HerzerwärmerndesTheater mittendrin

Besitz auf Kosten anderer? Herrliche Rapunzel-Inszenierung für Groß und Klein

Barbara Gottwald als schwangere Frau und Rapunzel und Christoph Gottwald als verunsicherter Ehemann, Zauberin und Prinz.
Fotos: Christof Krackhardt

07.12.2024 / FULDA - Helikoptereltern, überversorgende Mütter, verunsicherte Väter, Wünsche auf Kosten anderer: die Botschaften, die hinter der Rapunzel-Inszenierung des Theater mittendrin steckten, hätten nicht aktueller sein können. Und dennoch war die Vorstellung von Barbara und Christoph Gottwald vor allem eines: herzerwärmend, voller Musik und lautstarkem Kinderlachen im "Wohnzimmertheater von Fulda".



Die Geschichte ist bekannt: eine schwangere Mutter hat Heißhunger auf Rapunzelsalat. Ihr Mann soll diesen aus dem Garten der Nachbarin, einer Zauberin, stehlen. Doch die Besitzerin erwischt ihn beim Pflücken und in seiner Not verspricht er ihr aus purer Verzweiflung sein ungeborenes Kind, will er doch in diesem Moment einfach das dringende Bedürfnis seiner Frau stillen. Das neugeborene Mädchen, folgerichtig auf den Namen Rapunzel getauft, wird von der Zauberin mitgenommen und in einen Turm gesperrt, um sie von den Augen der Welt verschwinden zu lassen und ganz dem eigenen Besitzanspruch zu genügen. Glücklicherweise erscheint in Rapunzels Jugendalter ein Prinz, der den Turm erklettert, mit Rapunzel flieht und beide nach einigen Unwägbarkeiten ihr gemeinsames Glück finden.

"Wir gehen immer spazieren", erzählt Barbara Gottwald zur Premierenfeier des Stücks. "Am liebsten durch den Wald. Dann sprechen wir über das Märchen, dem wir uns angenommen haben und schauen, was da drin steckt, was die Figuren bewegt und welche Fragen mit der Handlung einhergehen. Und wir lesen die Märchen immer und immer wieder, um nichts hineinzudeuten, was dort nicht ist." In der Tat hat das Künstlerehepaar hier den Nagel auf den Kopf getroffen und genau die richtigen Fragen gestellt: ein gesundes Ego schadet sicher keinem. Doch wie viel Ego darf sein, wenn es auf Kosten anderer geht? Wie viele Wünsche, die rein von Besitz und Konsum geprägt sind, sind akzeptabel? Akzeptiere ich damit immer auch, dass andere dafür etwas opfern müssen? Wie viel Überbehütung darf sein auf Kosten der Freiheit und Selbstwirksamkeit anderer?

Für die Kinder, die im Theater saßen, wurden diese Botschaften freilich kinderfreundlich verpackt und spannend erzählt: es gab Musik und Gesang, es gab wunderbar komische Fangspiele um den Rapunzelturm, es gab Schmetterlinge und ein selbst gebautes Bühnenbild, dass auch die Erwachsenen staunen ließ. Es war für jedes Alter etwas dabei im Theater mittendrin und bot damit genau das richtige Erlebnis zu Weihnachtszeit: eine Mischung aus Freude, herzlichem Lachen und purer Kindheit und zugleich ein bisschen Innehalten in der für manche hektischsten Zeit des Jahres.

Weitere Vorstellungen des Märchens für Kinder und Erwachsene laufen noch im Dezember und sind unter www.theater-mittendrin.de nachzulesen. Karten gibt es ebenfalls online oder unter 0661 / 29195737.(Anne Baumann)+++

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