Wir wollen den auch spüren", fordert Kornmann, "wir wollen weg von überbordender Bürokratie hin zu einer vernünftigen Wirtschaftspolitik mit Maß und Ziel."
Ereignisreiches Jahr
Auch Michael Ruhl, Staatssekretär im Hessischen Landwirtschaftsministerium, greift den Begriff des "ereignisreichen Jahres" auf, spricht die klimatischen Bedingungen an und natürlich den Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest, der Geflügelpest, der Blauzungenkrankheit und der Maul- und Klauenseuche in Brandenburg, "bei der dieser eine Fall unsere Märkte durcheinandergebracht hat"."Grenzen überschritten"
Auf ein ganz aktuelles Thema geht Landrat Dr. Jens Mischak ein: das Eindringen von Aktivisten der Tierrechtsorganisation "Animal Rebellion" auf den landwirtschaftlichen Betrieb des bayerischen Bauernpräsidenten Günther Felßner. Dort protestierten sie gegen eine mögliche Ernennung Felßners zum nächsten Bundeslandwirtschaftsminister. "Die letzten drei Landwirtschaftsminister kamen nicht vom Fach, es hätte vielleicht dem Land gutgetan, wenn jetzt jemand vom Fach das Amt übernimmt", so Landrat Mischak. Mit der Besetzung des Hofes seien eindeutig Grenzen überschritten worden, das sei kein legitimes Mittel der Diskussion. "Wir haben viel mehr verloren als diesen einen Menschen, der das Ministerium nun nicht mehr übernehmen will", unterstreicht der Landrat nachdenklich.Von der neuen Bundesregierung fordert er, "verkrustete bürokratische Strukturen aufzubrechen", denn mit langen Genehmigungsverfahren "bremsen wir uns selbst aus". Zudem erwartet der Landrat angesichts ständig steigender Sozialabgaben ein klares Signal von der Bundesregierung: "Leistung muss sich wieder lohnen." Schließlich gehe es auch um die Frage, wie die Lücke zwischen Metropolregionen und dem Land geschlossen werden könne.
Neben Lorenz Kock, neuer Leiter des Amtes für Wirtschaft und den ländlichen Raum, gehen seine Stellvertreterin Dorothea Mauß und Dr. Robert Riße, Tierarzt im Amt für Veterinärwesen und Verbraucherschutz, auf aktuelle Entwicklungen in ihren Fachbereichen ein, ehe Andreas Köck und Oliver Klein ausführlich zum Thema "Insektenprotein in Bauernhand" referieren. Im Schweinefutter seien 5 Prozent tierisches Protein aus Fisch- oder Tiermehl enthalten. Dies könne durch Insektenprotein ersetzt werden. Die Firma Entosolutions verbinde den industriellen Ansatz mit landwirtschaftlichen Strukturen, um diese Insektenproteine zu erzeugen. In einer Powerpoint-Präsentation zeigen die Referenten, wie ein solches Gemeinschaftsprojekt am Ende aussehen könnte: In einer Systemhalle stehen 1200 Mastpaletten mit Insekten, es gibt unter anderem eine Fütterstation, eine Kühlschleuse und einen Mikroalgenluftwäscher.
Apropos Zukunft: "Wir als Amt für Wirtschaft und den ländlichen Raum möchten Ihnen als Partner zur Verfügung stehen und gemeinsam mit Ihnen die Zukunft entwickeln", so die Botschaft, die Amtsleiter Kock den Landwirten mit auf den Weg gibt. 1310 Landwirte gibt es derzeit noch im Vogelsbergkreis, Lorenz Kock würde sich wünschen, "wenn wir auch in zehn Jahren noch so viele hätten". (mau/pm) +++