"Von unschätzbarem Wert"
Historisches Erbe von Heilbadgründer Dr. Martiny Heimatfreunden übergeben
Fotos: Gemeinde Bad Salzschlirf
05.11.2024 / BAD SALZSCHLIRF -
"Das ist das wertvollste und historisch bedeutsamste Geschenk, welches die Heimatfreunde in ihrer Geschichte entgegennehmen konnten. Für das kultuelle Erbe unseres Heilbades ist es von unschätzbarem Wert", freut sich Christian Bornträger, der 1. Vorsitzende des Vereins. Aus den Händen des Ururenkels Dr. Friedrich Martiny konnte er einen ganzen Ordner mit Original-Urkunden, -Patenten und -Zertifikaten entgegennehmen.
Das meldet jetzt die Gemeinde Bad Salzschlirf. "Ganz besonders ist hier die Promotionsurkunde von Dr. med. Eduard Martiny aus dem Jahre 1832, die in einem ausgesprochen guten Zustand ist.
Urkunden überstehen zwei Weltkriege
Man muss sich einmal vor Augen halten, dass wir hier fast 200 Jahre alte Dokumente vor uns liegen haben, die zwei Weltkriege überstanden haben", so Bornträger. Der Nachfahre Dr. Friedrich Martiny ergänzt, "wir haben die Urkunde bereits von einer Fachfirma sanieren lassen, um sie für die Nachwelt zu erhalten. Nun haben wir uns in der Familie dazu entschlossen, dass die Dokumente in seinem ‚Heilbad‘ in gute Hände kommen sollen.""Wir werden die Dokumente hüten wie einen Schatz", versichert Bornträger. "Man muss wissen, dass Dr. med. Eduard Friedrich Gotthilf Martiny für Bad Salzschlirf so viel bedeutet wie beispielsweise Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich von Schiller für Weimar. Nur durch seine Vision aus Salzschlirf ein Heilbad zu machen, seinen unermüdlichen Einsatz und sein Durchhaltevermögen ist der Weg dahin geebnet worden. 1876 verstarb Martiny und er hat es leider nicht mehr erlebt, wie sein Badeort gewachsen ist. Lediglich den Bau des Kurhauses (heutige Kurpark-Residenz) im Jahre 1875 konnte er als Meilenstein noch miterleben.
Ein ganzer Ort entwickelte sich dadurch über viele Jahrzehnte rasant und positiv. Im Kurpark enstand unter anderem das größte Theater in der Region und Stars wie Heinz Rühmann, Inge Meysel oder Ingrid Steeger spielten "auf den Brettern, die die Welt bedeuten", wie Schiller einst sagte.
Dr. Martiny war verwandt mit J. W. von Goethe
Ach da war ja noch etwas - Johann Wolfgang von Goethe. Dr. Eduard Martiny war sogar verwandt mit dem großen Dichter. Die Frau von Dr. Martiny, Emma Martiny geborene Lange, war die Tochter von Johann Friedrich Ludwig Lange aus Wetzlar (1760-1836); dieser war der Sohn von Johann Friedrich Lange aus Wetzlar (1724-1822); dieser wiederum war der Bruder von Catharina Elisabeth Goethe, geborene Lindheimer (1731-1808) und diese war die Mutter von Johann Wolfgang von Goethe.Und so kam es! In seinen letzten Lebensjahren musste er sich körperlich gebrochen, finanziell ruiniert und widerwillig von seiner Schöpfung trennen. Denn nachdem eine Gesellschaft zum Weiterbetrieb des Bades gegründet wurde, ist er entlassen worden. Er wurde dann Badearzt in Bad Orb, erkrankte dort aber schwer und wurde von seinem Schwiegersohn wieder nach Bad Salzschlirf zurückgeholt.
Ehrenbürgerrecht für Dr. Eduard Martiny
Wohlwissend um die großen Verdienste verlieh der damalige Bürgermeister Iller im März 1876 Dr. Martiny das Ehrenbürgerrecht mit den Worten "Dem Herrn Sanitätsrath Dr. Martiny Verleihe ich im Namen der ganzen Gemeinde Salzschlirf, das Recht, eines Ehrenbürgers hiesiger Gemeinde und zwar, in Anerkennung seines langjährigen, segensreichen Wirkens, als Arzt, insbesondere als Freund und uneigennütziger Berather aller Armen und Bedrängten unserer Gemeinde. Möge der Herr Sanitätsrath Dr. Martiny noch recht lange in unserer Mitte verbleiben."Auch dies wurde ihm verwehrt; ein halbes Jahr später verstarb er nach langem schwerem Leiden im 67. Lebensjahr am 24. September 1876. Der katholische Pfarrer Schumann beerdigte den Protestanten Dr. Martiny an der katholischen Kirche mit den Worten: "Dem Bade gab er das Leben, das Bad gab ihm den Tod". Bevor er starb, sprach er zu seiner Tochter: "Sage deinen Brüdern, sie sollen keinen Stein auf mich werfen, dass ich ihnen kein Vermögen hinterließ, aber ich musste durch das Elend und die Ungunst der Zeiten der armen, leidenden Menschheit ein unschätzbares Gut hinterlassen."
Dr. Eduard Martiny sollte Recht behalten. Trotz der einschneidenden Gesundheitsreform in den 1990er Jahren und dem wiederholten Kraftakt das ‚Bad‘ zu erhalten, strahlt das Heilbad heute mit seinen vier Kurkliniken, den Hotels und Penionen nach außen. Auch heute noch machen sich die Kurgäste die heilende Wirkung des Heilwassers zu Nutze.
Die Urkunden werden zukünftig die Ausstellung des Heimatmuseums bereichern und erweitern. Geöffnet ist das Museum immer am 2. und 4. Sonntag im Monat von 14.30 Uhr bis 17.00 Uhr. (mau/pm) +++