Unternehmer-Dialog

Wie gewinnt und hält man Fachkräfte? Interessanter Abend im "Hahnekiez"

Diskussionsrunde beim Unternehmer-Dialog im Schlitz: Julian Lauth, Larissa Albohn, Oliver Fehl und Moderatorin Andrea Ortstadt.
Fotos: Christopher Göbel

25.09.2024 / SCHLITZ - Über vielen Firmen schwebt ein Damoklesschwert: der Mangel an Fachkräften und fehlender Nachwuchs. Zahlreiche Unternehmerinnen und Unternehmer aus dem Vogelsbergkreis fanden sich am Dienstag auf Einladung von Landrat Dr. Jens Mischak (CDU) im Schlitzer "Hahnekiez" zusammen, um über Lösungsansätze zu diskutieren.


Unter dem Titel "Ansätze zur Fachkräftesicherung – was kann funktionieren?" wurde darüber gesprochen, welche Möglichkeiten der hiesigen Unternehmerschaft zur Verfügung stehen und wie diese umgesetzt werden könnten. Im Gewölbekeller der ehemaligen Brauerei präsentierten sich beim "Marktplatz Fachkräftesicherung" mehrere Institutionen, die sich mit dem Thema Fachkräftegewinnung und -sicherung beschäftigen. Die rund 80 teilnehmenden Unternehmerinnen und Unternehmer nahmen das Angebot dankbar an.

"Dieses Thema ist eine der größten Herausforderungen der Zukunft", sagte Landrat Dr. Jens Mischak (CDU) in seiner Begrüßung im Saal des "Hahnekiez". Im Vogelsbergkreis seien bereits viele Instrumente zur Fachkräftesicherung am Start, dennoch sähen Prognosen einen Verlust von rund 20 Prozent an Fachkräften im Landkreis innerhalb der nächsten fünf Jahre. "Das sind 6.700 fehlende Fachkräfte", so Mischak. Er wies auch auf die Ausbildungsmesse am 26. September in der Alsfelder Hessenhalle hin.

Firmen-Benefit: Die Vier-Tage-Woche

Oliver Fehl, Geschäftsführer der Firma Georg Fehl + Sohn GmbH aus Freiensteinau, stellte die Vier-Tage-Woche im Handwerk vor. "Jedes Unternehmen tickt anders und wie wir es machen, lässt sich nicht als Blaupause für jede Firma anwenden", so Fehl. Bei dem Handwerks-Unternehmen wird von Montag bis Donnerstag gearbeitet. Die Mitarbeitenden, die dennoch fünf Tage pro Woche anwesend sein müssen (z.B. Büro, Auszubildende und Kundendienst) bekommen abwechselnd jeden zweiten Freitag frei. "So ist das Unternehmen immer besetzt und die Rückmeldungen aus der Belegschaft nach drei Monaten Testphase waren zu 92 Prozent positiv", sagte Fehl.

Durch die Vier-Tage-Woche gäbe es keinen Effizienzverlust, der Umsatz sei gesteigert worden und die Kunden nähmen dieses Arbeitsmodell durchweg positiv auf. Durch dieses "Firmen-Benefit" - eines von vielen - sei es gelungen, seit dem Start 17 neue Fachkräfte und 19 neue Auszubildende zu gewinnen. Die Einsparung von Betriebskosten und die Reduzierung von Krankentagen seien weitere positive Effekte. "Ich möchte Sie dazu animieren, sich mit dem Thema zu beschäftigen", so Oliver Fehl an die anwesenden Unternehmerinnen und Unternehmer gerichtet.

Fachkräfte mit Behinderung

Welche Möglichkeiten Arbeitgeber beim Thema Einstellung, Ausbildung und Beschäftigung von Menschen mit Behinderung haben, präsentierte Larissa Albohn von der Einheitlichen Ansprechstelle für Arbeitgeber (EAA) aus Gießen in ihrem Kurzvortrag. "Viele Arbeitgeber wissen gar nicht, welche Fördermöglichkeiten es gibt, wenn sie Menschen mit Behinderung einstellen", so Albohn. Die EAA finanziere sich durch die Ausgleichsabgabe, die Unternehmen zahlen müssen, wenn sie nicht einen gewissen Prozentsatz an Menschen mit Behinderung einstellen.

Dabei sei es vielen Menschen nicht anzusehen, dass sie eine Behinderung haben - beispielsweise bei psychischen Beeinträchtigungen. "Manche verschweigen das auch", sagte Albohn. Vom Eingliederungszuschuss bis zu Fördermöglichkeiten für behindertengerecht ausgestattete Arbeitsplätze referierte Albohn. "Man muss immer über den Einzelfall sprechen". Sie appellierte an das Auditorium, dass die Arbeitskraft von Menschen mit Behinderung ebenfalls wertvoll sei.

Wünsche und Ziele junger Menschen in der Arbeitswelt

"Nachwuchsgewinnung Generation Z und Alpha – was macht Arbeitgeber für die Zielgruppe attraktiv?" lautete das Thema von Julian Lauth, Geschäftsführer der Firma "Holzfreude GmbH" aus Butzbach. Er sprach vor allem über Generationenwechsel und Generationenkonflikte - von den Baby-Boomern über die Generation X bis zu den Generationen Z und Alpha - jene jungen Menschen, die demnächst dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen werden. "Wir sollten nicht mit dem Finger aufeinander zeigen", sagte Lauth. Es sei höchste Zeit für jedes Unternehmen, sich mit den Wünschen und Zielen der Generation Z zu beschäftigen. Waren es beispielsweise bei den Baby-Boomern noch Sicherheit und Wohlstand, seien es bei der Generation Z heute Selbstverwirklichung und Spaß an der Arbeit. "Unternehmen mit einem hohen Anteil an älteren Mitarbeitenden haben keinen Verkaufswert mehr", konstatierte Lauth.

"Die Mitarbeitenden sollten den Sinn ihrer Arbeit erkennen - selbst, wenn sie kleine Schrauben fräsen, die in einem Flugzeug verbaut werden." Chefs sollten nahbar und offen sein, in den Unternehmen sollten keine Hierarchien herrschen und sie sollten eine gute Fehlerkultur pflegen. "Smartphones sind ein Körperteil im Dauereinsatz", sagte der Experte. "Verbieten sie Handys nicht", rief er dem Publikum zu. "Arbeitszeit ist Lebenszeit. Nehmen Sie die jungen Leute ernst", sagte Lauth.

Diskussion und Netzwerken zum Abschluss

Im Anschluss diskutierten die Referenten auf dem Podium über Fragen, wie Fachkräfte gewonnen und gehalten werden können. Die Diskussion wurde von Andrea Ortstadt vom Fachgebiet Wirtschaftsförderung im Vogelsbergkreis moderiert. Bei einem Imbiss und dem "Marktplatz Fachkräftesicherung", bei dem Unterstützungsangebote für Vogelsberger Unternehmen im "Hahnekiez" vorgestellt wurden, ließen die Unternehmerinnen und Unternehmer den informativen Abend beim Netzwerken ausklingen. (cdg) +++

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