Ex-BILD-Chef Kai Diekmann über Putin, Wulff und seine "geliebte" TAZ
Kai Diekmann beim DRK-Jahresempfang am Dienstagabend in der Aula der Alten Universität in Fulda
Alle Fotos: Martin Engel
11.09.2024 / FULDA -"Hätten Sie noch Zeit und Lust, mit mir schwimmen zu gehen", fragt er mich in perfektem Deutsch, seine Stimme wie immer ausgesucht höflich und sanft. Ich denke, ich habe mich verhört. Hat mich der russische Präsident, hat mich Wladimir Putin gerade wirklich gefragt, ob ich mit ihm schwimmen gehen möchte", zitiert Top-Journalist Kai Diekmann (60) aus seinem Buch "Ich war BILD".
16 Jahre lang war Diekmann Chef von BILD, Europas auflagenstärkster Tageszeitung im Axel Springer-Konzern. Am Dienstagabend sitzt er leger in einem Sessel auf der Bühne der Aula in der Alten Universität in Fulda. Im Auditorium sitzen rund 200 Gäste beim traditionellen Jahresempfang vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) Fulda. Sie lauschen gespannt den Ausführungen des Ausnahmejournalisten, der zu den Mächtigsten der Republik gehört. Gleichsam geliebt und gehasst - je nach Blickwinkel. Klare Kante zu zeigen, vor nichts und niemanden zurückzuschrecken - Kai Diekmann schildert den Zuhörern viele Hintergründe zu den Gesprächen. Aber er nennt auch die Fehler, die er gemacht habe. Das DRK Fulda konnte den einzigartigen Medienmacher für den Jahresempfang gewinnen.
"War ich blind?"
Die politischen Machtzentralen sind Diekmann vertraut. Ein Kapitel seines Buches widmet sich Kreml-Chef Wladimir Putin. Unter dem Titel "Der große Diktator" - Wie ich versuchte (und immer noch versuche) Putin zu verstehen. "Ich habe Putin über viele Jahre immer wieder zu Interviews getroffen. Niemals konnte ich mir vorstellen, dass er Europa in den schlimmsten Krieg seit 1945 stürzen und zum Kriegsverbrecher werden würde", schreibt Diekmann. Er stelle sich die Frage "War ich blind?" Putin wolle uns vorführen, uns Angst machen. Ein schnelles Ende des Ukraine-Krieges glaubt er nicht. "Der Blutzoll ist zu groß. Ich bin sehr, sehr pessimistisch".
Signierte Exemplare von "Ich war BILD"
Neben Putin schilderte Diekmann in seiner gut 90-minütigen Lesung Auszüge aus den Kapiteln "Ziemlich beste Feinde - Der Fall (von) Christian Wulff" sowie "Genosse Diekmann - Wie ich lernte, die taz zu lieben (und die taz mich)" und zum Abschluss "Trump und Tschüss - Mein Abschied von BILD". Das Werk "Ich war BILD" umfasst 544 Seiten" - weit über 150 persönlich signierte Exemplare gingen am Abend über den Tisch der Buchhandlung Uptmoor.
Der Jahresempfang vom Deutschen Roten Kreuz Fulda wird seit dem Jahr 2010 - mit vierjähriger Pause wegen der Corona-Pandemie - veranstaltet. Neben den Gästen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft freut sich die DRK-Familie auf das Zusammenkommen mit den verschiedenen Partnern und Freunden der Hilfs- und Rettungsorganisationen sowie der Feuerwehren. Dazu zählen natürlich auch die vielen ehrenamtlichen Helfer. Das DRK ist in vielen Bereichen wie etwa dem Rettungsdienst, der Reiterstaffel, Hundestaffel, Drohnenstaffel und der Pflege von älteren Menschen sowie vielen weiteren Dingen aktiv.
"Ohne Sie wäre alles nichts"
Präsidentin Donata Freifrau Schenck zu Schweinsberg und Vorstandsvorsitzender Christoph Schwab dankten den haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern sowie den Partnern der DRK-Familie für ihre Unterstützung bei den wichtigen Aufgaben des Roten Kreuzes. "Ohne Sie wäre alles nichts", sagte Schenck zu Schweinsberg. Sie berichtete zudem neben den unzähligen regionalen Themen von Aktivitäten in Österreich, etwa mit einem kleinen Standort in Innsbruck für verunglückte Reisende, die zurück nach Deutschland gebracht werden, und die Teilnehme an der Retter-Fachmesse 'SIGNAL 112' im Burgenland.
Vize-Landrat und Gesundheitsdezernent Frederik Schmitt (CDU) hob in seinem Grußwort die Bedeutung der Rettungs- und Hilfsorganisationen hervor. "Das DRK Fulda ist für uns ein ganz wichtiger Partner." Sicherheit und Freiheit seien die Grundfeste und das DRK Fulda ein stabilisierender Faktor in unserer Region. Er dankte für die Arbeit des DRK in den verschiedenen Bereichen.
Der Liedermacher Hans-Heinrich Conradi unterhielt die Gäste mit eigenen Songs wie "Der liebe Gott ist ausgezogen". Im Anschluss nutzten die Gäste die Gelegenheit, miteinander zu netzwerken und sich über die aktuellen Themen der Gesellschaft auszutauschen. In bewegten Zeiten ein wesentlicher Faktor, trotz aller Herausforderungen optimistisch nach vorne zu schauen. "Bild ist meine Droge. Das Trump-Interview ist die Superdröhnung", sagte Diekmann. Danach hat er seine Karriere bei der BILD beendet. (Hans-Hubertus Braune) +++