Drei Jahre und vier Monate Haft

Urteil im Prozess um Jet-Überfall: Angeklagter rastet aus

Jetzt ist das Urteil gefällt - zumindest in erster Instanz. Am Dienstag war das Schöffengericht im Amtsgericht erneut zusammengetreten, um über das Schicksal des 31-Jährigen aus Fulda zu befinden, der wegen Körperverletzung und eines Überfalls auf die Jet-Tankstelle in der Maberzeller Straße (Fulda) im vergangenen Jahr angeklagt worden war.
Fotos: Moritz Bindewald

10.10.2024 / FULDA - Jetzt ist das Urteil gefallen - zumindest in erster Instanz. Am Dienstag war das Schöffengericht im Amtsgericht erneut zusammengetreten, um über das Schicksal des 31-Jährigen aus Fulda zu befinden, der wegen Körperverletzung und eines Überfalls auf die Jet-Tankstelle in der Maberzeller Straße in Fulda 2023 angeklagt worden war.



Bereits zum ersten Verhandlungstag am 25. September hatte der Angeklagte in einer Einlassung, vorgetragen durch seinen Verteidiger, in Teilen seine Schuld eingestanden - nur war alles aus seiner Sicht ganz anders gewesen. Die Staatsanwaltschaft hatte ihm im Falle des Tankstellenraubs räuberische Erpressung vorgeworfen. Er hatte behauptet, die Ausgeraubte sei die Strippenzieherin gewesen. Seine Lebensgefährtin habe er nicht über drei Tage hinweg geprügelt, sondern bloß geohrfeigt.

Drei weitere Zeugen: Ex-Freundin, Tankstellenchef und Kriminalbeamter

Als Erstes hörte das Gericht den Inhaber der ausgeraubten Jet-Tankstelle. Der glaubt fest an die Unschuld seiner ehemaligen Angestellten. "Die ersten Worte meiner Mitarbeiterin nach dem Überfall werde ich nie vergessen", erklärte er. Sie habe geweint, sei sichtlich aufgelöst gewesen und habe immer wieder gesagt: "Ich habe Angst". Er sei der Überzeugung, sie habe alles richtig gemacht. "Bei Überfällen tun wir alles, was der Täter fordert", erklärte er.

17.500 Euro habe der Tankstelleninhaber an diesem Abend verloren. Geld, dass ihm keine Versicherung ersetze. "Wir hatten Müh und Not, die Gehälter unserer Angestellten zu bezahlen", sagte er. Verteilt war das Geld auf zwei Kassen und einen Tresor. Gegenüber der Polizei hatte er kurz nach dem Überfall angegeben, dass er sich doch sehr wundere, woher seine Angestellte wisse, wie man den Tresor öffne. Der Schlüssel sei eingeschlossen in einem Schlüsselkasten, dessen Schlüssel wiederum in einem Rollcontainer gelagert werde, der ebenfalls abgeschlossen sei. Das Prozedere sei im Übrigen mittlerweile geändert.

Monate nach der Tat sieht er das allerdings anders. Nach fünf Jahren als Mitarbeiterin der Tankstelle sei es logisch, dass sie wisse, wie man den Tresor öffnet. Offiziell eingewiesen worden sei sie aber nie. Die Frage, ob eine andere Mitarbeiterin, die deutlich länger in der Tankstelle arbeite, dann ebenfalls wisse, wie man an die Tresorschlüssel komme, verneinte er.

Ebenfalls zu Wort kamen der Kriminalbeamte, der die Ermittlungen führte und die Ex-Freundin, die der Angeklagte über drei Tage hinweg geprügelt haben soll, bevor die Polizei ihr zur Hilfe eilte.

Drei Jahre und sieben Monate oder ein Jahr und sechs Monate auf Bewährung?

In seinem Plädoyer forderte Verteidiger Hans J. Hauschild ein Strafmaß von einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung. Sein Mandant habe nicht wissen können, dass die Angestellte den Safe der Tankstelle nicht habe öffnen dürfen. Dieses Wissen sei aber die Voraussetzung, um von einem schweren Diebstahl zu sprechen, auch wenn der Schaden hoch sei. Bezugnehmend auf die Körperverletzung befand er die Aussage der ehemaligen Lebensgefährtin des Angeklagten als übertrieben, "und das in Teilen ganz erheblich". Wenn dieser Mann mit seiner ganzen Kraft zuschlage, sei das Ergebnis weit mehr als ein blaues Auge.

Die Staatsanwaltschaft hatte eine Haftstrafe von drei Jahren und sieben Monaten gefordert, unter anderem wegen des hohen Schadens des Diebstahls und der Schwere der Körperverletzungen. Das Opfer sei "sehr übel zugerichtet worden". Nicht vergessen dürfe man weiterhin, dass der Angeklagte einschlägig vorbestraft sei.

Das letzte Wort vor der Urteilsverkündung hatte der 31-Jährige selbst. "Ich sage, dass das im Affekt passiert ist. Außerdem ist doch hinterher immer wieder Friede, Freude, Eierkuchen". Eine seiner ehemaligen Lebensgefährtinnen war, wie auch schon zum Prozessauftakt, zugegen. Ihr hatte er in der Beziehung ebenfalls Gewalt angetan. In ihrer Anwesenheit sehe er den Beleg für seine Worte, erklärte der 31-Jährige. Zum Jet-Diebstahl erklärte er: "Das Geld können Sie gerne zurückhaben, das zahle ich in Raten ab".

Richter: "Die Erklärung ist, mit Verlaub, Schwachsinn"

Die Einlassung des Angeklagten sei nicht zu widerlegen, erklärte Richter Ulrich Jahn. Seine damalige Freundin, die zum Zeitpunkt des Überfalls in der Tankstelle arbeitete, habe wohl mindestens von dem Überfall gewusst. Möglicherweise sei es auch ihre Idee gewesen. Dass der Angeklagte nichts von einem Tresor gewusst haben will und dachte, das Geld werden in einem Schrank gelagert, sei unglaubwürdig. "Die Erklärung ist, mir Verlaub, Schwachsinn", so Jahn.

Zugutehalten müsse man dem Angeklagten, dass er zumindest im Fall der Tankstelle geständig sei. Dennoch gelte es auch zu beachten, dass er bereits zuvor wegen Eigentumsdelikten verurteilt worden war. Eine Strafe, mit der der Angeklagte ganz und gar nicht einverstanden war. Noch während der Urteilsverkündung empörte er sich lautstark, dass das es damit, dass er das Geld zurückzahle, doch erledigt sein müsse. Der Grund für seine Bestrafung wollte ihm partout nicht einleuchten.

Angeklagter rastet aus: "Die labert nur Scheiße" und "Viel Spaß im Krankenhaus!"

Im Falle der Attacken auf seine vorige Lebensgefährtin verurteilte ihn das Gericht in drei verschiedenen Einzeldelikten. Zugunsten des Angeklagten gehe man hier aber davon aus, "dass es keine Schläge mit voller Wucht waren", so Jahn. Allerdings sei auch zu berücksichtigen, dass er keinerlei Einsicht, keinerlei Reue gezeigt habe. "Die labert nur Scheiße", hatte der Angeklagte noch kurz zuvor durch den Saal krakeelt.

Die Kammer befand den Angeklagten zusammenfassend des Diebstahls in besonders schwerem Fall, wie auch der Körperverletzung in drei Fällen für schuldig und verurteilte ihn zu drei Jahren und vier Monaten in Haft. Gegen das Urteil kann noch Berufung eingelegt werden, belehrte Jahn den Angeklagten. Daraufhin brauste der Angeklagte erneut auf. Er werde ganz andere Sachen anlegen. "Viel Spaß im Krankenhaus", warf er dem Richter noch an den Kopf. Hierfür erwartet ihn eine Geldstrafe. (Moritz Bindewald) +++

X