Stimmen aus der Region
Kritik an der Krankenhausreform: "Versorgung wird sich verschlechtern"
Symbolfoto: ON/Carina Jirsch
23.11.2024 / REGION -
Der Bundesrat hat am Freitag über die Krankenhausreform entschieden (OlN berichtete). Der Plan von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) kann damit umgesetzt werden. Eine Neustrukturierung der Kliniken folgt. Wie stehen die osthessischen Gesundheitsexperten der neuen Entscheidung gegenüber?
Priv.-Doz. Dr. med. Thomas Menzel: "Die Entscheidung des Bundesrats macht den Weg frei für die Krankenhausreform. Damit verbunden ist der klare Auftrag an alle Stakeholder, die angemahnten Verbesserungen an diesem Gesetz jetzt gemeinsam voranzubringen. Die Verknüpfung von Krankenhausplanung und -Finanzierung, die in diesem Gesetz vollzogen, wird die Krankenhauslandschaft in Deutschland nachhaltig prägen."
Michael Sammet, Geschäftsführer der Vinzenz Gruppe Fulda, Herz-Jesu-Krankenhaus Fulda, St. Vinzenz-Krankenhaus Hanau sowie Vizepräsident der Hessischen Krankenhausgesellschaft (HKG): "Es ist bedauerlich und auch fahrlässig, dass nun eine Reform im Blindflug auf den Weg gebracht wurde, ohne die konkreten Auswirkungen auf die Versorgung der Bevölkerung in Deutschland und in den jeweiligen Regionen zu kennen. Wir haben nun ein Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz, das das Gegenteil von dem bewirken wird, was sein Name verspricht. Es ist unstrittig, dass wir eine Reform benötigen. Das Gesetz in dieser Form jedoch wird die Versorgung in vielen Regionen Deutschlands massiv verschlechtern oder auch dazu führen, dass die Versorgung komplett wegbrechen wird. Insbesondere im ländlichen Bereich wird es zu massiven Versorgungsengpässen sowie einer Medizin der Wartelisten kommen. Die Länder als Planungsbehörde haben nun nahezu keinerlei adäquaten Spielräume, um regionale Besonderheiten bei der ihnen obliegenden Krankenhausplanung dauerhaft zu berücksichtigen und die flächendeckende Versorgung in ihren Bundesländern zu gewährleisten.
Ein Gesetz mit großen Fehlern, was handwerklich nicht zu Ende gebracht wurde. Die starren und teilweise immensen Personalvorgaben als Voraussetzung zur Erbringung von bestimmten Leistungen werden das stationäre Leistungsangebot massiv begrenzen, da es das Fachpersonal in dieser Menge überhaupt nicht gibt. Wir haben jetzt bereits die Situation, dass insbesondere in der Notfallversorgung in vielen Regionen Deutschlands und auch im Raum Fulda die stationären Kapazitäten oft erschöpft sind und der Rettungsdienst längere Transportwege in Kauf nehmen muss, um Patienten in umliegende Kliniken zu bringen für eine entsprechende medizinische Versorgung. Mit dieser Reform wird sich dies weiter zuspitzen.
Finanzielle Lage der Kliniken wird sich weiter verschärfen
Entgegen der Behauptung von Herrn Lauterbach wird sich die marode finanzielle Lage der Kliniken noch weiter verschärfen, da das Gesetz keine kurzfristige wirtschaftliche Stabilisierung der Kliniken beinhaltet und somit wird die Insolvenzwelle der Kliniken eine neue Dynamik bekommen. Viele Krankenhäuser in Deutschland werden den Reformprozess womöglich angesichts des wirtschaftlichen Drucks nicht überleben - unabhängig davon, wie die Qualität ist oder ob sie für die Versorgung der Bevölkerung benötigt werden oder nicht. Ausschlaggebend wird einzig und alleine die Frage sein, wer in finanzieller Hinsicht am längsten durchhalten kann. Die Bevölkerung wird die negativen Auswirkungen sukzessive zu spüren bekommen. Dafür müssen sich Herr Lauterbach und seine Parteikollegen zukünftig verantworten. Kein guter Tag und keine guten Aussichten für die Krankenhausversorgung in Deutschland."