Heilige und Alltagshelden als Teamplayer

Allerheiligen: Bischof Gerber beschreibt neue Perspektive

Für Bischof Dr. Michael Gerber ist die Bedeutung des Feiertags klar: Nicht nur historische Persönlichkeiten sollen zu Helden erhoben werden, besonders wichtig sind die Alltagshelden
Fotos: Rene Kunze

02.11.2024 / FULDA - Anlässlich des Hochfestes Allerheiligen warnt Bischof Dr. Michael Gerber davor, historische Persönlichkeiten eindimensional zu Helden zu erheben. Das gelte besonders auch für Heilige. Gerade am Festtag Allerheiligen gelte es darüber hinaus, die Alltagshelden in den Blick zu nehmen – und im Austausch mit anderen Menschen selbst einen Beitrag zum Gemeinwohl zu leisten.



Viele Straßen und Plätze sind nach historischen Persönlichkeiten benannt. Einige dieser Namen rücken heute durch eine kritische Betrachtung in ein anderes Licht als zum Zeitpunkt der Benennung. Die daraus folgenden Diskussionen um mögliche Umbenennungen von Straßen und Plätzen nutzte Bischof Dr. Michael Gerber am Freitag als Beispiel für einen differenzierteren Umgang mit der Vergangenheit: "Dieses wachsende kritische Bewusstsein, das einmal gezeichnete Bild einer historischen Persönlichkeit nicht ungefragt zu übernehmen, halte ich für einen deutlichen Gewinn", betonter er während seiner Predigt zum Hochfest Allerheiligen im Fuldaer Dom.

Kritischer Blick

Wurde Geschichte lange Zeit einseitig aus Sicht der Gewinner beschrieben, nehme seit einiger Zeit die Tendenz zu, sie auch aus der Perspektive der ‚kleinen Leute‘ oder der Verlierer zu beschreiben – und dabei auch historische Persönlichkeiten kritisch in den Blick zu nehmen, unterstrich Gerber. So herausfordernd diese Perspektive für die Kirche sei, so sehr passe sie auch zu der Art und Weise, wie die Evangelien Geschichte beschreiben, betonte der Bischof: "Aus der Sicht derer, die zu kurz gekommen sind, als Aussätzige, Blinde, Lahme oder psychisch Kranke."

Dabei betonte Gerber, dass auch Heilige keine perfekten Menschen seien. "Heilige sind Menschen, die ihre dunklen Seiten kennengelernt haben und um deren Gefährlichkeit wissen", erklärte er und nannte Petrus und Paulus als Beispiele. Zur Heiligkeit gehöre die Annahme dieser dunklen Seiten. Dies gelingt Christinnen und Christen und insbesondere Heiligen aus ihrer tieferen Beziehung zu Gott.

Teamwork

Ebenso seien Heilige auch keine Einzelkämpfer, so Gerber: "Ihr Einsatz für die Gesellschaft war und ist zumeist Teamwork". Auch Heilige wurden demnach von anderen Menschen geprägt und inspiriert, wenn nötig auch korrigiert. "Heilige sind Menschen, die um die Grenzen ihrer Fähigkeiten wissen, die um ihre Ergänzungsbedürftigkeit wissen und die sich ergänzen lassen", unterstrich der Bischof.

"Wenn wir heute das Fest Allerheiligen feiern, dann gedenken wir damit gerade auch jener Menschen, die in keinem Heiligenkalender Aufnahme gefunden haben, die wir aber in der Kategorie der ‚Stillen Helden des Alltags‘ finden", betonte Gerber weiter. Er rief dazu auf, diese Helden des Alltags zu würdigen, sei es in der Pflege eines Angehörigen, im Aushalten der Erkrankung eines Partners oder in der Sorge um verletzte Kinderseelen.

Helden des Alltags

Angesichts der vielen und großen Herausforderungen der Gegenwart lud Gerber dazu ein, selbst zu solchen Helden des Alltags zu werden. Er rief die Menschen dazu auf, sich nicht auf dem Sofa zurückzulehnen, sondern aktiv einen Beitrag zum Gemeinwohl zu leisten: "Fragen wir uns: Wo ist mein Profil gefordert? Welchen Beitrag kann ich leisten im Wissen darum, dass es die Ergänzung durch andere braucht?"

Für die Musikalische Gestaltung des Pontifikalamtes zum Hochfest Allerheiligen sorgte die Schola des Fuldaer Domchores unter Leitung von Domkapellmeister Franz-Peter Huber. An der Domorgel spielte Nico Miller. An Allerseelen, dem eigentlichen Totengedenktag (Samstag, 2. November), hält Weihbischof und Domdechant Prof. Dr. Karlheinz Diez um 9.00 Uhr ein Pontifikalrequiem im Fuldaer Dom samt Prozession zur Johanneskapelle, wo die Gräber gesegnet werden. (nia/pm) +++

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