50.000 Patienten im Jahr (1)
"Hilfe, ich ersticke!" - Dauerstress in der Zentralen Notaufnahme des Klinikums
Archivfoto: ON/Christian P. Stadtfeld
23.09.2024 / FULDA -
"Hilfe, ich kriege keine Luft mehr", röchelt der Patient in der Notaufnahme. Er ist Allergiker und von einer Wespe in den Rachen gestochen worden. Die Diagnose ist klar: ein anaphylaktischer Schock. Ruhig und routiniert setzt die Ärztin die Spritze mit dem lebensrettenden Adrenalin in den Oberschenkel. In der Zentralen Notaufnahme des Klinikums Fulda gibt es nahezu an jedem Tag lebensbedrohliche Situationen. Das Team bleibt aber auch unter höchstem Stress routiniert und agiert professionell.
Die Zentrale Notaufnahme des Klinikums Fulda steht den Menschen der Region an 365 Tagen im Jahr und rund um die Uhr zur Verfügung. Hier werden Notfälle aller Art behandelt. Dabei hat das Klinikum einen besonderen Auftrag: Als Maximalversorger nimmt es an der höchsten Versorgungsstufe teil. Daher werden hier die am schwersten verletzten und erkrankten Patienten versorgt.
Eine Powerfrau
Sauthoff ist eine Powerfrau, das merkt man sofort. Um von ihrem stressigen Berufsalltag Abstand zu gewinnen, sind für sie neben ausgleichenden Hobbys ein gutes privates Umfeld und die Familie von zentraler Bedeutung. "Als ich noch Stationsärztin war, habe ich die Tür der Klinik geschlossen und wusste, dass ich nun abschalten kann. Heute als Klinikdirektorin sind meine Gedanken immer auch ein wenig in der Klinik, und ich bin für mein Team jederzeit erreichbar."Die Zentrale Notaufnahme des Klinikums Fulda behandelt jährlich rund 50.000 Patienten. Insgesamt stehen 25 Plätze bereit, an denen Patienten versorgt und überwacht werden können. Zudem gibt es vier Schockräume, die von allen Fachdisziplinen gleichermaßen für kritisch kranke oder schwer verletzte Patienten genutzt werden können. Beim Neubau 2019 wurde auf kurze Wege geachtet. Die Computertomographen, die einen essenziellen Baustein in der modernen Diagnostik darstellen, befinden sich unmittelbar neben den Schockräumen. "Wir sind mit modernster Technik ausgestattet, um unsere Patienten zu versorgen. Eine Realität der heutigen Zeit ist allerdings, dass von den Patienten, die kommen, 70 Prozent ambulant weiterbehandelt werden und nicht im Krankenhaus aufgenommen werden müssen. Gleichzeitig steigen bei höheren Patientenzahlen aber die absoluten Aufnahmen. Zudem sind lediglich zwei Prozent der Patienten, die uns erreichen, lebensbedrohlich erkrankt – mit sinkender Tendenz", stellt Sauthoff fest. Die Finanzierung dieser ambulanten Fälle treibt der Ärztin Sorgenfalten auf die Stirn. Unabhängig vom Aufwand, den ein ambulanter Patient in der ZNA verursacht: Am Ende bleiben gerade mal 28 Euro übrig.
Kommt ein Patient in der ZNA an, erfolgt die medizinische Ersteinschätzung durch eine speziell ausgebildete Pflegekraft. Jeder Patient muss innerhalb einer Zehn-Minuten-Frist gesehen und eingeschätzt werden. Im Mittel liegt die Sichtungszeit zwischen vier bis sechs Minuten.
Vor welchen Herausforderungen die moderne Notfallmedizin steht und was Menzel und Sauthoff für gute Lösungsansätze halten, lesen Sie im zweiten Teil unseres ZNA-Sommerinterviews. (Adrian Böhm)+++