Stuttgarter Kickers - Barockstadt 2:2 (1:0)
SGB entführt nach grandioser Reaktion einen Punkt beim Favoriten
O|N-Archivfoto Martin Engel
20.10.2024 / STUTTGART/FULDA -
Osthessens Fußballfans dürfen wieder an die SG Barockstadt Fulda-Lehnerz glauben - falls sie das mal nicht getan haben. Mit dem 2:2 (2:2) entführte die SGB in der Regionalliga Südwest einen Punkt von den favorisierten Stuttgarter Kickers. Das Team aus Fulda lag nach zwei äußerst umstrittenen Foulelfmetern nach nicht mal 20 Minuten mit 0:2 zurück - zeigte darauf aber eine grandiose Reaktion. Binnen drei Minuten glich Leon Pomnitz mit einem Doppelschlag zum zeitigen Endstand aus.
SGB-Trainer Daniyel Cimen war natürlich gezwungen, seine Startformation etwas umzubauen. Innenverteidiger Aaron Frey (Gelb-Rot) und Marius Köhl (5. Gelbe) fehlten - und Tim Korzuschek, der letzthin gegen Trier nach der Pause kam und das Spiel sichtlich belebte, beginnt in der ersten Elf. Kickers-Coach Marco Wildersinn nimmt keine Änderungen gegenüber dem letzten Spiel (3:1 in Bahlingen) vor. Mal sehn, wie sich "die Macht aus Osthessen", wie Stuttgarts Live-Stream-Sprecher sagte, präsentiert.
Die SGB kommt in ihrer taktischen Ausrichtung ähnlich daher, wie sie zuletzt nach Freys Gelb-Roter Karte in Unterzahl agierte - das heißt, Kapitän Patrick Schaaf lässt sich in die Vierer-Abwehrkette fallen und besetzt Freys Position. Äußerst temporeich und intensiv ist der Vergleich in den Anfangsminuten.
Fragwürdige Elfer ebnen den Kickers den Weg
Erste Aufregung in der 11. Minute: Tekerci kommt aus halbrechter Position zum Abschluss, "Zapi" zeigt eine tolle Abwehraktion - und Ganime rettet im Nachschuss gegen Mauersberger. Wenig später der frühe Schock für den Gast: Moritz Dittmann soll seinen Gegenspieler regelwidrig gefoult haben - hat er überhaupt was gemacht? Der Schiri hatte gute Einsicht - aber bitte, Herr Referee ...
Mehr noch: Ähnlich diskussionswürdig ist die Szene vier Minuten später. Dieses Mal soll Clint Essers seinen Kontrahenten gestoppt haben. An der Toraus- oder Grundlinie. Wieder steht der Schiri gut - hat Essers jetzt etwas Regelwidriges, geschweige denn Strafstoß-Würdiges, getan? Essers sieht Gelb. Äußerst seltsam. Das Spiel heißt doch Fußball.Doch die SGB schlägt zurück - und wie. Es sind die drei Minuten des Leon Pomnitz. Zunächst verkürzt er - nach einem langen Ball, den Korzuschek vors Tor gibt, und Pomnitz eindrückt. Mehr noch, halten Sie sich fest. Wie die SG Barockstadt mit Rückschlägen umgeht ... Freistoß Schmitt, die Kickers wehren den ersten Ball ab - dann aber trifft Pomnitz flach. Mit seinem rechten Fuß. Zum 2:2 nach gut einer halben Stunde.
Fazit des ersten Durchgangs: Vier Tore schon zur Pause - besser gesagt nach gut einer halben Stunde. Positiv aus SGB-Sicht: Man hatte den Eindruck, dass ihr der zeitige Schock durch die beiden Elfer gar nicht viel ausmachte. Sehr positiv. Denn so war auch ihre Reaktion darauf. Man denkt eigentlich, dass sich ein Team nach einem frühen 0:2-Rückstand erst einmal schütteln muss - nicht die SGB. Und das in taktisch veränderter Ausrichtung. Binnen drei Minuten ließ seinen Doppelschlag folgen - und glich zum 2:2 aus. Durch Leon Pomnitz' Doppelpack binnen drei Minuten. Erst nach Korzuscheks Eingabe, dann nach einem abgewehrten Freistoß mit einem Flachschuss von der Strafraumgrenze - mit rechts. Das sind Geschichten, die nur der Fußball schreibt.
Vieles spricht dafür, dass sich nach der kinoreifen ersten Halbzeit einiges beruhigt im zweiten Abschnitt. Bei der SGB ist Kevin Hillmann im Spiel, der seine angestammte Position des Linksverteidigers einnimmt. Dittmann geht raus, Korzuschek wechselt die Seite. Das Spiel, das so schwungvoll begann, trägt jetzt zerfahrene Züge. Womöglich haben Cimen und die SGB gespürt, dass hier mehr drin ist: Schaaf rückt ins Mittelfeld vor, Habermehl geht in die Innenverteidigung. Sehr flexibel. Die SGB ist im Spiel mit Ball sehr mutig. Sehr präsent. Mehr und mehr positioniert sich das Team mit Ball in der gegnerischen Hälfte. Ein Zeichen gewonnener Reife.
Doppeltes Glück. Grösch rettet in höchster Not
Kaum geschrieben, hat die SGB doppeltes Glück: Erst, als es nach Gröschs Ellbogen-Einsatz keinen Elfer gibt - dann rettet Grösch gegen Kiefer, der im Grunde das leere Tor vor sich hat, mit allerletztem Einsatz. Über das Entstehen dieser Situation tut es Osthessens gut, zu schweigen.
Unterbrechungen prägen mehr und mehr die Szenerie in der Nähe des Stuttgarter Fernsehturms. Träge ist die Partie jetzt, Fouls auf beiden Seiten sind an der Tagesordnung. Das und das positive Resultat, hier zumindest einen Punkt mitzunehmen, spielen der SGB in die Karten. Es hat zunehmend den Anschein, als ließe der Gast defensiv nichts mehr zu. Er steht sehr gut als Team, sehr geordnet, verengt geschickt die Räume.Fazit des gesamten Spiels: So verrückt und abwechslungsreich das Spiel in der ersten Halbzeit war - so undurchsichtig, zerfahren und mit unglaublichen vielen Fouls durchsetzt war es nach dem Wechsel. Die Kickers gaben die kommode 2:0-Führung aus der Hand - die SGB gab eine blendende Antwort. Unterbrechungen und Fouls ohne Ende, aber auch gar kein Spielfluss mehr - diese negativen Erscheinungen prägten das Spiel in der zweiten Halbzeit. Und ein sehr, sehr schwacher Schiedsrichter. (wk)
Stuttgarter Kickers: Dornebusch - Kammerbauer, Tomic (46. Berisha), Tekerci (79. Kalajdzic), Blank, Lockl, Braig, Polauke (87. Petrovic), Kiefer (61. Dicklhuber), Behrendt, Mauersberger (61. Schembri)
SG Barockstadt: Zapico - Essers (76. Kraft), Grösch, Habermehl, Schmitt - Ganime - Dittmann (46. Hillmann), Schaaf, Pomnitz, Korzuschek (84. Onuigwe) - Reinhard
Schiedsrichter: Luca Schilrò
Tore: 1:0 David Braig (14., Foulelfmeter), 2:0 David Braig (19., Foulelfmeter), 2:1 Moritz Reinhard (30.), 2:2 Leon Pomnitz (33.)
Gelb-Rot: Zapico-Lopez (direkt nach Abpfiff)
Zuschauer: 3.860 +++