Ungewohnt aufgeheiztes Parlament

Waffenverbotszone, Trinkwasser für Alle und Glasfaser sorgen für Debatten

Debatten und Zustimmung bei der Stadtverordnetenversammlung am Donnerstagabend in der Stadthalle in Bad Hersfeld
Fotos: Hans-Hubertus Braune

13.09.2024 / BAD HERSFELD - 19 Punkte umfasste die Tagesordnung der ersten Bad Hersfelder Stadtverordnetenversammlung nach der Sommerpause. 16 davon wurden im Schnelldurchgang und ohne Diskussionen abgehakt und beschlossen. Trotzdem schienen einige Abgeordnete die Hitze der vergangenen Wochen mit in die Stadthalle genommen zu haben.



Beim Thema Waffenverbotszone fanden die Parlamentarier erst nach einer von Bernd Böhle (FDP) beantragten Sitzungsunterbrechung und Besprechung des Ältestenrates eine gemeinsame Lösung. Die Christdemokraten hatten den Antrag gestellt, innerhalb des Stadtrings die Einrichtung einer Waffenverbotszone vom Magistrat der Stadt bei der zuständigen Genehmigungsbehörde zu beantragen. Die CDU habe Sorge um die Sicherheit in der Stadt. "Eine Waffenverbotszone hat eine abschreckende Wirkung. Zudem kann die Polizei nicht anlassbezogen kontrollieren", sagt der Fraktionsvorsitzende Andreas Rey.

"Höchstmögliches Maß an Schutz"

"In der Bad Hersfelder Innenstadt finden ganzjährig Veranstaltungen mit mehreren tausend Besuchern statt. Gerade die jüngsten Ereignisse in Mannheim auf dem Stadtfest in Solingen haben gezeigt, dass eine Erhöhung der Sicherheitsvorkehrungen zwingend erforderlich ist, um Besuchern und Gästen der Stadt ein höchstmögliches Maß an Schutz zu gewährleisten", begründete die CDU ihren Antrag.

Jürgen Richter von der Freien Wählergemeinschaft (FWG) wunderte sich über den Antrag. "Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern?", fragte Richter in Richtung der CDU, da diese die Teilnahme Bad Hersfelds am Kompass-Programm des hessischen Innenministeriums abgelehnt habe. Trotzdem stimme die FWG nun dem Antrag der CDU zu. "Wir machen unsere Zustimmung vom Inhalt abhängig. Die Maßnahme kann sinnvoll sein", sagte Richter.

Bernd Böhle von der FDP erklärte in Ergänzung zu Richter, dass das Thema Sicherheit nicht erst seit Solingen akut sei. "Wir wurden wegen Kompass quasi ausgelacht", sagte Böhle. Er schlug vor, dass sich eine Präventionskomission und parallel ein Ausschuss mit dem Antrag beschäftigen sollen. "Wir sollten ein ganzes Bündel an Maßnahmen umsetzen", sagte Böhle.

"Signal und die Symbolik an die jungen Menschen"

Andrea Zietz von Bündnis 90/Die Grünen votierte für einen Prüfantrag an den Magistrat. Bei den Festen gelte sowieso das Hausrecht. Eine Waffenverbotszone schieße jedoch über das Ziel hinaus. Karsten Vollmar von den Sozialdemokraten erklärte für seine Fraktion die Zustimmung. Das Gebot der Stunde und vor dem Hintergrund der aktuellen Situation sei eine Waffenverbotszone sinnvoll. Entscheidend sei für Vollmar das Signal und die Symbolik an die jungen Menschen.

Bürgermeisterin Anke Hofmann (parteilos) erklärte, dass sie im Vorfeld mit der Polizeidirektion in Bad Hersfeld gesprochen habe. Eine Waffenverbotszone sei umsetzbar. Sie regte an, die Verbote für eine bestimmte Zeit festzulegen. Bei Verstößen gebe es ein Bußgeld. Das Waffengesetz regelt bereits jetzt schon die Verbote auf Festen. Nach der Beratung mit dem Ältestenrat wurde dem Antrag der Christdemokraten bei einer Gegenstimme und einer Enthaltung mit großer Mehrheit zugestimmt.

Mehr Trinkwasserbrunnen in der Stadt?

Ein weiterer Antrag der CDU fand letztlich ebenfalls eine Mehrheit: "Der Magistrat wird beauftragt, ein Konzept zur Errichtung und zum Betrieb von gut sichtbaren und für alle Menschen gut erreichbaren Trinkwasserbrunnen in der Innenstadt zu entwickeln. Die Trinkwasseranlagen sollten eindeutig erkennbar und als solche gekennzeichnet werden." Hintergrund seien die Herausforderungen der Hitzebelastung. Die Trinkwasserbrunnen seien auch ein Gestaltungselement und sichtbares Zeichen der Zukunftsorientierung der Stadt, ein wichtiger Baustein und Antrieb.

Zur weiteren Begründung erklärte die CDU: "Die Bundesregierung hat am 04. Januar 2023 beschlossen, dass künftig Trinkwasser aus dem Leitungsnetz an möglichst vielen öffentlichen Orten frei verfügbar sein muss. Auch wir als Kommune sollten deshalb künftig Trinkwasserbrunnen, beispielsweise in der Fußgängerzone aufstellen, sofern dies technisch machbar ist und dem lokalen Bedarf entspricht. Viele Städte, darunter auch ganz aktuell Kassel, machen es bereits vor und haben entsprechende Trinkwasserbrunnen in Betrieb genommen."

Andrea Zietz verwies auf die bestehenden Möglichkeiten, um in der Stadt Wasser trinken zu können. Sie kritisierte den Antrag der CDU: In deren Form sei es ein "hingerotzter Antrag". Daraufhin erinnerte der Stadtverordnetenvorsteher Professor Lothar Seitz (SPD) die Fraktionsvorsitzende der Grünen an eine ordentliche Wortwahl. Karsten Vollmar wunderte sich anschließend über die aufgeheizte Stimmung in der Stadthalle. "Das ist eine 08/15-Stadtverordnetenversammlung." Zumal die CDU lediglich einen "Prüfantrag" gestellt habe.

Anke Hofmann erinnerte daran, dass es in Bad Hersfeld eine Übersichtskarte gebe, wo kühle Orte und Wasserstellen in Bad Hersfelds Innenstadt verzeichnet sind. Zudem bekämen Interessierte auch bei Nachfrage im Rathaus bei Bedarf eine Flasche Wasser. CDU und SPD stimmten für den Antrag, der Änderungsantrag mit Weitergabe an die Haushaltsdebatte im Haupt- und Finanzausschuss wurde mehrheitlich abgelehnt.

Glasfaser ja, aber mit ordentlicher Ausführung der Bauarbeiten

Ein weiteres Thema war der Glasfaserausbau in der Stadt. Insbesondere bei der Wiederherstellung der Straßen und Bürgersteige beschweren sich viele Bürger. Die Sozialdemokraten beantragten, dass der Magistrat die "aktive Begleitung der Oberflächenwiederherstellung im Straßennetz der Kreisstadt durch das Tiefbauamt und dem Referenten für Öffentlichkeitsarbeit" veranlassen solle. Ein Beispiel sei die Situation am Johannestor. Seit einem Jahr gehe hier nichts mehr voran. Die Geduld der Bürger werde stark strapaziert. Der Bauhof solle häufiger kontrollieren. Zudem solle eine Meldekette entwickelt und eine Hotline im Tiefbauamt eingerichtet werden.

Bürgermeisterin Anke Hofmann schilderte ausführlich, wie sich die Situation darstelle. "Die Bürger sind nicht zufrieden und wir sind hier eins mit den Bürgern", sagte Hofmann. Im Durchschnitt rufen täglich acht Personen an, ein Gespräch dauert im Schnitt zehn Minuten. Hofmann berichtete von regelmäßigen Gesprächen mit den Auftraggebern und den Baufirmen. Allerdings werde sich häufig nicht an die Pläne gehalten. Es gebe grundsätzlich Systemmängel im Glasfaserausbau. Neben den Anrufen und E-Mails können die Bürger auch den Mängel-Melder auf der Internetseite der Stadt nutzen.

Bernd Böhle sah die Antragspunkte der SPD hinsichtlich der Bauüberwachung und der Kommunikation als bereits umgesetzt an. Die Abgabe von Sachstandsberichten an die Stadtverordnetenversammlung befürwortete der FDP-Fraktionsvorsitzende. Letztlich wurde der Antrag mit den Stimmen von SPD, CDU und Bündnis 90/Die Grünen angenommen. (Hans-Hubertus Braune) +++

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