Nachdreher zur SG Barockstadt

Freudenschrei bis zum Buttermarkt - Hammel wäre fast bei der SGB gelandet

Den 13. Oktober wird er so schnell nicht vergessen: der doppelte Torschütze Milian Habermehl
O|N-Archivfotos Martin Engel

15.10.2024 / FULDA - Der erste Heimsieg unter dem neuen Trainer Daniyel Cimen ist eingetütet, erstmals gewann die SG Barockstadt Fulda-Lehnerz in dieser Saison mit zwei Toren Differenz: Der 3:1-Heimsieg gegen Eintracht Trier sorgte für gelöste Stimmung in der Johannisau. Der zweite dreifache Erfolg vor heimischem Anhang hat zwar keine Verbesserung in der Tabelle beschert - die SGB ist nach wie vor Elfter - doch er tat in vielerlei Hinsicht einfach nur gut.


Gut, weil das bisweilen überkritische Publikum ruhigen Gewissens den Heimweg antreten konnte. Gut auch, weil sich die SGB dem elementaren Job entledigen konnte, den Abstand zu den hinteren Rängen ein wenig zu vergrößern - und künftig die Möglichkeit zu besitzen, Anschluss an die vor ihr platzierten Teams gewinnen zu können. Wie am Samstag bei den Stuttgarter Kickers.

Man sollte aber bei aller Freude nicht vergessen, dass ein solcher Umschwung, das Spiel binnen drei Minuten zu drehen, wie es am Sonntag gegen Trier der Fall war, nicht Woche für Woche glückt. "Wir haben uns in der Halbzeit gesagt, dass wir mutiger auftreten wollen", sagte Cimen. Zuvor war seinem Team mit Ball nicht viel gelungen. Und man sollte nicht vergessen, dass der 1:1-Ausgleich aus einem Standard heraus fiel. Gleichwohl war er wie ein Freudenschrei, als Doppelpacker Milian Habermehl per Kopf traf - aus dem Torraum heraus. Eine Situation, die der Gegner besser hätte verteidigen müssen.

Ein Freudenschrei bis zum Buttermarkt

Ein Freudenschrei, den man fast bis zum Buttermarkt hörte. Erst recht war das so, als Moritz Reinhard das Spiel drei Minuten später drehte. Gefühle, die plötzlich in die Johannisau zurückkehrten. Cimen hatte mit Marius Köhl und Tim Korzuschek zwei Mittelfeld-Außen ins Spiel gebracht, Reinhard durfte jetzt alleinige Spitze sein. "Wie die Mannschaft das umgesetzt hat, davor kann ich nur den Hut ziehen", fiel das Grinsen des Coaches breiter aus als sonst. Mehr noch: "Das 3:1 hat uns dann unheimlich viel gegeben", fügte der Trainer an. Sein Team hatte da - etwa zehn Minuten vor Schluss - nach der Gelb-Roten Karte gegen Aaron Frey in Unterzahl gearbeitet.

Ihm imponierte, wie "die Mannschaft nach dem Pausen-Rückstand "zurückgekommen" ist, wie sie die Wende mit "Mut und Glauben" angegangen sei. "Wir können viel mitnehmen", folgerte er. Für Milian Habermehl freute er sich "extrem. Er musste sich nach seiner Verletzung wieder rankämpfen". Spätestens jetzt ist er wieder da.

Entscheidende Fehler machten die Erfahrenen

Für einen Trainer, der eine Niederlage schlucken musste, kam Thomas Klasen aufgeräumt daher. Sehr aufgeschlossen. Fast positiv. Auch wenn er sich zunächst etwas in Ironie flüchtete. "Wir haben es geschafft", sagte Triers Trainer, "trotz Führung das 3:1 zu kassieren". Natürlich bedauerte er es, dass sein Team nach Heins'-Eingabe "nicht das 2:0 gemacht hatte" in der ersten Halbzeit und er bekannte, "dass das Spiel mit einem Standard kippen" könne - doch Zufriedenheit sieht auch bei Klasen anders aus.

Entscheidende Fehler hätten nicht mal die jungen Spieler gemacht, sondern die erfahrenen der Eintracht. Das wurmte ihn. Man spürte es. "Dass wir das Spiel so herschenken, hatte ich nicht gedacht. Das war enttäuschend. Dass wir erstmals am zwölften Spieltag einen Gegner so beschenken." Noch nicht mal ein Trost war es, als er abschließend in Richtung Cimen sagte: "Beim Rückspiel sehen wir uns ja schon zum dritten Mal in dieser Saison." Erstmals war das der Fall, als der SGB-Coach mit seinem alten Verein Gießen am dritten Spieltag in Trier auftauchte.

"Irgendwie die Klasse halten und den Rheinland-Pokal gewinnen"

Das Spiel auf Augenhöhe, das Triers Sportdirektor Daniel Hammel erwartete, war das Duell in der Johannisau zumindest eine Hälfte - dann kippte es auf die Seite der SG Barockstadt. Und das lag nicht etwa an der Auswärtsschwäche der Eintracht, sondern am defizitären Verhalten bei den beiden ersten Gegentoren. Das Gästeteam aus der Porta-Nigra-Stadt hat sich zwei Ziele für diese Saison gesetzt: "irgendwie die Klasse zu halten", wie es Hammel nennt - und den Pokal in Rheinland-Pfalz zu gewonnen, um im DFB-Pokal zu landen. Und da glückte dem Verein einiges: 1998 kam er bis ins Halbfinale, nachdem er den frisch gebackenen UEFA-Cup-Sieger Schalke und den Weltpokal-Sieger Borussia Dortmund eliminiert hatte.

Der zweimalige Amateurmeister, der fünf Jahre in der Zweiten Liga spielte (1976 - bis '81) und sage und schreibe 15-mal den Rheinlandpokal gewann, hat sich zum Ziel gesetzt, an alte Erfolge anzuknüpfen - oder, wie es Hammel treffender sagt: "mit der Wucht der Tradition neues Feuer zu entfachen". Was sich etwas überspitzt anhört, hat durchaus eine Basis, deren Hintergrund Hammel geschaffen hat. Der 31-Jährige, selbst schon zweimal Spieler im Moselstadion, nennt die Dinge beim Namen: Verbesserung der Infrastruktur, Voranbringen der Jugend, Anheben des Merchandising. "Da haben wir große Umsätze gemacht", betont er - schon zu Oberliga-Zeiten hatte die Eintracht im Schnitt 3.000 Zuschauer.

Ein gehöriges Stück Tradition, die Wucht und die Fanszene

Eintracht Trier möchte sich zunächst etablieren in der Regionalliga, "wo der Verein mit seiner Tradition und Fanszene auch hingehört". Und das Beste verrät Hammel, der an der IST in Düsseldorf Sport-Management studierte, zum Schluss: "Vor zwei Jahren hätte mich Sedat Gören fast nach Fulda zur SG Barockstadt geholt." (wk) +++

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