Überraschung beim Prozessauftakt

Überfall auf Tankstelle: War die Bedrohte der eigentliche "Mastermind"?

Prozessauftakt am Mittwoch: Einem 31-Jährigen wird vorgeworfen, eine seiner Lebensgefährtinnen gefährlich verletzt und später eine andere bedroht zu haben, sodass diese ihm den Inhalt eines Tresors der Jet-Tankstelle in der Maberzeller Straße in Fulda übergab. Dabei soll er 17.500 Euro in bar erbeutet haben.
Archivbild: O|N / Moritz Bindewald

24.09.2024 / FULDA - Prozessauftakt im Amtsgericht Fulda: In Fußfesseln wurde der Angeklagte in den Saal geführt. Ihm wird vorgeworfen, eine seiner Lebensgefährtinnen gefährlich verletzt und später eine andere bedroht zu haben, sodass diese ihm den Inhalt eines Tresors der Jet-Tankstelle in der Maberzeller Straße in Fulda übergab. Dabei soll er 17.500 Euro in bar erbeutet haben. Doch was genau ist passiert?



Damit befasste sich am Mittwoch das Schöffengericht. Der 31-jährige angeklagte Deutsche ist muskulös, tätowiert, erschien zum Verhandlungstermin in Sneakern, Jogginghose und T-Shirt. Seit dem 19. April 2024 befindet er sich in Untersuchungshaft. Der Polizei hatte er sich selbst gestellt. "Mir war das alles zu viel", erklärt er dem Richter. In einem vorangegangenen Prozess, bei dem er auf Bewährung freikam, waren ihm bereits eine Gewalt- und Drogenproblematik attestiert worden. Damals stand er ebenfalls unter anderem wegen Körperverletzung vor Gericht.

Ein Prozess, zwei Fälle - die Anklage

Die nun im Prozess verhandelten Taten lassen sich in zwei Fälle unterteilen. Am 7. Mai 2023 soll er seine damalige Lebensgefährtin im Rahmen eines Streits zunächst einmal geohrfeigt haben. Als diese mehrere Stunden später von der Arbeit zurückkehrte, soll der Angeklagte sie erneut geschlagen, insbesondere ihr einen Kinnhaken und mehrere Schläge ins Gesicht und auf den Rücken versetzt haben. Als sich die Auseinandersetzung am nächsten Morgen fortsetzte, soll der Angeklagte die Geschädigte am Verlassen des Zimmers gehindert, diese zu Boden gebracht und mit Fäusten kräftig auf Gesicht und Kopf eingeschlagen haben.

Fall zwei: Etwa drei Monate später, am 29. August 2023, soll der 31-Jährige dann die Jet-Tankstelle, in der seine nächste Lebensgefährtin arbeitete, ausgeraubt haben. Laut Anklage habe er sich am Tattag zu der Tankstelle begeben und seiner Lebensgefährtin, die zum Zeitpunkt dort arbeitete, gedroht haben, sie "abzustechen", wenn sie ihm nicht das Geld gebe. Diese habe die Drohung ernst genommen und insgesamt 17.500 Euro aus dem Tresor und den Kassen entnommen und dem Angeklagten übergeben, welcher sich mit dieser Beute dann entfernte.

In beiden Fällen bekannte der Angeklagte sich zumindest in Teilen schuldig. Doch eine Überraschung erwartete das Gericht aber beim Tankstellenraub. Die Überfallene ist nach Aussage des Angeklagten seine Komplizin, er sei nur ihr Handlanger gewesen.

Vorweg: Die 25-Jährige und ihre Mutter waren zur Verhandlung als Zeuginnen geladen, machten aber auf anwaltliches Anraten keine Angaben zur Sache. Bei der Beschuldigten sei die Gefahr zu hoch, sich selbst zu belasten.

Angeklagter erklärt: So soll sich der Raub zugetragen haben

"Die wollte nicht mehr da arbeiten", erwiderte der Angeklagte auf die Frage, wie es zum Plan, die Tankstelle zu überfallen gekommen sei. Er habe sie gefragt, weshalb sie nicht kündige und sie habe gesagt, sie müsse ihre Miete bezahlen. Die Geburtsstunde eines offenbar ausgeklügelten Plans.

Die 25-Jährige habe ihm genau erklärt, welche Bereiche der Tankstelle videoüberwacht seien und so habe man gemeinsam entschieden, dass ihr Lebensgefährte um elf Uhr zum Hintereingang kommen solle. Dort habe er im Türeingang gewartet, dass sie ihm das Geld bringe. Zwischenzeitig habe er noch mit ihr gescherzt: "Mach mir doch einen Kaffee". Nach ein bis zwei Minuten habe er dann das Geld in einem Rucksack verstaut gehabt. "Sie hat mir noch einen Kuss gegeben und dann bin ich gegangen", sagte der 31-Jährige.

Wo ist das gestohlene Geld jetzt?

Wie abgesprochen habe er sich auf den Weg zur Wohnung ihrer Mutter gemacht, wo sie, nachdem sie die Polizei alarmiert hatte, auf ihn wartete. Später hätten sie dann das Geld gezählt und in Kuscheltieren versteckt. Den Gedanken an dieses Versteck findet der Angeklagte offenbar lustig. Als eine der offensichtlich beschädigten Nähte zur Sprache kommt, lacht er laut auf. "Ja, genau da", erklärte er.

Doch das Glück des Gelds hielt nicht lange. Über dessen Verwendung zerstritt sich das Paar schon bald. Was wem zustehe? "Da habe ich den Überblick verloren, es hat ja jeder irgendwas ausgegeben", gesteht der Angeklagte sich ein. Dennoch habe er damals erbost bei der Trennung seinen Teil eingefordert. Wie auch immer sei die Beute nun jedenfalls weg, er habe keinen Cent mehr.

Als nächster Verhandlungstermin ist der 8. Oktober vorgesehen. Los geht es nach Plan um 12:30 Uhr. (Moritz Bindewald) +++

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