Am 8. März

Lieblingsjünger und doppelter Erlöser: Passionsspiele mit neuer Vorlage

Proben für die Passionsspiele im Lüderhaus
Fotos: Marius Auth

11.01.2025 / GROßENLÜDER - Die Passionsspiele in Großenlüder (Landkreis Fulda) wären beinahe ins Wasser gefallen, weil sich kein Jesus fand - jetzt gibt es gleich zwei. Am 8. März geht es wieder los, mit neuer Textvorlage und eindrucksvoller musikalischer Unterstützung.



Seit 2014 gibt es die Passionsspiele in Großenlüder. Spielleiter Manfred Müller und Regisseur Günther Hahn hatten bereits etliche Passionsspielorte besucht, darunter Bad Soden-Salmünster, Sömmersdorf und Neustadt an der Waldnaab, als sie sich dafür entschieden, das Drama um Leiden und Sterben Jesu auch in ihrer Heimatgemeinde zu etablieren: "Um dem Herrgott Danke zu sagen, für ein Leben ohne Krieg", erklärt Müller. 60 Darsteller braucht es dafür auf der Bühne - die waren schnell gefunden: "Wir haben jeden im Ort angesprochen und die Leute waren sehr neugierig. Schauspielerfahrung ist nicht nötig - aber monatelanges Proben, damit am Ende jeder seinen Text kann und weiß, wo er wann hinlaufen muss."

Neue Dialoge und Szenen

Auch 2018, bei der zweiten Auflage, waren die Darsteller schnell gefunden - aber Mitte 2024, in der Vorbereitung der dritten Auflage, konnten Jesus und Judas nur mit Mühe besetzt werden: "Manche der Mitwirkenden wollten auch nicht mehr als zweimal mitmachen. Und dann hatten wir plötzlich zwei Jesusse und das Problem war gelöst." Inzwischen ist der Passionsspielverein Großenlüder sogar Mitglied in der "Europassion", einem Zusammenschluss von 80 Passionsspielorten in Europa. Denn nicht jedes Passionsspiel ist gleich: Neben der Oberammergauer Version, an der sich auch Müller und Hahn zuerst orientiert hatten, gibt es jede Menge regionale Varianten: "Wir haben uns dieses Mal für die Version einer spanischen Spielgemeinschaft aus Esperança, einem Vorort von Barcelona, entschieden, weil wir auch andere Dialoge und Szenen als vorher wollten. Manches musste aber verändert werden: Im spanischen Original fliegt Jesus auf die Bühne ans Kreuz, das war uns zu extrem", so Hahn.

Neben den 60 Darstellern auf der Bühne werden ein Projektchor aus Großenlüder mit 40 Sängern und sogar ein 18-köpfiges Streichorchester unter Leitung von Martin Klüh, dem Leiter des Jugendsinfonieorchesters Fulda, das Geschehen begleiten. Die Hauptdarsteller haben bis zu 100 Sprecheinsätze. Zwar stehen zwei Souffleusen bereit, aber bis zum 8. März, der ersten Aufführung im Lüderhaus, heißt es üben, üben, üben. Seit September haben sich die Darsteller wöchentlich getroffen, erst wurden nur Texte gelesen, dann die Laufwege auf der Bühne geübt, dann die Laufwege mit Text. Jetzt wird alles zusammengeführt, die Texte werden schon teils frei gesprochen.

In Fleisch und Blut

"Ich wache manchmal nachts auf und bete meinen Text runter, damit der in Fleisch und Blut übergeht." Andreas Wahler, im Fuldaer Land bekannt als Kasper Andy, hat die Rolle des Lieblingsjüngers Jesu, Johannes, ergattert. "Alle denken, das Texte lernen fällt mir als Puppenspieler leicht, aber das habe ich in 50 Jahren immer improvisiert. Jetzt habe ich 33 Sprecheinsätze - und natürlich muss man auch die letzten Sätze der anderen kennen, um den Anschluss nicht zu verpassen. Glücklicherweise habe ich schon in der Volksschule in Sickels Theater gespielt, außerdem war ich einmal in Oberammergau als Puppenspieler im Kindergarten und habe dann dort die bekannte Aufführung gesehen."

Martin Dornberger aus Bad Salzschlirf spielt Pontius Pilatus, hat noch keine Theatererfahrung und ist durch Zufall zu den Passionsspielen gekommen: "Ich war mit meinen Kindern auf einer Kommunionfeier hier in Großenlüder und habe einen Aushang gesehen: Darsteller gesucht. So eine Aufführung ist eine gute Gelegenheit, Glaubensinhalte zu vermitteln und in dieser turbulenten verrückten Zeit, wo das soziale Gefüge durcheinanderkommt, sich auf alte Werte zu besinnen. Ich bin quasi mit meinen 62 Jahren seriös geworden."

Jesus-Sprüche von Kumpels

Frank Braun aus Eiterfeld und Sebastian Schwarzstein aus Großenlüder-Bimbach spielen Jesus, jeder vier der insgesamt acht Aufführungen. "Ich hatte gelesen, dass dringend ein Jesus gesucht wird - und spätestens wenn ich die Haare offen trage, kommen ohnehin die Jesus-Sprüche von Kumpels, also habe ich mich gemeldet", erklärt Schwarzstein. Braun, ebenso langhaarig, unkt frohgemut: "Bis März kann noch viel passieren, vielleicht wird jemand krank. Und die beinahe drei Stunden lange Aufführung ist auch nicht ohne: Das Kreuz kann umfallen, die Nägel nicht halten."

Zur Premiere sitzt dann selbst Fuldas Bischof Michael Gerber, Schirmherr der Passionsspiele, in der ersten Reihe im Lüderhaus. Trainieren für den perfekten Waschbrettbauch am Kreuz wollen aber weder Braun noch Schwarzstein: "Wir sind beide recht schlank. Außerdem sind wir ja Laien", lacht Braun. (mau) +++

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