Bilderserie von Jonas Wenzel

Konzert der Chöre am Dom mit Bruckner, Brahms und Schubert

Konzert der Chöre am Dom mit Bruckner, Brahms und Schubert
Fotos: Jonas (Yowe) Wenzel

18.11.2024 / FILDA - Zwischen Abschied, Zuversicht und tief empfundener Frömmigkeit bewegte sich das Herbstkonzert der Chöre am Dom. Am Vorabend des Volkstrauertags präsentierten die Sängerinnen und Sänger unter der Leitung von Domkapellmeister Franz-Peter Huber und begleitet vom Ensemble L’arpa festante Werke von Brahms, Schubert und Bruckner.



Es ist ein fester Termin im Kulturkalender der Barockstadt: das Herbstkonzert der Chöre am Dom. Nicht, weil die Aktiven des Domchores und des JugendKathedralChors Fulda mit ihrem gemeinsamen großen Auftritt in der dunklen Jahreszeit stets für eine voll besetzte Kirche sorgen.

Sondern weil sie sich nicht darauf verlassen geschweige denn darauf ausruhen, dass sie längst eine Art Selbstläufer geworden sind. Wieder und wieder gelingt es ihnen, sich von jeglicher Komfortzone fern zu halten. Sie suchen die Herausforderung und nehmen ihr Publikum dabei mit. Auch auf dunkle Pfade. So geschehen am Samstag, als Anton Bruckners "Requiem in d-Moll" im Zentrum des Programms stand, eingeleitet vom "Schicksalslied" von Johannes Brahms und einer Trauermusik sowie einer Psalmvertonung von Franz Schubert.

In seiner Begrüßung sprach Bischof Dr. Michael Gerber vom Ungewissen und davon, wie sehr Flucht und Migration unsere Gegenwart bestimmten. "Wo gehen wir hin?", fragte er und betonte unser aller Grenzerfahrung. Eben diese manifestiere sich in denWerken der drei Komponisten des Abends.

In die Vollen gingen die Chöre gleich zu Beginn mit der Brahms-Vertonung von Friedrich Hölderlins Hyperion-Gedicht "Schicksalslied". Dabei gelang es ihnen unter der Ägide von Domkapellmeister Huber, die beiden Ebenen – die himmlische Götterwelt und das irdische Jammertal – klar darzustellen. Die druckvoll-dynamische Ausführung wurde untermauert vom Ensemble L’arpa festante, das quasi schon zum festen Bestand dieser Domkonzerte gehört. Nebenbei: Auch dieses zunächst auf Alte Musik fokussierte Münchner Originalklang-Orchester verlässt längst seine gewohnten Pfade.

Zwei "Miniaturen", wenn man so will, wussten anschließend zu begeistern: Die geradezu hymnisch-klangvolle Schönheit von Chormusik bewiesen die Sängerinnen und Sänger bei Bruckners kurzer, aber einfach wunderbarer Motette "Locus Iste". Und welch große Kraft gerade im Schlichten und Einfachen steckt, wurde bei Schuberts "kleiner Trauermusik" erfahrbar. Dieses instrumentale "Zwischenspiel", wobei dieser Begriff geradezu despektierlich erscheint, ließ das Publikum erleben, dass tiefe Emotionen alles andere als dramatische musikalische Gesten brauchen. Auch Schuberts Vertonung des 23. Psalms ("Gott ist mein Hirt") zielte in der am Samstag zu erlebenden Klarheit ohne Umschweife auf die Herzen aller Anwesenden ab. Das war bewegend.

Von tiefer Frömmigkeit geprägt ist selbstredend die liturgische Totenmesse, Bruckner verstärkte dieses Empfinden natürlich mit seinem "Requiem in d-Moll", das er selbst zweimal mit großem zeitlichen Abstand revidierte – ein Hinweis auf seine (fast) lebenslange Verbundenheit. Mehr noch: Der Komponist hatte es mit Mitte 20 geschrieben und bewertete es im Alter von 70 Jahren mit: "Es is’ net schlecht!" Understatement würde man das heute nennen.

"Net schlecht" in eben diesem Sinne wurde das Requiem in Fulda zu Gehör gebracht. Sensibel in allen Nuancen interpretierten die Dom-Chöre ihre Partien, das großartige Orchester empfahl sich einmal mehr als fundiertes Ensemble, das man gerne auch mal als Solitär in Fulda erleben möchte. Hinzu kamen hier nun die Solistinnen und Solisten: Tina Bier mit starkem, effektvollen Sopran, Elvira Bills ausnehmend schöne Altstimme, der klare Tenor von Wolfgang Klose und Dominik Wörners geschmeidiger Bass.

Und auch das ist so etwas wie Musik gewordener Glaube: Anton Bruckners von bewegten und bewegenden Gefühlen, von anziehender und abfallender Anspannung geprägtes Requiem endet in Ruhe und Stille. Ist das die Zuversicht, die hinter all dem steckt? Jedenfalls verharrte das Publikum zunächst einen Moment, nachdem der letzte Ton verklungen war. Um anschließend umso lauter, länger und stärker zu jubeln. (Anke Zimmer) +++

X