Mit App und weniger Blut

Oberärztin Maria Sandu stellt Blutzuckermessung mit neuartigen Systemen vor

Oberärztin Maria Sandu stellt in ihrem Vortrag die Vorteile der Blutzuckermessung im Gewebe vor, die eine engmaschige BZ-Kontrolle fast ohne blutige Messungen erlaubt.
Foto: Kreiskrankenhaus Alsfeld

25.11.2024 / ALSFELD - Etwa fünfmal am Tag und rund 365 Mal im Jahr: Der kleine Piks am Finger für die Blutzuckermessung kann auf Dauer lästig werden. "Daher erfreut sich die sogenannte kontinuierliche Gewebezuckermessung – auch ‚Continuous Glucose Monitoring‘ (CGM) – immer größerer Beliebtheit bei Menschen mit Typ-1- oder Typ-2-Diabetes", weiß Dr. Maria Sandu, Oberärztin der Inneren Medizin am Kreiskrankenhaus des Vogelsbergkreises in Alsfeld (KKA).



Doch wie funktionieren diese überhaupt? Welche Vorteile gibt es und worauf muss geachtet werden, um aussagekräftige Messwerte zu erhalten? Fragen, auf die die Expertin nun im Rahmen der Vortragsreihe am KKA Antworten gibt.

CGM-Systeme messen den Zuckerwert im Unterhautfettgewebe und senden die Daten dann an ein Messgerät, eine Smartwatch, eine App auf dem Smartphone oder eine Insulinpumpe. "Interessant sind die Systeme für alle Menschen mit Typ-1-Diabetes, für Menschen mit Typ-2-Diabetes und einer intensiven Insulintherapie. Auch wenn eine gefährliche Unterzuckerung oft nicht früh genug erkannt werden kann oder beispielsweise in der Schwangerschaft, mit vorbestehendem insulinvorbehandeltem Diabetes, können sie erfolgreich eingesetzt werden", weiß die Expertin.

Sensor kann den Piks in den Finger ersetzen

Statt des Piks in den Finger reicht bei den CGM-Systemen meist ein aufgeklebter Sensor, der im Unterhautfettgewebe die Zucker-Konzentration misst. "Die Werte sind in den ersten 24 Stunden nicht ganz so aussagekräftig, und man muss zusätzlich mit dem herkömmlichen Gerät messen, um sicherzugehen", sagt Dr. Sandu. Ihre Stärken spielen die Systeme allerdings in der Zeit danach aus. "Die Sensoren liefern bis zu zwei Wochen lang detaillierte Datenreihen", sagt Dr. Sandu. Das ist gerade für Menschen interessant, die zu Unterzuckerung neigen. "Diese kann sehr gefährlich werden – nicht aber, wenn die App schon einen BZ-Trend anzeigt oder ab einem individuell festgelegten Grenzwert Alarm schlägt", erklärt Dr. Sandu. So bleibt genügend Zeit, um Schlimmeres zu verhindern. "Die Erfahrung zeigt, dass Patientinnen und Patienten, die zu Unterzucker neigen, diesen mit den Systemen gut im Griff haben", ergänzt die Expertin.

Weiterer Pluspunkt von CGM-Systemen ist, dass sie die Auswertung von Langzeitdaten erlauben. "Sie ersetzen aber noch nicht die blutige Messung des HBA1C-Werts", schränkt Dr. Sandu ein. Dieser Wert misst die Anzahl roter Blutkörperchen, die mit Zuckerresten verknüpft sind, und lässt so Rückschlüsse auf den Zuckerstoffwechsel der zurückliegenden bis zu 12 Wochen zu. "Dieser lässt sich allerdings nur mittels Arztbesuch und Labordiagnostik bestimmen. Die CGM-Systeme bieten hingegen vergleichsweise aussagekräftige Werte zu Diagnose- und Therapiezwecken, die relativ einfach – etwa als PDF an den Hausarzt – weitergegeben werden können", sagt Dr. Sandu.

Zuckerwerte konstant halten

"Ziel einer Diabetes-Therapie ist es, relativ konstante Zuckerwerte zu halten, um die Folgeerkrankungen des Diabetes zu vermeiden, vor allem vor Gefäßkomplikationen zu schützen. Auch soll die gefährliche Unterzuckerung verhindert werden, und für beide Fälle sind die verschiedenen CGM-Systeme brauchbar", resümiert Dr. Sandu. Einige helfen darüber hinaus dabei, den Alltag zu dokumentieren. "Ich kann direkt in die App eintragen, was ich wann gegessen habe, wann ich Insulin gespritzt, mich bewegt oder Sport getrieben habe", sagt die Expertin. Das bietet entscheidende Vorteile für eine erfolgreiche Therapie und hilft vielen Patienten dabei, ihren Lebensstil zu optimieren.

Viele Krankenkassen übernehmen die Kosten für die Geräte und die Sensoren, "ein genauer Blick hilft dabei weiter. Außerdem bieten manche Hersteller Probesensoren an, mit denen Patienten ausprobieren können, ob das System für sie geeignet ist", informiert die Medizinerin abschließend. (pm)+++

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