MP Rhein: "Jeder Angriff ist einer zu viel"
Trauriger Höchststand: Landesregierung fordert mehr Respekt für Einsatzkräfte
Archivfoto: O|N/ Carina Jirsch
06.09.2024 / WIESBADEN -
Die Hessische Landesregierung hat ein Respekt-Paket geschnürt und setzt sich damit für mehr Respekt von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten ein. Anlass ist, dass die Zahl der Angriffe auf Einsatzkräfte jährlich steigt. Im vergangenen Jahr hat es einen traurigen Höchststand gegeben: 2023 wurden insgesamt 5.200 Einsatzkräfte aus Hessen Opfer einer Straftat, davon 5.056 Polizisten (5.056), 24 Feuerwehrleute und 171 Einsatzkräfte von Rettungsdiensten.
Das Respekt-Paket beinhaltet Maßnahmen zur Anerkennung der herausragenden Leistung, für eine noch bessere Ausstattung der Einsatzkräfte sowie für mehr Sichtbarkeit und Wertschätzung. Ministerpräsident Boris Rhein und Innenminister Roman Poseck haben das Respekt-Paket am Donnerstag bei der Feuerwehr Frankfurt vorgestellt.
"Jeder Angriff ist einer zu viel"
"Es ist der Verdient unserer Polizei, dass Hessen eines der sichersten Bundesländer ist"
"Wir wollen Dankbarkeit und Wertschätzung für unsere Einsatzkräfte ausdrücken"
Das Respekt-Paket enthält unter anderem:
Maßnahmen zur verbesserten Anerkennung der Leistung Zulagenerhöhungen
Erhöhung der Besoldung
Besserer strafrechtlicher Schutz von Einsatzkräften
Hessen hat eine Bundesratsinitiative gestartet, um das Mindeststrafmaß bei tätlichen Angriffen auf Einsatzkräfte von den bisherigen drei auf sechs Monate zu erhöhen. Hierdurch wäre das Verhängen einer Geldstrafe nicht mehr möglich. Werden Einsatzkräfte gezielt in einen Hinterhalt gelockt, soll eine Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr gelten.
Ausweitung der Angriffsentschädigung
Das Land Hessen hat als einziges Bundesland für Fälle, in denen Beamtinnen, Beamte und andere Beschäftigte und bestimmte Ehrenamtsgruppen wie Angehörige der Freiwilligen Feuerwehren und des Katastrophenschutzes angegriffen werden, eine Angriffsentschädigung als zusätzliche unbürokratische Unfallfürsorgeleistung eingeführt. Vor kurzem wurde die Anerkennungspraxis auf weitere Fälle ausgeweitet, in denen bislang eine Angriffsentschädigung nicht ohne weiteres möglich war. Im Anerkennungsfall beträgt die Entschädigungsleistung pauschal und unabhängig von der Schwere der Verletzung 2.000 Euro.
Mehr Personal
Im Nachtragshaushalt 2024 wurden 50 zusätzliche Stellen für die Polizei zur Entlastung des Regeldienstes beim Einsatz für sichere Innenstädte geschaffen. Das ist ein wichtiges Zeichen in finanziell herausfordernden Zeiten und zeigt unsere klare Priorität für die Innere Sicherheit.
Maßnahmen zur verbesserten sicherheitsrelevanten Ausstattung
Ausweitung der Taser
Seit diesem Sommer ist in jedem Polizeidirektionsbereich mindestens eine Streife mit Distanzelektroimpulsgeräten, sogenannten Tasern, ausgestattet. Hessenweit stehen der Polizei 190 Taser zur Verfügung. Ziel ist es, die Zahl der Taser sukzessive weiter zu erhöhen.
Bessere Schutzausstattung
Fortlaufend wird die persönliche und individuelle Schutzausstattung der Beamtinnen und Beamten modernisiert. Dieses Jahr sollen Schutzwesten mit Stichschutz erneuert werden.
Bodycams für Ordnungskräfte
Zum Schutz unserer kommunalen Ordnungskräfte schaffen wir eine Rechtsgrundlage, damit auch Ordnungskräfte Bodycams nutzen können.
Maßnahmen für mehr Sichtbarkeit & Wertschätzung
Anerkennungs- und Lobkultur
Ziel ist es, die geleistete Arbeit und das Engagement unserer Einsatzkräfte sichtbarer zu machen, beispielsweise durch Pressemitteilungen, Social Media, Redebeiträge und persönliche Gespräche mit den Einsatzkräften. Diese Wertschätzung und Anerkennung soll eine Anerkennungs- und Lobkultur als Bestandteil der Führungsleistung in der hessischen Polizei gestärkt werden.
Organisation Runder Tisch "Gewalt gegen Einsatzkräfte"
Das Hessische Innenministerium hat am 27. Juni 2024 auf Einladung von Innenminister Roman Poseck zum ersten Mal einen Runden Tisch "Gewalt gegen Einsatzkräfte" unter Einbeziehung aller betroffenen Interessenvertretungen organisiert. Ergebnis des Runden Tischs war eine gemeinsame Erklärung, mit der alle beteiligten Akteure ein einhelliges und klares Zeichen für Respekt und Akzeptanz für Einsatzkräfte und gegen Gewalt gegen Einsatzkräfte setzten.
Verständnis und Respekt durch Dialogformate und Veranstaltungen fördern
Mit einem Dialogformat zwischen Bürgerinnen und Bürger und Einsatzkräften der Blaulichtfamilie soll das Vertrauen in die Sicherheitsbehörden und in den Rechtsstaat gestärkt werden. Das Format soll dazu beitragen, auch fremden Kulturkreisen das Rechtssystem und Sicherheitsverständnis zu vermitteln, um Vertrauen und Respekt gegenüber Einsatzkräften aufzubauen.
Durchführung einer Solidaritäts-Unterschriftenkampagne
Mit einer Online-Unterschriftenkampagne soll zusätzliche Aufmerksamkeit für Respekt und Wertschätzung für Einsatz- und Rettungskräfte geschaffen werden.
Social-Media-Kampagne
Im Sommer 2024 beginnt die Social-Media-Kampagne "Einsatz verdient Respekt". Ziel der Kampagne ist es, Bürgerinnen und Bürgern für den Einsatz unserer Einsatzkräfte zu sensibilisieren sowie Wertschätzung und Anerkennung gegenüber Einsatzkräften auszudrücken.
Respekt-Woche für Einsatzkräfte
Wenn sich das Konzept bewährt, wird es eine jährlich wiederkehrende "Woche der Einsatzkräfte – zu Besuch bei Helden" geben. Diese Woche soll sich rund um den 18. September, dem Tag des Respekts, um die Einsatzkräfte drehen; u. a. wird Innenminister Roman Poseck Dienststellen von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten besuchen und sich persönlich für ihren Einsatz bedanken.
Wanderausstellung
Im Rahmen einer Wanderausstellung wird insbesondere auf das Thema Gewalt gegen Polizeibeamte (Einsatzkräfte) eingegangen. Das Polizeipräsidium Mittelhessen hat die Wanderausstellung am 4. Juli in Gießen gestartet. Es ist beabsichtigt, dass diese Ausstellung auch andere Polizeipräsidien zeigen.
Schutzschleifenkampagne
Die etablierte Schutzschleifenkampagne werden wir fortführen. In den Farben Blau, Rot und Weiß setzen ihre Trägerinnen und Träger ein aktives Zeichen der Solidarität mit den Angehörigen der Blaulichtfamilie. Bisher wurden über 280.000 Schutzschleifen verteilt.
Konfliktpräventionsveranstaltungen für die Feuerwehr
Für die Feuerwehren startete im Jahr 2023 ein Seminar für Konfliktprävention an der Hessischen Landesfeuerwehrschule (HLFS) mit insgesamt acht Veranstaltungen. Für dieses Jahr wird das Angebot auf zwölf Veranstaltungen erweitert.
Statement der Gewerkschaft der hessischen Polizei
"Zahlen der Kriminalstatistik quittieren, wie gefahrenintensiv unser Arbeitsalltag aussieht. Krisen- und Notsituationen sind leider zu oft die Anlässe, bei denen unsere Arbeit in den letzten Wochen sehr gefragt ist. Dabei müssen wir unter hohem Zeitdruck und großen psychischen und physischen Belastungen arbeiten, sowie Leib und Leben riskieren. Das große Vertrauen, welches Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste in der Bevölkerung genießen, ist herausragende Beurteilung unserer Arbeitsleistung", so der Gewerkschaftsvorsitzende Jens Morherr."Viele bestehende Leistungen des Dienstherrn können noch verbessert werden. Die bereits bestehende Erfüllungsübernahme bei Schmerzensgeldansprüchen (§ 81 HBG) und die Gewährung einer Angriffsentschädigung darf nicht an Antragshürden oder Bagatellgrenzen scheitern. Behördlicher Rechtsschutz muss umgehend nach Ereignisprüfung standardisiert gewährt werden. Nach schweren Dienstunfällen muss das "Verfahren zur Anerkennung von qualifizierten Dienstunfällen" beschleunigt werden. Das soziale Netz des Dienstherrn muss dauerhaft halten", so Mohrherr. Diejenigen, die im Dienst für die Sicherheit und Freiheit der Bürger ihr Leben riskierten, hätten diese Wertschätzung verdient. "Der erste Schritt ist mit dem Respekt-Paket heute getan, weitere müssen folgen" betont Mohrherr. Dies gelte insbesondere für die Wiedereinführung der Ruhegehaltsfähigkeit der Polizeizulage, die noch immer aussteht. Auch die Justiz müsse bei Angriffen gegen Einsatzkräfte endlich die bereits bestehenden Strafrahmen ausschöpfen. Nachhaltige Investitionen in Personal und Ausstattung seien der Schlüssel, "damit das Respekt-Paket dauerhaft zu einem dynamischen Erfolgsmodell wird", so Morherr. (pm)+++