Podiumsdiskussion
Facharzttermin in sechs Monaten: Regionale Experten erklären Gründe
Fotos: Marius Auth
08.11.2024 / FULDA -
Einen Facharzttermin zeitnah zu bekommen, das ist für viele Osthessen beinahe unmöglich geworden. Um zu diskutieren, was dagegen getan werden kann, hatte der SPD-Stadtverband Fulda am Donnerstagabend zur Podiumsdiskussion mit regionalen Experten ins Parkhotel Kolpinghaus in Fulda geladen.
Nicht nur die Facharztproblematik treibe die Menschen um, gerade Menschen mit Migrationshintergrund hätten häufig Probleme, auch nur einen Hausarzt in der Region zu finden, erklärte Robert Vey vom SPD-Stadtverband Fulda, der zur Podiumsdiskussion Dittmar Happel, den Leiter der Zentralen Notaufnahme am Klinikum Fulda, Simone Del Duca, die Geschäftsführerin der MVZ Osthessen GmbH sowie Dr. Ralf George, den stellvertretenden Vorsitzenden des Gesundheitsnetzes Osthessen, begrüßte.
Ärztliche Überversorgung Fuldas
Eine ärztliche Überversorgung Fuldas von 114,2 Prozent in der Bedarfsplanung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen bedeute keine Überversorgung der Patienten in den Praxen, so George: "Es gibt Ärzte mit Hausarztsitz, die sich hauptsächlich mit sportmedizinischen Problemen befassen. Es braucht eine Quote: Ein Anteil derer, die auf einem Hausarztsitz arbeiten, muss auch entsprechend tätig sein. In der Planung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen kommen auf einen Hausarztsitz 1.607 Bürger, ein Urologe dagegen muss 50.000 Einwohner versorgen - diese Fälle sind aber auch verplant, wenn der Urologe sich anders betätigt."Dazu komme, dass rund 30 Prozent der momentan tätigen Ärzte Babyboomer seien, die in den nächsten fünf Jahren ihre Praxis aufgeben. Für junge Ärzte sei dagegen eine Niederlassung nicht mehr so attraktiv wie früher, nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen. Für eine MVZ-Gründung brauche es drei angestellte Ärzte, um einen niedergelassenen zu ersetzen. Del Duca ergänzte, dass eine Zulassung heute mit zwei bis drei Ärzten betrieben werde, was die Anzahl der benötigten Ärzte zusätzlich erhöhe. Man setze große Hoffnung in den Campus am Klinikum Fulda zur Fachkräftegenerierung.
Steigerungsrate bei Bagatellverletzungen
Zusätzlich zur grenzwertigen Versorgungslage komme die Steigerungsrate bei Bagatellverletzungen in der Notaufnahme, so Happel: 25 bis 30 Prozent mehr Menschen kämen mit kleineren Verletzungen, allein dieses Jahr rechne man mit mehr als 50.000 behandelten Patienten, 25 Prozent mehr als noch vor zehn Jahren. Auf die Frage, wie man mehr junge Menschen fürs Medizinstudium und die darauffolgende Arbeit in der Provinz begeistern könne, gab George zu bedenken, dass ein Einser-Abiturient eventuell später auch nicht in der Rhön arbeiten wolle. Bei der extrem langen Ausbildungszeit stünden die Fachkräfte außerdem erst in 13 bis 15 Jahren dem Markt zur Verfügung. Die extrem zeitverzögerte Vergütung von Leistungen durch die Kassenärztliche Vereinigung sei zudem ein wirtschaftliches Risiko und schrecke gerade junge Ärzte ab, so Del Duca. (mau) +++