Erste "König-Drosselbart"-Aufführung
Bravo: Kostüme, Bühnenbild, Musik und inhaltliche Botschaften begeistern
Fotos: goa
11.12.2024 / ALSFELD -
Wenn sich die Alsfelder Stadthalle im Dezember in einen großen Theatersaal verwandelt, dann schlägt regelmäßig die Stunde der Marktspielgruppe im Rahmen der "Wintermärchen"-Serie. Am Dienstag hob sich nun nach monatelangen Vorbereitungen und Proben endlich bei vollem Haus der Vorhang zur ersten Aufführung des diesjährigen Grimm-Klassikers "König Drosselbart".
Die Verantwortlichen hatten im Vorfeld die Erwartungslatte des Marktspiel-verwöhnten Alsfelder Publikums ganz schön hoch gelegt: Es sei vor allem durch die noch prächtigeren Kostüme das "wintermärchenhafteste Wintermärchen" aller bisherigen Aufführungen seit 2012, warben sie. Keine Sorge: wenn die Mildners, Wagners, Henkels und Zuschlags so etwas versprechen, dann können die Augen und Ohren von der ersten bis zur letzten Sitzreihe sich eines wahren Feuerwerkes toller Eindrücke sicher sein.
Werk begeistert auf der ganzen Linie
Das Sahnehäubchen der Aufführung muss aber nicht durch Augen und Ohren, sondern vom Gehirn der Zuschauer verarbeitet werden: die zeitgemäß-kritische inhaltliche Bearbeitung der Dialoge. Das sehr junge Premierenpublikum mit Kids aus Schulen und Kindergärten aus Alsfeld und Schwalmtal folgte jedenfalls dem Stück in höchst gespannter Aufmerksamkeit. Applaus und Jubel ergaben ein unzweifelhaftes Urteil: das unter der bewährten Regie von Johanna Mildner entstandene Werk begeistert auf der ganzen Linie.Valerie hat es schon nicht leicht: sie wird von der Internatschule genommen. Sie soll zwangsverheiratet werden. Eine Zicke ist sie zwar, das ist unbestreitbar, aber so eine Behandlung durch die Eltern, die sie überhaupt nicht fragen, hat wohl niemand verdient. Ihre Biestigkeit bekommt auch Prinz Hektor zu spüren, den sie doch eigentlich aus der Kindheit her mochte – nun muss er sich schnippisch als "König Drosselbart" betiteln lassen. Das Dutzend Schauspieler nimmt uns mit auf die Reise durch die Emotionalität von Valerie und ihren Weg des Erkenntnisgewinns: viele andere haben sich ihr gegenüber falsch verhalten. Rücksichtslos, unachtsam, egoistisch – aber sie hat ja wohl auch selbst genügend Fehler anderen gegenüber gemacht!
Mucksmäuschenstille…!
Chapeau an Johanna Mildner und Jenny Wagner: wieder einmal haben sie einen überlieferten Märchenstoff, diesmal wieder einen aus dem Hause Grimm, modern aufbereitet, man könnte ohne Übertreibung sagen: aufgewertet und in die Gegenwart transformiert. So gelingt es selbst den Jüngsten, bei nur einer Pause ihre Aufmerksamkeit zwei Stunden lang auf das Stück zu richten. Egal wie alt, jeder spürt den Zauber der Entwicklung im Stück und es ist mucksmäuschenstille im Saal, als das Eis bricht: Menschen geben eigene Fehler zu und bitten andere um Entschuldigung. Selbst Zicke Valerie kann nun über ihren Schatten springen und lenkt so das Schicksal (Achtung Spoiler!) in Richtung des Happyends. "Krass, aber sehr schön!" – Elfjähriger Newcomer
Nachwuchs-Schauspieler Anton Soßdorf ist als König Ottokars Laufbursche Tom bei dem 2024er Wintermärchen zum ersten mal dabei. Mit 11 Jahren ist der Storndorfer der Jüngste im Ensemble. "Ich habe in der Schule schon viel in der Theater-AG mitgespielt, die gibt es jetzt leider nicht mehr", gibt er schon außerordentlich routiniert zu Protokoll. "Das macht mir hier mit der Marktspielgruppe sehr viel Spaß, alle sind wirklich sehr nett", freut sich Anton über die freundliche Aufnahme bei seinem Debut. Die Professionalität der Aufführung in der Stadthalle beeindruckt ihn zwar, überfordert ihn aber keineswegs: "Bisher gab da wo ich theatergespielt habe ja keinen Vorhang, keine Kulissen, keine so tollen Kostüme und keine Musikbegleitung wie jetzt. Das ist schon krass hier, aber wirklich sehr schön!". Und die hunderten von Menschen im Publikum? "Wenn alle vor dir sitzen und dich angucken, bist du zwar aufgeregt, aber du weiß, du kannst es schaffen – und dann machst du das auch so. Applaus und die Lacher sind sehr schön, da fühlst du, dass du deinen Auftritt gemeistert hast!" Antons Fazit steht schon nach dem ersten Auftritt fest: "Ich mache hier nächstes Jahr auch gerne weiter!".Bei der Premiere von Anton und dem Rest des Ensembles war sogar die Hessenschau vor Ort. Ein Filmbeitrag soll in der Mittwochabendsendung ausgestrahlt werden, wusste Simone Schneider von der Stabsstelle Kultur der Stadt Alsfeld zu berichten.
Timea Kneip, Johann Kraus, Merit Ehrhardt-Gerst, Fee Pabst, Emil Dimroth, Frieda Kraus, Helmut Berger, Silvia Völker, Holger Meier-Schabl, Bianka Ehrhardt-Gerst, Jenny Wagner, Anton Soßdorf.
Die öffentlichen Vorstellungen finden statt am Sonntag, 15.12., 15 Uhr und 22.12., 11 Uhr, Freitag, 27.12., 15 Uhr und Samstag, 28.12., 15 Uhr. (goa)+++