"Wir dürfen die Augen nicht verschließen"

100 Tage im Amt: So schlägt sich der neue Landrat Dr. Jens Mischak (CDU)

Dr. Jens Mischak (CDU) berichtet in einem Interview von seinen ersten hundert Tagen im Amt als Vogelsberger Landrat.
Fotos: Henrik Schmitt

18.09.2024 / REGION VB - "Jubiläum" beim Kreisausschuss des Vogelsbergkreises: Seit dem 10. Juni ist Dr. Jens Mischak (CDU) Landrat und bildet mit Erstem Kreisbeigeordneten Patrick Krug (SPD) die Kreisspitze im Vogelsberg. Mittlerweile liegen die ersten hundert Tage im Amt hinter ihm – Zeit für eine Bilanz.



In einem exklusiven OSTHESSEN|NEWS-Interview hat der 45-Jährige Mischak verraten, welche Themen er bereits angegangen ist, was die größten Herausforderungen in den vergangenen Monaten waren und was momentan ganz oben auf seinem Schreibtisch liegt. Weiter berichtet er über seinen wohl spannendsten und aufregendsten Termin und klärt auf, wie er denn als Landrat überhaupt in den Tag startet.

"Der Übergang verlief ziemlich fließend"

Der gebürtige Lauterbacher Jens Mischak ist im Vogelsbergkreis definitiv kein Unbekannter. Nachdem der ehemalige Richter rund sieben Jahre lang als Vize-Landrat unter seinem Vorgänger Manfred Görig (SPD) fungiert hat, war es an der Zeit für den nächsten Schritt: "Der Übergang verlief glücklicherweise ziemlich fließend. Vieles war klar. Durch die Arbeit als Stellvertreter von Manfred Görig war mir der Ablauf hier eben nicht völlig fremd", erklärt Mischak. Gleich am ersten Tag im Amt gab es gegen Abend eine wichtige Versammlung der Feuerwehren. Anlass war die Vorstellung des neuen Kreisbrandinspektors Marcell Büttner. "Rückblickend konnte ich mich vor über hundert Brandschützerinnen und Brandschützern vorstellen, das war schon ein Start nach Maß", berichtet der Landrat gegenüber O|N. Weiter sagt er: "Die Zeit bis zu den Sommerferien war ziemlich intensiv. Ob Festveranstaltungen, Jubiläen oder Wochenend-Events: Gefühlt waren in diesem Jahr mehr Termine als sonst", lacht er.

Um diese Ereignisse natürlich bestmöglich meistern zu können, ist ein guter Start in den Tag essenziell und von großer Bedeutung: "Privat beginne ich immer mit einer Tasse Kaffee und einem Blick in die Tageszeitung beziehungsweise in die Online-Medien. Nach dem Aufstehen erfolgt der Griff zum Handy, um mir schon einmal einen ersten Eindruck vom Mailpostfach zu verschaffen. Im Büro angekommen, geht es an die Besprechung mit dem Vorzimmer - im Fokus steht die Terminplanung. Mittlerweile habe ich zwar einen eigenen Rhythmus entwickelt, welcher sich aber nicht sonderlich von dem davor unterscheidet."

"Wir dürfen nicht die Augen verschließen"

Aufstellung für den Haushalt 2025, Neubau des Kreiskrankenhauses, Nachfolge des Kreisbrandinspektors, Palliativversorgung im ambulanten und stationären Bereich: All das sind Themenfelder, welche Landrat Mischak bereits auf seiner Liste stehen oder sogar zum Teil schon erfolgreich abgearbeitet hat. Trotz allem stehen die Verantwortlichen des Vogelsberger Kreisausschusses vor einer Herausforderung, die den einen oder anderen aktuell wohl sehr beschäftigt: "Wir müssen unsere Verwaltung auf Sparkurs einstellen, da unsere Ausgaben schneller steigen als unsere Einnahmen. Vom Land Hessen haben wir den Hinweis bekommen, dass der Aufwuchs im kommunalen Finanzausgleich kommendes Jahr geringer ausfallen könnte, als vorher geplant." Weiter sagt der 45-Jährige: "Man wird in den nächsten Monaten entscheiden müssen, ob das alles so funktioniert. Das hätte ich mir zwar anders gewünscht, wir dürfen aber nicht die Augen verschließen."

Nichtsdestotrotz hat Jens Mischak in den letzten hundert Tagen auch einige spannende und aufregende Erfahrungen machen dürfen, etwa das dreitägige Landräteseminar des hessischen Landkreistages in Berlin. "Dort war ich zum allerersten Mal dabei. Wir hatten verschiedene Gespräche mit der Bundesministerin für Bildung und Forschung Bettina Stark-Watzinger oder einem Referenten des Bundesgesundheitsministeriums. Es ging um das Thema Krankenhausreform und die Frage, ob man städtische Regionen gleich behandeln kann wie ländliche. Mit dem Intendanten des hessischen Rundfunks haben wir über die Themen diskutiert, wie Öffentlich-Rechtliche mit den neuen Medien umgehen und auf welche Art und Weise man die veränderten politischen Verhältnisse behandeln soll. Das war alles total interessant."

Vogelsberg als attraktiver Lebens- und Wirtschaftsstandort

Was strebt der 45-Jährige für seine sechsjährige Amtszeit an? "Wir wollen zu solideren Kreisfinanzen kommen. Zudem wünsche ich mir, dass so ein Landkreis wie der Vogelsberg durch seine Kleinteiligkeit anders in der Finanzierung der Landkreise abgebildet wird als aktuell. Ein weiteres relevantes Thema ist die Palliativversorgung im ambulanten und stationären Bereich. Wir sind einer der Landkreise, welcher noch keine stationäre Versorgung hat - dazu gibt es aber Ideen, die schon weit vorangetrieben sind." Im Fokus stehen zudem weitere Themen, etwa der Fachkräftemangel oder Kinderbetreuungsplätze. "Wir wollen damit werben, dass man hier im Vogelsberg gut leben, wohnen und arbeiten kann. Wir wollen diesen Ort als attraktiven Lebens- und Wirtschaftsstandort weiter vermarkten und ausbauen", so der Landrat im O|N-Interview.

Zum Abschluss äußerte er noch einen letzten Wunsch: "Es geht darum, politische Extreme wieder besser einzudämmen. Das ist aber eine Aufgabe, die nicht von heute auf morgen gelöst werden kann. Viele Diskussionen in der Politik sind weit weg von dem, was die Menschen vor Ort wirklich bewegt. Ich wünsche mir, dass wir es schaffen, näher zusammenzurücken. Damit solche Ergebnisse, wie etwa bei den Landtagswahlen in Thüringen, nicht zur Regel werden." (Julia Schuchardt)+++

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