Klangwelten im Dialog

Klingende Bezüge: Cello-Sextett trifft Orgel beim Niedermooser Konzertsommer

„Cellissimo“ beim Niedermooser Konzertsommer: Ganz links Meister Wen-Sinn Yang, Professor in München.
Fotos: Hanswerner Kruse

01.08.2024 / FREIENSTEINAU - Der Nieder-Mooser Konzertsommer 2024 wurde mit der Aufführung "Cellisten & Orgel" fortgesetzt. Im Cello-Sextett musizierte Wen-Sinn Yang mit seiner Meisterklasse, während Frank Hoffmann an der Kirchenorgel wirkte.



Vorab fragte man sich, wie das Sextett "Cellissimo" der Königin der Instrumente begegnen könnte oder ob das Programm lediglich im Wechsel abgespielt würde? Emblematisch kam es in der Mitte des ersten Teils zu einer unmittelbaren Begegnung zwischen den Klangkünstlern Hoffmann und Yang. In ihrem wunderbaren Zusammenspiel präsentierte Yang mit seinem Instrument, und der Organist an einer kleinen mobilen Orgel als Basso continuo, die Sonate für Violoncello von Johann Chr. F. Bach (1732-1750).

Ansonsten entstanden in der Veranstaltung reichlich inhaltliche oder klingende Bezüge zwischen den getrennt vorgetragenen Werken. Der Organist begann das Konzert mit kraftvollen Improvisationen eines spätromantischen Stücks von Siegfried Karg-Ehlert (1877-1933). Das Sextett bot insgesamt drei, jeweils für sechs Celli bearbeitete Arrangements dar, als erstes die bekannte Holberg-Suite von Edward Grieg (1843-1907). Deren fünf Sätze changieren zwischen barocken Bezügen und romantischer Klangwelt; das Streicherensemble setzte damit den "modern" wirkenden Einstieg fort.

Bach Vater und Sohn

Auch das folgende Choralvorspiel von Johann Sebastian Bach (1685-1750) mutete hochaktuell an, denn ohne Gesänge wirkt seine Musik - jedenfalls auf den Schreiber dieser Zeilen - oft sehr zeitlos. Dem Übervater Bach folgte die oben beschriebene Sonate seines Sohnes. Orgelklänge von Louis Lefebure-Wely (1817-1869) riefen starke innere Bilder hervor – von einem Duo des Pfeifenwerks mit sich selbst bis hin zu dynamischen karnevalesken und tänzerischen Melodien.

Der zweite Teil begann mit einem kurzen, "knackigen" Moderato von Gustav Merkel (1827-1885) auf der Orgel, welches die Kirche zum Beben bracht. Unmittelbar danach brachte der Organist den beliebten Evergreen "Gabriel’s Oboe" von Ennio Morricone (1928-2020). Der Hit wurde tatsächlich für Oboe und Orchester geschrieben, aber es gibt viele beliebte Bearbeitungen für andere Instrumente. Natürlich erinnerten diese Klänge an Szenen aus Italo-Western. Recht populär und manchmal humorvoll ging es dann mit in den folgenden Darbietungen weiter.

Die "Suite populaire Espagnole" von Manuel de Falla (1876-1840) machte vor allem die weiche Vielfalt der möglichen Celloklänge deutlich. Mit einer mächtigen Orgelkomposition von Lèon Boellmann (1862-1897) führte der Organist das Konzert weiter. Durch deren Toccata verzauberte Hoffmann das Publikum mit tiefen, düsteren Bässen und fröhlich darüber kreisenden Melodien. Hier wurde die gesamte Bandbreite des Klangwerkzeugs intensiv genutzt. Es war die spannende Besonderheit dieses Abends, dass jeweils die vielfältige Klangpalette von Orgel und Cello so deutlich wurde.

Freches Potpourri aus Bizets "Carmen"

Mit einem frechen Potpourri aus "Carmen" von George Bizet (1838-1875) beendete "Cellissimo" den Musikabend, in dem alle populären Melodien der Oper, etwa "Habanera" oder der "Toreador", interpretiert wurden. Ein Streicher hatte sein Instrument durch einen Schellenkranz und eine Triangel getauscht, damit erhöhte er das spanische Flair, das den Abend beschloss. Doch das 350-köpfige Publikum ertrotzte mit Ovationen im Stehen noch zwei Zugaben.

Hintergrund des Nieder-Mooser Konzertsommers Was einst 1978 als Orgelkonzertreihe begann, hat sich nun zu einer vielfältigen Konzertreihe rund um die historische Oestreich-Orgel in der Evangelischen Kirche in Nieder-Moos entwickelt.m Das besondere Ambiente der Kirche und das breite Spektrum an Chor- und Instrumentalmusik durch alle Epochen der Musikgeschichte bietet Menschen, die oft von weither anreisen, ein unvergessliches Erlebnis." (Hanswerner Kruse) +++

X