Aufwärtstrend beobachtet
Mehr Luchse als in den Vorjahren in Hessen
Fotos: HLNUG-Monitoring
07.11.2024 / REGION -
Auch im Luchsjahr 2023/24 ist die Anzahl der in Hessen beobachteten Luchse erneut gestiegen. Insgesamt konnten neun selbständige Luchse und zusätzlich vier Jungtiere im Grenzgebiet zwischen Hessen und Niedersachsen nachgewiesen werden. Einige dieser Tiere dürften ihr Hauptstreifgebiet in Niedersachen haben, Hessen werden vier bis fünf dieser selbständigen Luchse zugeordnet. Das geht aus dem Luchsbericht 2023/24 hervor, den das Hessische Umweltministerium, das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (Hlnug) und der Arbeitskreis Hessenluchs heute in Wiesbaden vorgestellt haben. Insgesamt konnten von Mai 2023 bis April 2024 82 Luchshinweise dokumentiert werden – sechs mehr als im Vorjahr.
Thomas Norgall, Naturschutzreferent des hessischen Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und einer der Koordinatoren des Arbeitskreises Hessenluchs, erklärt: "Hessen profitiert nun im zweiten Jahr von der positiven Bestandsentwicklung der Harzpopulation des Luchses. Allerdings wachsen Luchspopulationen nur langsam, und wir haben in Hessen schon erlebt, dass Krankheiten die geringe Individuenzahl drastisch reduzieren können."
Gesicherte Nachweise ausschließlich aus Nord- und Nordosthessen
Ein Großteil der 82 Hinweise auf Luchse konnte als gesichert eingestuft werden. Diese stammen ausschließlich aus Nord- und Nordosthessen und wurden überwiegend durch Fotofallen erbracht. Außerdem gab es genetische Nachweise von zwei weiblichen Luchsen.Erneut Weibchen mit Jungtieren im Reinhardswald festgestellt
Wie bereits in den Vorjahren 2019/20 und 2022/23 konnte erneut ein Luchsweibchen mit Jungtieren im Reinhardswald festgestellt werden. Die Jungen kamen wahrscheinlich in Hessen zur Welt, könnten aber auch – wie 2019 geschehen – im niedersächsischen Solling geboren worden sein. In jedem Fall wird deutlich, dass sich Weibchen mit Jungen wiederholt im Reinhardswald aufhalten.Vorkommen von sesshaften Luchsen macht dauerhafte Reproduktionen in Hessen wahrscheinlich
Insgesamt konnten in Hessen vier sesshafte Luchse sicher nachgewiesen werden: das Weibchen mit Jungtieren im Reinhardswald, ein weiteres Weibchen sowie ein Männchen in Nordosthessen und ein Männchen im Bramwald. Dies lässt auf weiteren Luchsnachwuchs hoffen: Denn je mehr Luchse sich in Hessen niederlassen, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie sich auch dauerhaft vermehren. Unterstützt wird dies durch ein Aussetzungsprojekt verschiedener Akteure unter Federführung des BUND Thüringen im Thüringer Wald, welches im Mai 2024 gestartet ist.Hintergrund
1833 soll im Odenwald der letzte Luchs erlegt worden sein, danach galt die Art in Hessen ausgerottet. Der Arbeitskreis Hessenluchs konstituierte sich im Mai 2004 auf Initiative des Ökologischen Jagdvereins Hessen (ÖJV) und des Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland, Landesverband Hessen (BUND). Weitere tragende Organisationen sind die Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Waldwirtschaft Hessen (ANW), der Bund Deutscher Forstleute (BDF), die Hessische Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz (HGON), der Naturschutzbund Hessen (NABU) und die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald Hessen (SDW) sowie der Landesbetrieb Hessen-Forst.Seit 2007 erstellt der Arbeitskreis (AK) Hessenluchs jährlich den Luchsbericht im Auftrag des Landes Hessen. Im AK arbeiten Naturschützerinnen und Naturschützer, Forstleute, Jägerinnen und Jäger aus verschiedenen Verbänden zusammen. Ziel ist eine sachgerechte Information über den Luchs in Hessen. Arbeitsgrundlage sind die Belege für das Vorkommen des Luchses in Hessen (Sichtungen, Fährten und andere Nachweise), die vom Arbeitskreis gesammelt, bewertet und in einem hessenweiten Luchsregister zusammengeführt werden.
2011 wurde mit Fotofallen des BUND Hessen im Forstamt Melsungen erstmals wieder Reproduktion nachgewiesen. Durch die in den folgenden Jahren im Auftrag des Hlnug betreuten umfangreichen Fotofallenprojekte gelang die Dokumentation der Reproduktion von Luchsen zwischen 2010 und 2015. 2016 konnte keine Reproduktion festgestellt werden. Seit 2014 führt das Hlnug ein eigenes Fotofallenmonitoring zum Luchs durch, bis zum Jahr 2021 wurde dies im Rahmen eines Kooperationsprojekts mit der Uni Göttingen betrieben.
Die Luchsdatenerfassung ist die primäre Aufgabe der rund 50 regionalen Luchsbeauftragten, die auch Ansprechpersonen für die Bevölkerung bei allen Fragen zum Luchs in ihren Landkreisen sind. Die erfassten Daten fließen im Hlnug in die Gesamtdatenbank ein, wo sie als Teil des Monitorings der streng geschützten Arten der FFH-Richtlinie (Fauna-Flora-Habitatrichtlinie) geprüft und weiterbearbeitet werden. (kg/pm) +++
Archivfoto: O|N/ Hans-Hubertus Braune