Naturgärten als zeitgemäßes Gärtnern

In Lauterbach wurden die ersten Plaketten "Natur im Garten" vergeben

In Lauterbach wurden die ersten Plaketten "Natur im Garten" vergeben
Fotos: Privat

15.09.2024 / LAUTERBACH - Eigentlich wollen das ja fast alle Gärtnerinnen und Gärtner: Dass ihr Garten Schönes mit Nützlichem verbindet. Dass ihr Garten ein angenehmer Ort für die Menschen ist, aber auch ein Zuhause für bedrohte Tiere und die ein oder andere seltene oder sinnvolle Pflanze, die auf den ersten Blick nicht die ästhetischen Kriterien Aller erfüllt.



Dies aber erfordert ein Umdenken, ein Mitdenken für die heimische Fauna und Flora. Es bedarf in einem solchen Garten bewusst unaufgeräumter Ecken, in dem Altholz verwittern darf, einer selten gemähten Wildblumenwiese und verschiedene "Unterkünfte" für die Nützlinge eines Gartens in Strauchschnitt oder Steinhaufen, in (Nist-)Kästen für Vögel und Insekten.

Wer einem solchen lebendigen Miteinander des Blühens, Reifens und Vergehens von heimischen Bäumen und Sträuchern, von kleinen Tieren und vielfältigen Blumen und Essbarem aller Art Freude und sinnlich Schönes abgewinnen kann, der möge sich auf den Weg zum Naturgarten begeben.

Die ersten beiden in Lauterbach mit der schönen Emaille-Plakette "Natur im Garten" prämierten Gärten waren gleich zwei Musterbeispiele dafür, wie Rücksicht auf die heimische Tier- und Pflanzenwelt mit den zauberhaften Reizen, die die Natur freigiebig schenkt und dem Sinnvollen eines Gemüse und Obst liefernden Nutzgartens verbunden werden können.

Der Garten von Karin Klaffehn ist ein verwunschenes Nebeneinander von dem, was ohne größere Eingriffe auf den Wiesen und mit Bäumen und Sträuchern im Lauf der Jahre und Jahreszeiten, mit Orten und Ecken gärtnerischen Gestaltens geschieht. Aber auch die Blumen, Kräuter und Gemüse ergänzen sich zu einem sinnlich poetischen Schönen, dem die Besucher:innen anmerken, dass die Achtsamkeit vor allem Lebendigen Regie führt.

Es fehlt nicht an Orten für Insekten und Vögel und alle Arten von kleinen Nützlingen, Zwerghühner tummeln sich auf einer Streuobstwiese, am Rande eines kleinen Fichtenwäldchens fliegen Bienenvölker, ein sonniger Steinhaufen soll zukünftig Lurche zum Sonnenbad locken, eine quicklebendige Hündin verbreitet gute Laune.

Umgeben von einer Naturhecke aus heimischen Sträuchern stehen Jahrzehnte alte Obstbäume, die blühen und absterben dürfen, ergänzt durch unterschiedliche, klimaangepasste Jungbäume. Gemüse wächst in Hochbeeten und an der sonnigen Seite einer alten Gartenhütte, Stauden und Beerenbeete umgeben das optisch passend eingefügte Wohnhaus, Wildblumen und Ausgesätes leuchten überall.

Um die Auszeichnung der Initiative "Natur im Garten" zu bekommen, muss im Garten unabdingbar auf chemisch-synthetischen Dünger und Pestizide, sowie auf Torf verzichtet werden. Weitere Kriterien müssen teilweise erfüllt werden: Die verschiedenen Naturgartenelemente von Wildgehölzen bis zu heimischen und ökologisch wertvollen Stauden, sowie die ökologische Bewirtschaftung eines Komposthaufen über die Nützlingsunterkünfte und die Regenwassernutzung bis zum Gemüse- und Kräutergarten.

Eingehend in Augenschein genommen und begutachtet, aber auch sichtlich genossen wurde der Garten von Horst Türke an einem sonnigen Vormittag, an dem es der Garten vermochte alle Anwesenden beglückend in seinen Bann zu ziehen. Horst Türke ist der Vorsitzende des Kreisverbandes für die Förderung des Obstbaus sowie der Garten- und Landschaftspflege. Gleichzeitig ist er der für Hessen zuständige Förderer und Gutachter der Initiative "Natur im Garten".

Weil der Garten von Karin Klaffehn in seltener Vielfalt und Schönheit quasi alle Vorgaben für die Auszeichnung als Naturgarten erfüllt, wurde sie am Ende der Begehung von Horst Türke beglückwünscht und mit Urkunde und Emailleplakette belohnt.

Der zweite prämierte Garten wird von der Familie Jawansky-Dyroff bewirtschaftet. Es ist ein schöner Nutzgarten, der zuerst kindgerecht mit Sandhaufen und Wasserflächen angelegt wurde und heute auch der Selbstversorgung mit gesundem Obst, Gemüse, Salaten und Kräutern und als Lebensaum für viele Insekten, Vögeln und andere Tiere dient. Wichtig ist der Familie eigener guter Kompost, Gründüngung sowie eine Mulchschicht z.B. aus Grasschnitt. Das liefere die Grundlage für reiches Wachstum und Ernten, unterstützt durch eine durchdachte Mischkultur sich gegenseitig positiv beeinflussender Gewächse. Angelehnt an historischen Bauerngärten finden sich zwischen den Gemüsepflanzen verschiedene Blumen, die Nützlinge anlocken.

Eingehegt von heimischen Sträuchern und Rosen wechseln sich malerisch reich blühende Magerstaudenflächen mit alten Obstbaumsorten und wilden Ecken ab. Sichtbar sind ein Teich mit Wasserpflanzen, der Lebensraum für Libellen und Molchen bietet sowie üppig wachsende Gemüsebeete und allerlei Nist- und Brutstätten für Vögel und Insekten. Ergänzt durch zwei Gewächshäuser, die im Sommer Südfrüchte und im Winter Salate liefern, wurde ein von Februar bis November durchgehend blühender Garten für Mensch und Tiere erschaffen.

Auch dieser Garten erfüllte alle Anforderungen, die an einen echten Naturgarten gestellt werden und wurde folglich mit Urkunde und Plakette ausgezeichnet.

Das Ziel der Initiative ist es nun, möglichst viele Gärtnerinnen und Gärtner im Vogelsbergkreis für ein naturnahes Gärtnern zu gewinnen. Gut beraten von Horst Türke und seinen Mitstreiter:innen lässt sich mit dem Umstieg auf einen Naturgarten nicht nur etwas für den Umweltschutz und gegen den Klimawandel unternehmen, auch die Freude an einem lebendig wimmelnden, gut gedeihenden und immer blühenden kleinen Naturparadies kann motivieren diesen Weg zu gehen. (nia/pm) +++



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