Emotionaler Abschied

Der "kleine" Dorf-Bürgermeister Ralf Hilmes übergibt Amtsgeschäfte - Bilder

Bürgermeister Ralf Hilmes (rechts) bei der symbolischen Schlüsselübergabe an seinen Nachfolger Michael Weinert
Fotos: Hans-Hubertus Braune

12.12.2024 / NENTERSHAUSEN - Was ein emotionaler Abend in der "ausverkauften" Tannenberghalle in Nentershausen: Über 100 Bürger, Mandatsträger, Freunde und Vereinsvertreter haben sich am Mittwochabend versammelt, um einen historisch wichtigen Akt in der politischen Geschichte der Kommune am nördlichen Rand des Landkreises Hersfeld-Rotenburg mitzuerleben.



Nach 18 Jahren wechselt Amtsinhaber Ralf Hilmes vom Chefsessel ins Privatleben. Oftmals wird in diesem Zusammenhang von "Ruhestand" geschrieben - was aber zu Hilmes definitiv nicht passen würde. Er war zur turnusgemäßen Wahl im Herbst dieses Jahres nicht mehr angetreten. Sein Nachfolger Michael Weinert wurde offiziell in sein neues Amt eingeführt und vereidigt.

Zunächst aber mussten natürlich die bürokratischen Themen abgehandelt werden. Karlheinz Bornschier führte als Vorsitzender der Gemeindevertreterversammlung perfekt durch den Abend. Im Fokus stand natürlich die Verabschiedung von Hilmes. Sein Amtsvorgänger Lothar Schmidt hatte ihn ins Spiel gebracht: "Das musst Du machen". Hilmes hat es gemacht. Seit dem Jahr 2007 sitzt er als Chef im Rathaus. Seine Devise: "Erst das Amt, meine Frau und dann ich", sagte der Bürgermeister. In seiner bewegenden Rede ging er auf die Entwicklung der Kommune ein. Trotz klammer Kassen konnte gemeinsam viel erreicht werden. "Nentershausen kann sich sehen lassen, das Beste, was Nentershausen hat, sind die Bürger", sagte Hilmes und lobte wie die zahlreichen Redner das ehrenamtliche Engagement der Bürger in der gut 2.400 Einwohner zählenden Kommune.

"Wie sie mit so wenig Geld auskommen"

Für die kommunale Familie würdigten Landrat Torsten Warnecke und Thomas Rohrbach (Niederaula) als Sprecher der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister die Verdienste von Hilmes für seine Heimatgemeinde, aber auch für die gesamte Region. "Hier wird vieles praktisch angegangen", sagte Warnecke und erinnerte sich unter anderem, wie kurzerhand die Impfungen für ältere Menschen, die nicht ins Impfzentrum kommen konnten, im Dorf organisiert wurden. Mit einem Lächeln im Gesicht gratulierte der Landrat Nentershausen, "wie sie mit so wenig Geld auskommen". Warnecke lobte Hilmes als "einen Pfundskerl". Und natürlich bekamen Hilmes und sein Nachfolger, eine Stracke vom Landrat. Hilmes konterte in seiner Art und schenkte Warnecke ebenfalls, eine - etwas kleinere - Stracke.

Rohrbach brachte eine Thermoskanne vom örtlichen Hersteller mit und lobte Hilmes. "Du hast immer für, wie Du sagst, die Kleinen gesprochen. Ihr könnt auf das geleistete Stolz sein." Er überreichte zudem ein großes Bild mit den Porträts aller Rathauschefs im Landkreis Hersfeld-Rotenburg. Bürgermeister Thomas Eckhardt aus Sontra bezeichnete Hilmes ebenfalls als Freund und lobte die enge interkommunale Zusammenarbeit zwischen Nentershausen, Herleshausen und Sontra über die Grenzen der Landkreise hinweg. Aus der Partnergemeinde Brotterode-Trusetal (Landkreis Schmalkalden-Meiningen) würdigte Bürgermeister Kay Goßmann die Verdienste von Hilmes.

"Wir sind beide pleite, chronisch pleite"

"Wir haben verdammt viele Gemeinsamkeiten. Wir sind beide pleite, chronisch pleite", sagte Goßmann. Aber auch privat verbinde beide viel. Goßmann las anstatt einer Grußwortrede die Weihnachtsgeschichte "Kein Lametta". Für die politischen Gremien sprachen die Fraktionsvorsitzenden Anna-Lena Noll (SPD) und Nico Schmidt von der CDU. Noll sah ihre Erfahrungen aus der Jugendzeit bestätigt. Hilmes habe sich für die Jugendräume eingesetzt und sie wieder eröffnet. "Ich dachte mir damals, das ist ein cooler Typ, den kann man wählen." Harald Stunz vom Gemeindevorstand dankte Hilmes für die "gute, konstruktive, faire und auf Augenhöhe geführte Zusammenarbeit". Dass Kirche temperamentvoll und amüsant sein kann und darf, bewies Pfarrerin Annette König in ihrem Grußwort. "Es war immer lustig mit ihnen", fasste König zusammen. Sie schenkte einen Gutschein, denn: "Die Pizzeria könnte ohne sie nicht überleben."

Und so erfuhren die Gäste am Mittwochabend in der Tannenberghalle vieles über ihren langjährigen Bürgermeister. Etwa seine positive Verrücktheit, seinen Humor und manchmal auch seine Verbissenheit. Aber immer zum Wohl seiner Gemeinde Nentershausen. Kaum einen Termin habe er in all den Jahren verpasst. Ob er nun wirklich einen Gang zurückschaltet und tatsächlich mit seiner Ehefrau auf Reisen geht?

Für seinen Amtsnachfolger Michael Weinert beginnt ebenfalls eine neue, spannende Zeit. In wenigen Tagen wird er seine Bundeswehr-Uniform ablegen, am Freitag seine bisherige politische Tätigkeit als Vorsitzender der Gemeindevertretung in Niederaula und nächste Woche auch seinen Fraktionsvorsitz bei der Wählergemeinschaft Niederaula abgeben. Er sei stolz, Bürgermeister in seiner Heimatgemeinde sein zu dürfen. Aus seiner Zeit bei der Bundeswehr als Führungskraft nehme er viele wertvolle Erfahrungen mit. Er freute sich, dass mehrere Kameraden wie sein Nachfolger in Erfurt am Mittwoch nach Nentershausen gekommen sind. Am 01. Januar kommenden Jahres beginnt seine Amtszeit. Er wolle zunächst persönliche Gespräche mit den Mitarbeitern führen. Politisch stehe der Haushaltsplan für das Jahr 2025 ganz oben auf der Agenda.

Nach gut zweieinhalb Stunden beendete Karlheinz Bornschier die eindrucksvolle Gemeindevertretersitzung mit einem Appell an die große Politik der Welt. Kriege, Unruhe und unsichere politische Verhältnisse bewegen die Menschen. Er hoffe auf Einsicht und Frieden auf der Welt. Ob "groß", ob "klein" - das alles zählt nicht. Gemeinsam anpacken, mit Mut und Zuversicht. Ein passendes Signal aus Nentershausen im nördlichen Landkreis Hersfeld-Rotenburg. (Hans-Hubertus Braune) +++

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