Nicht bloß harmlose Grippe
Schwer, ernst und lebensbedrohlich: Hausärztin Dr. Svenja Beres klärt auf
Fotos: Hendrik Urbin
03.11.2024 / REGION -
Was für eine Erkrankung ist "die Grippe" überhaupt?
Die saisonale Influenza wird schon seit Jahrzehnten durch zwei Virusstämme, Typ A und Typ B, übertragen, die weltweit in verschiedenen Varianten auftreten. Die Übertragung des Influenzavirus erfolgt durch eine Tröpfchen-Infektion oder durch mit Virus benetzten Oberflächen, zum Beispiel Türgriffe, wenn man anschließend mit den Händen Schleimhäute berührt".
"Die Impfung schützt vor einem Erkrankungsverlauf mit den Influenza-Viren. Die Viren können Fieber, Kopfschmerzen, Halsschmerzen, Husten und starke Gliederschmerzen hervorrufen, einhergehend mit Abgeschlagenheit und Müdigkeit. Häufig beginnt die Erkrankung mit einem stark einsetzenden Krankheitsgefühl. Komplikationen der Erkrankung sind schwere Lungenentzündungen, Erkrankungen des Herz-, Kreislauf- und Gefäßsystems, zum Beispiel Schlaganfall und Herzinfarkt und auch eine Verschlechterung von bestehenden Lungengrunderkrankungen.
Bei Kindern kann diese Erkrankung zu Mittelohrentzündungen führen. Insgesamt sind ernste und lebensbedrohliche Verläufe, auch bis zum Tod, beschrieben. Die Influenzaimpfung schützt nicht vor anderen Erkältungsinfekten, denn das Influenzavirus ist nicht mit einfachen Erkältungsviren zu verwechseln".
Wer sollte sich impfen lassen?
"Die Impfung ist empfohlen für Personen ab dem 60. Lebensjahr, für Menschen mit chronischen Grunderkrankungen, für Bewohner von Alten- und Pflegeheimen, für medizinisches Personal, für Kontaktpersonen zu Menschen mit chronischen Grunderkrankungen, die Impfung ist empfohlen für Schwangere und für Menschen mit Kontakt zu vielen anderen Menschen".
"Es wird der jährlich von der Weltgesundheitsorganisation empfohlene Totimpfstoff verabreicht. Das heißt, dieser Wirkstoff kann keine Influenza-Erkrankung auslösen. Der Impfstoff ist ab dem sechsten Lebensmonat zugelassen. Die Impfung löst eine Immunreaktion im Körper aus, das heißt, es kann zu Schmerzen an der Einstichstelle kommen, es kann zu leichten Temperaturen, Müdigkeit und Abgeschlagenheitsgefühl kommen, nach 24 bis 48 Stunden sollten diese Beschwerden abklingen. Haus- und Kinderarztpraxen führen diese Impfung durch und können zu der Impfung beraten".
Wann sollte nicht geimpft werden?
"Nicht geimpft werden sollte jemand, der eine akute Infektion, das heißt Entzündung, im Körper hat und Temperatur von über 38,5 Grad. Nicht geimpft mit dem Totimpfstoff werden Menschen, die eine bekannte Hühnereiweißallergie haben, für diese Personen stehen spezielle Impfstoffe zur Verfügung. Auch für Kinder gibt es spezielle Impfstoffe, die über die Nase verabreicht werden können. Nicht geimpft werden sollten hier Kinder, die ein schweres Asthma haben oder andere schwerwiegende Grunderkrankungen, dies ist aber mit dem Kinderarzt zu besprechen".
Warum erhalten Personen ab dem 60. Lebensjahr einen Hochdosis-Impfstoff?
"Ab dem 60. Lebensjahr wird ein Hochdosis-Impfstoff verwenden, weil das Immunsystem im Alter zunehmend leistungsschwächer wird und die Immunantwort des Körpers nach Impfungen schwächer ausfällt".
Wie wirksam ist die Impfung?
"Das hängt von verschiedenen Faktoren ab: zum Beispiel, ob die empfohlene jährliche Impfstoffzusammensetzung zu den aktuell zirkulierenden Varianten auch passt, das hängt ab vom Alter des Patienten und das hängt auch ab von Restimmunität. Wir erreichen aktuell einen Schutz zwischen 20 und 60 Prozent mit der Impfung und trotz aktuell recht niedriger Impfquoten in Deutschland können bis zu 400.000 Influenza-Erkrankungen durch Impfung jährlich vermieden werden.
Welche gesamtgesellschaftlichen, gesundheitlichen und auch volkswirtschaftlichen Auswirkungen die Influenza bei uns in Deutschland hat, zeigen RKI-Zahlen aus den Jahren 2016 bis 2019, also vor der Corona-Pandemie. Hier wurden 3,8 bis 9 Millionen Arztbesuche und 2,3 bis 5,3 Millionen Krankschreibungen allein der Influenza zugeordnet. Ich persönlich lasse mich gegen die Virus-Grippe jährlich impfen, weil ich nicht nur eine medizinische Verantwortung als Ärztin trage, sondern auch eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung übernehmen möchte". (mmb) +++