"Ich habe mich ins Internet geflüchtet"

25-Jähriger vor Gericht: Kinderpornografie aus Einsamkeit konsumiert?

Zur Verhandlung erschien der jetzt 25-Jährige im schwarzen Hemd, seine Haare sorgsam nach hinten gekämmt. Bei ihm wurden über 500 kinderpornografische Fotos und Videos gefunden.
Fotos: Moritz Bindewald

15.10.2024 / FULDA - Ein Mann, der mit seinem Glied über den Mund eines scheinbar schlafenden Kindes fährt, ein unbekleidetes Mädchen, ein nackter Junge und allesamt augenscheinlich weniger als 14 Jahre jung. Mehr als 500 solcher Aufnahmen soll der am Montag im Amtsgericht Fulda angeklagte Mann auf seinen Geräten gespeichert haben.



Zur Verhandlung erschien der jetzt 25-Jährige im schwarzen Hemd, seine Haare sorgsam nach hinten gekämmt. Mittlerweile arbeitet er als Fachkraft für Lebensmitteltechnik, sein Studium absolvierte er in Fulda. Hier wurden auch bei einer Durchsuchung im Juni 2021 seine zwei Handys, eine Festplatte und ein Notebook beschlagnahmt. Auf ihnen befanden sich hunderttausende pornografische Bilder und tausende solcher Videos, der größte Teil davon im legalen Bereich.

"Ich habe mich ins Internet geflüchtet"

Er habe eine schöne Kindheit gehabt, doch mit dem Auszug von Zuhause sei plötzlich alles anders gewesen, erzählte der Angeklagte direkt zu Beginn. Er ist vollumfänglich geständig. Plötzlich sei er alleine gewesen - und habe Schwierigkeiten gehabt, Anschluss zu finden. Die zeitgleich beginnende Pandemie habe seine Einsamkeit intensiviert. "Ich habe mich ins Internet geflüchtet", so der 25-Jährige.

Genauer - in die Pornografie. "Zuerst waren es nur legale Sachen, dann hat sich das gesteigert. Ich wollte etwas Härteres". Die Kinderpornografie sei dabei allerdings nicht das gewesen, was er gesucht habe. "Nennen wir es Beifang", so der Verteidiger des Angeklagten, Christian Celsen. Stundenlang habe sein Mandant vor dem PC gesessen und masturbiert. "Es war wie eine Sucht", bestätigte der Angeklagte.

Nach Hausdurchsuchung hat es geklickt

Erst eine durch Ermittlungen des Bundeskriminalamts angestoßene Hausdurchsuchung setzte dem ein plötzliches Ende. Diese sei für den Angeklagten wie eine "Zäsur" gewesen, so Celsen. Hiernach habe es bei dem 25-Jährigen geklickt, er habe sich selbstständig Hilfe bei Pro Familia geholt. In insgesamt 38 Stunden Einzelgespräch habe er seine Sucht aufgearbeitet. Seither sind keine weiteren Taten bekannt, auch ist er nicht vorbestraft.

Infrage komme für seine Taten eine Strafe von bis zu drei Jahren in Haft oder eine Geldstrafe, wie Oberamtsanwältin Birgit Steinmüller erklärte. Zugutekomme dem Angeklagten, dass er geständig ist, nie strafrechtlich in Erscheinung getreten war und auch selbstständig aktiv geworden sei. Sie rechne nicht mit weiteren Taten. Anders sehe es aber bei der Zahl der Bilder und Videos aus. Diese sei erheblich. Sie forderte eine Haftstrafe von sechs Monaten für zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt unter Auflage einer Zahlung von 2.000 Euro zugunsten von Pro Familia.

25-Jähriger zu 7.200 Euro Strafe verurteilt

Er wolle das Verhalten seines Mandanten nicht entschuldigen, dennoch halte er ein geringeres Strafmaß für angebracht, plädierte hingegen Celsen. "Irgendwann gehen die Klicks in die Richtung des Neuen, des Spannenden - des Strafbaren", so der Verteidiger. 500 Fotos und Videos seien aus seiner Sicht aber für einen Porno-Abhängigen nicht viel, was auch die Fülle des gefundenen Materials, das nicht illegal war, untermauere. Er forderte eine Strafe von 120 Tagessätzen für seinen Mandanten.

Eine Auffassung, die Richterin Anna Häfner teilte. Sie verurteilte den 25-Jährigen zu einer Strafzahlung von 120 Tagessätzen á 60 Euro. 550 Bilder seien zwar keine kleine Anzahl, aber mit Blick auf die Gesamtzahl der Clips doch ein geringer Anteil. Er habe das Problem selbst erkannt und sich Hilfe gesucht. Sie erwarte von dem 26-Jährigen keine neuen Straftaten. Anklage und Verteidigung verzichteten auf die Rechtsmittel, das Urteil ist rechtskräftig. (Moritz Bindewald) +++

X