Ganz Rothemann ist sauer!

Empörung über zwangsweise Sonntagsschließung von Nahkauf Reith

Ladeninhaber Stefan Reith in Rothemann darf nicht mehr sonntags öffnen
Fotos: Rene Kunze

30.09.2024 / EICHENZELL - Im Eichenzeller Ortsteil ist die Welt seit kurzem nicht mehr in Ordnung. Statt wie jeden Sonntagmorgen beim kleinen Lebensmittelladen Nahkauf leckeren Kuchen für den Nachmittagskaffee zu holen, stehen die Kunden jetzt vor verschlossener Tür. "Was ist denn hier los? Ist der Stefan krank?", fragen sich die verhinderten Kuchenkäufer. Doch Hintergrund ist das hessische Ladenöffnungsgesetz, das den Verkauf am Sonntag eindeutig untersagt.


Ladeninhaber Stefan Reith ist eine Kontrolle durch den Gewerbeprüfdienst des Kreises an einem Sonntag im August dieses Jahres zum Verhängnis geworden: Dabei wurde festgestellt, dass der gesamte Ladenbereich für die Kunden frei zugänglich war und während der Kontrolle im Laden ein ständiger Verkauf aus allen Abteilungen stattgefunden habe. "Links neben dem Eingangsbereich stand eine Palette mit Flaschenbier. Die Kunden hatten außer Brot und Brötchen auch Eier, Gemüse und Getränke in ihren Händen. Es befanden sich Waren aus der Wurstabteilung sowie Back- und Konditorwaren in den Einkaufstaschen", moniert das Amt und untersagt dem Ladeninhaber die Sonntagsöffnung mit sofortiger Wirkung. Bei Zuwiderhandlung werde ein Zwangsgeld von 2.500 Euro fällig. "Und beim Erhalt des Schreibens musste ich gleich noch 110 Euro bezahlen", schimpft Stefan Reith.

Seit 40 Jahren für seine Kundschaft da

Der 65-Jährige, der das Lebensmittelgeschäft auf knapp 300 m² immerhin seit fast vier Jahrzehnten betreibt, hat seine Kunden auf seiner Homepage informiert: "Sehr geehrte Kundschaft, leider habe ich heute per Postzustellungsurkunde die Mitteilung erhalten, das ich ab sofort sonntags nicht mehr öffnen darf. Bei Zuwiderhandeln wurde mir eine Strafandrohung von 2.500 Euro auferlegt. Wir werden mit aller Macht dagegen kämpfen und Widerspruch einlegen. Leider ist Fakt, dass ab sofort sonntags nicht mehr geöffnet sein darf! Was mir persönlich sehr leid tut, wir waren gerne für Euch auch sonntags da", schreibt Reith.

Vor über 20 Jahren habe er beim Einzelhandelsverband nachgefragt, ob er nicht am Sonntag Brötchen und Kuchen verkaufen könne. "Damals wurde mir gesagt, Gebäck dürfe ich tatsächlich auch am Sonntag verkaufen", erinnert er sich. "Um als Nahversorger bestehen zu bleiben, habe ich einige Nischen genutzt, die unsere Existenzfähigkeit erhalten konnten. So macht er das Geschäft sehr früh am Morgen, nämlich bereits um 5 Uhr auf. Wir versorgen die Arbeiter, die von der Nachtschicht kommen oder an die Arbeit fahren, auch ins Rhein-Main-Gebiet, mit belegten Brötchen, Kaffee, Zigaretten usw. Dieser Service wird von unseren Kunden sehr geschätzt."

Eine weitere Nische sei eben der Service gewesen, sonntags von 8.00 bis 11.00 Uhr zu öffnen. "Der Gedanke war, Brot, Brötchen und frische Backwaren zu verkaufen. Im Laufe der Jahre haben die Kunden natürlich auch nach andern Sachen gegriffen, was für uns natürlich gut war." So habe er auch die örtlichen Vereine bei Festen oder die Sportvereine bei Heimspielen am Wochenende mit Brötchen versorgt. "Ich habe ein Team von elf Teilzeitangestellten. Durch die Sonntagsschließung verliere ich jetzt einen beachtlichen Teil meines Umsatzes, was auch meine Existenz gefährdet."

"Ich bin jetzt 65 Jahre und möchte den Laden, wenn ich gesund bleibe, noch ca. drei bis fünf Jahre führen, weil es mir einfach auch Spaß macht. Ich schaue mich in naher Zukunft nach einem Nachfolger um, das geht aber auch nur, wenn ich einen gesunden Laden übergeben kann. Ich möchte, dass der Ort Rothemann einen Nahversorger und eine Poststelle behalten kann. Es hat all die Jahre niemand gestört, dass wir sonntags die drei Stunden unsere Kunden versorgt haben, jetzt soll alles auf einmal mit Strafandrohung vorbei sein", klagt Reith.

Ob die Tatsache, dass seine Kunden alle hinter ihm stehen und ganz sicher eine Fortführung der bisherigen Praxis wünschen, das Landratsamt beziehungsweise das Regierungspräsidium in Kassel erweichen werden? (ci) +++

X