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Eröffnung

Ein erster Rundgang durch die neuen Ausstellungen der Kunststation

Im Bild von links: Frank Leske, Andreas Herrmann (Galerist von Jaime Sicilia), Patricia Schellenberger, Emil Sorge, Jaime Sicilia, Monika Ebertowski (Leiterin der Kunststation) Im Bild von links: Frank Leske, Andreas Herrmann (Galerist von Jaime Sicilia), Patricia Schellenberger, Emil Sorge, Jaime Sicilia, Monika Ebertowski (Leiterin der Kunststation)
Fotos: Hanswerner Kruse

12.03.2025 / HOFBIEBER - Am Sonntag wurden drei neue Frühjahrs-Ausstellungen in der Kunststation in Kleinsassen (Hofbieber, Landkreis Fulda) eröffnet, dazu eine kleinere Werkschau im Studio.



Eigentlich ist die Ausstellung "Gegenüber mittendrin" in zwei großen Hallen eine Doppelausstellung. Doch die Arbeiten des Holzbildhauers Frank Leske und des vielseitigen Malers Emil Sorge passen derartig gut zusammen, dass sie in zwei Sälen miteinander kommunizieren können und doch jeweils für sich wirken.

Reliefbilder keine Druckstöcke

Am ersten Eingang zu den Hallen, gegenüber der Treppe, trifft man sogleich auf zwei riesige, eigenartig anmutende Objekte von Emil Sorge. Zunächst fallen bei den beiden lichtdurchfluteten "Wimmelbildern" die Fragmente auf, bevor wir städtische Strukturen erkennen. In diesem Fall vom indischen Delhi, wie wir vom Etikett erfahren. Beim genauen Betrachten wird deutlich, dass das linke, zunächst ins Auge fallende Bild ein hölzernes, teils eingefärbtes Relief ist. Das Bildnis an der anwinkelnden Wand gibt dessen Motive spiegelverkehrt wieder.

Doch die farbliche Wirkung der zweiten Version ist völlig anders, die Oberfläche wirkt weicher und verschwommener. Sie ist ein Abdruck des Holzschnittes auf Leinwand, doch die Platte ist nicht als Druckstock gedacht, sondern als autonomes Kunstwerk. Nur gelegentlich fertigt der Künstler einen einzigen Abzug ohne Presse an, der dadurch eher wie eine Frottage als ein Druck wirkt. Wie ein Traumbild mutet die Unbestimmtheit des ersten Reliefbildes an. Die weiche Reproduktion mit aufgelösten Ölfarben auf Leinwand, wirkt dann dagegen wie eine morgendliche Erinnerung an diesen nächtlichen Traum.

Sorges Objekten liegt ein komplexer Arbeitsprozess zugrunde: Er nutzt eigene oder fremde Fotos, an denen ihm Details, bestimmte Aspekte, Besonderheiten interessieren - und malt sie verändert als Gouachen auf Papier. Durch diese, etwas altmodische Maltechnik, werden seine Gemälde wiederrum Vorlagen für seine Reliefbilder.

Durchleuchtete Figuren

Zwischen den Arbeiten Sorges treffen wir beim Rundgang auf die großen hölzernen Figuren und Köpfe des Kettensägen-Bildhauers Frank Leske: "Gegenüber und mittendrin", wie die Doppelausstellung ja heißt. Es gibt genügend Raum, sodass die Skulpturen den Blick auf die Gemälde nicht stören. Und sie sind so großzügig angeordnet, dass man um sie herumgehen kann. Bei Plastiken ist das immer nötig, doch hier ist es besonders wichtig. Denn die Objekte sind aufgrund der Sägetechnik des Künstlers immer wieder lichtdurchlässig. Je nach Perspektive wirken sie mal massiv und düster, mal wie durchleuchtet.

Aus halben, nicht zu alten Eichenstämmen sägt Leske zunächst die Umrisse seiner Figuren oder Köpfe aus. Er modelliert keine individuellen Details, die von ihm geschaffenen Wesen wirken lediglich männlich oder weiblich, auch Gefühle lassen sich durch die silhouettenartigen Körperhaltungen hineininterpretieren. Seine Werke wirken ebenso leicht abstrahiert wie die Arbeiten des Mitausstellers Sorges, dessen gestalterische Geist setzt in ihnen fort und umgekehrt.

Nachdem der Bildhauer die groben Formen geschaffen hat, arbeitet er mit feineren Kettensägen rhythmische senkrechte Strukturen oder Querschnitte hinein. Dadurch entstehen häufig gitterartige Durchblicke, die je nach Blickwinkel viel oder wenig Licht hindurch lassen. Zwei Werkgruppen kann man in seiner Schau unterscheiden, die älteren, feiner ausgearbeiteten Objekte und die neuen robusteren, meist dunkleren Skulpturen.

Sehnsuchtsorte zum Meditieren

Völlig andere Wege geht der Spanier Jaime Sicilia aus Madrid, der zur Vernissage mit seinem Berliner Galeristen angereist war. Seine farbkräftigen Gemälde wirken - zunächst - wie Landschaften oder gelegentlich wie Naturereignisse. Doch der Künstler arbeitet nicht nach der Natur, schafft keine Nachahmungen oder abstrahiert nicht die vorgefundene Realität. Im Gespräch erzählen er und sein Galerist, dass es magische Momente im Naturerleben gibt, in denen man sich auflöst und mit seiner Umwelt gleichsam vereinigt. Diese Situationen, diese vom Künstler erlebten Momente, hält er in seinen Bildern fest, die dadurch von den Betrachtern nachempfunden werden können. Fast vermisst man in dem Saal Meditationskissen, auf denen man sitzend eine Zeitlang mit seinen Sehnsuchtsorten verschmelzen kann.

Eine kleine zweite Werkgruppe sind seine Mohnblumenbilder. Diese Blumen lassen sich bekanntlich kaum in Vasen aufbewahren - im Moment des Pflückens sterben sie meist. Der Künstler hat die "Sterbenden" gesammelt, getrocknet und gepresst, dann abfotografiert und auf leicht reliefartiges Papier gedruckt. So sind 50 gerahmte, extrem unterschiedliche Mohnblumenbilder im gleichen Format 30 x 22 cm entstanden. Gemeinsam mit einer Literaturkennerin ordnete er jedem Mohnblumen-Blatt eine Schriftstellerin zu. Isabelle Allende scheint zu fliegen, Sylvia Plath wirkt gedrückt oder Jane Austen flattert durch die Welt. Das Werk ist auch eine Ode an die Verschiedenheit des Gleichen. Diese wunderbare Sammlung, deren Teile einzeln gekauft werden können, widmete Sicilia dem Weltfrauentag, dem Tag vor der Vernissage.

"Sich sammeln" im Studio

"Sich sammeln" (Titel), will die Künstlerin Patricia Schellenberger in ihrer Studioausstellung. Hier in dem kleinen Saal der Kunststation hat sie gesammelte Arbeiten aus den letzten Jahren zusammengetragen, etwa ihre kugelige "Brillenskulptur" aus 734 zusammengesteckten Brillen oder "unartige Stickereien." Eine trägt den Titel "Vollendete Nutzlosigkeit" und stellt sowohl das Sammeln infrage, bestätigt aber auch seinen Sinn. Zahlreiche bildnerische Notizen, Wortspiele oder aufgeschriebene Ideen hat die Künstlerin in den letzten Jahren auf gleichgroßen Zetteln gesammelt und zur Seite gelegt. Hier im Studio provozieren sie Nachdenklichkeit oder Widersprüche bei den Betrachtern: "Man muss das Lassen wollen" oder "Zeichen tun so hilfsbereit, nehmen aber Handlungsspielraum."

Sie formuliert keine abstrakt-philosophischen Ergüsse, sondern paraphrasiert ihre Worte immer wieder mit Zeichnungen, Stricheleien oder Bilder. "Das Herz der Ausstellung" ist, wie sie sagt, die Stirnwand des Raumes voller Skizzen und Bilder. "Diese sensible Linie, die den weißen Raum dennoch bestimmt gestaltet, das ist für mich ein tragendes Element."

Für die Besucher hat die Künstlerin einen Rundgang durch ihren Raum kommentiert, das Papier liegt als Kopie zum Mitnehmen aus. Eine gute Idee, denn ihre Installation ist eine große Herausforderung für das Publikum. Man kann nicht durch das Studio hasten und das Gesehene schnell abhaken. Schellenberger fordert, ja zwingt die Besucher zur Auseinandersetzung. Darum ist die "Brillenskulptur" vielleicht auch metaphorisch gemeint: Im Geiste nimmt man eine Brille und betrachtet oder hinterfragt intensiver, was einem in ihrer Ausstellung ins Auge fällt.

Service

Jaime Sicilia, Frank Leske & Emil Sorge bis 1. Juni 2025
Patricia Schellenberger bis 25. April 2025
Öffnungszeiten bis 29. März von Do. bis So. 13 - 17 Uhr
Ab 30. März Di. bis So. und an Feiertagen von 13 - 18 Uhr www.kunststation-kleinsassen.de. (Hanswerner Kruse) +++