"Wer spielt denn hier eigentlich?"

Spielstraße versus Rettungseinsatz - dabei geht es oft um Sekunden

Die Rettungsdienstfahrer müssen in der St.-Laurentius-Straße jedes Mal abbremsen, um hier entlangzuschleichen.
Fotos: Maurice Schumacher

07.09.2024 / FULDA - Der Anblick ist ziemlich grotesk: mit Martinshorn und Blaulicht rast ein RTW aus der Einfahrt der Rettungswache in Fulda-Neuenberg, doch kurz darauf muss der Fahrer trotz des dringenden Einsatzes wieder auf Schritttempo abbremsen. Der Grund: direkt vor der Einfahrt der Wache des DRK ist eine Spielstraße ausgewiesen. Hier darf er nur Schritttempo - ganze 6 Stundenkilometer fahren. "Wer sich das ausgedacht, weiß nicht, dass 70 Prozent unserer Einsätze zeitkritisch sind, da zählt einfach jede Sekunde", kritisiert Christoph Schwab, Geschäftsführer des DRK Fulda.



"Das ist ein echter Schildbürgerstreich", beurteilt Schwab diese Regelung. Die St.-Laurentius-Straße ist im Zuge der Landesgartenschau zur Spielstraße umgewidmet worden. Während die meisten Verkehrsteilnehmer so schnell wie irgend möglich zur Seite fahren, wenn sie Martinshorn hören und Blaulicht sehen, scheint man in Fulda auf Entschleunigung zu setzen. Über die Geschwindigkeitsbegrenzung, die nun mal für Spielstraßen vorgesehen sind, dürfen sich die RTW-Fahrer nämlich auch nicht bei allereiligsten Einsätzen einfach hinwegsetzen. Sie dürfen nur "in angemessener Weise" schneller fahren als andere Verkehrsteilnehmer - das wäre in der Spielstraße vermutlich gerade mal 10 km/h.

Über 10.000 Einsätze im Jahr

Christoph Schwab gibt zu bedenken, dass bei den über 10.000 Einsätzen, die von der DRK-Rettungswache das ganze Jahr über starten, Zeit der entscheidende Faktor ist. Es gehe ja nicht selten um schwerste Unfälle, bei denen Patienten in Lebensgefahr schweben. Alles, was die Fahrtzeit zum Einsatzort zusätzlich verlängere, könne ein Risiko bedeuten. Einige Kommunalpolitiker hätten sich die Situation bereits vor Ort angeschaut und den Kopf geschüttelt. Schwabs Fazit: Diese hinderliche Regelung müsse so schnell wie möglich wieder beseitigt werden.

Die Stadt Fulda ist aber anderer Ansicht.

Magistratspressesprecher Johannes Heller moniert, dass sich das DRK mit diesem Anliegen zuerst an die Presse und nicht direkt an die zuständige Abteilung im Stadtschloss gewandt habe. Die Spielstraße sei während der Landesgartenschau als verkehrsberuhigter Zugang zur Fulda-Aue vor allem für Fußgänger und Radfahrer eingerichtet worden und habe deshalb auch ihre Daseinsberechtigung. Seit es die eigens für die Rettungsfahrzeuge geschaffene Ausfahrt zur Sickelser Straße gebe, nutzten allerdings zu viele motorisierte Anwohner diese Verbindung von der Neuenberger Straße zur B27 als Abkürzung. Das habe man mit der Spielstraßeneinrichtung eingedämmt, was auch im Sinne der Rettungswache sei.

Auf die Frage, wie dieser Konflikt nun so schnell wie möglich zu lösen ist, sagt der Pressesprecher, es gebe gerade Überlegungen, den Bereich der Spielstraße noch weiter einzugrenzen und das entsprechende Schild nach hinten zu versetzen. Diese Option werde zur Zeit geprüft. Ob das DRK damit zufrieden ist? Die Fahrer haben es ja nicht ohne Grund so brandeilig. (ci) +++

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