Gesundheitliche Gefährdung ernst nehmen

Klein, aber nicht unscheinbar: Asiatische Tigermücke bald auch in Hessen?

Die Art stammt ursprünglich aus Asien, hat aber den Sprung nach Europa geschafft.
Symbolbild: Pixabay

29.07.2024 / REGION - Die Asiatische Tigermücke ist klein, aber nicht unscheinbar: Bei genauem Hinsehen ist ihre charakteristische schwarz-weiße Zeichnung auf Beinen und Rumpf gut zu erkennen. Die Art stammt ursprünglich aus Asien, hat aber mit dem globalisierten Verkehr den Sprung nach Europa geschafft.



Der menschengemachte Klimawandel mit seinen steigenden Temperaturen hilft ihr, sich bei uns anzusiedeln. Da die Stechmücke in ihren Heimatregionen als Überträgerin zahlreicher Krankheiten bekannt ist, gilt es aus der Perspektive der Klimawandelanpassung und der Gesundheitsvorsorge, ihre Ansiedlung vor allem in Siedlungsnähe zu vermeiden oder einzugrenzen. Das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) hat ein Tool weiterentwickeln lassen, mit dem jetzt auch Städte und Gemeinden das Risiko für eine Etablierung der Art abschätzen können.

Ein Sommer der Plagegeister

Die Witterung im Frühjahr und Sommer 2024 war sehr wechselhaft, viele sehr feuchte Perioden mit starken Niederschlagsereignissen haben zu teils langanhaltenden hohen Wasserständen in vielen Flussgebieten geführt. Wie von Vielen bereits leidlich erkannt: beste Bedingungen also für eine ausgeprägte Vermehrung von Stechmücken. Anders aber als unsere dämmerungsaktiven Stechmücken ist die invasive Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) tagaktiv und in ihrem Stechverhalten sehr aggressiv.

In vielen Teilen Europas hat sie sich inzwischen dauerhaft angesiedelt, vor allem rund um die Mittelmeerküste existieren stabile Populationen. Gelingt es der Art, aus benachbarten Verbreitungsgebieten beispielsweise in Lkws, Pkws oder Wohnmobilen zu uns zu kommen, findet sie durch den Klimawandel auch in Deutschland und Hessen zunehmend günstige Lebensbedingungen vor. Geht es um Brutstätten, ist die Tigermücke bedeutend anspruchsloser als unsere heimischen Überschwemmungsmücken. Zur Eiablage nutzt sie kleinste Wasseransammlungen in Behältnissen, die Eier sind sehr robust und überstehen auch zeitweise Trockenphasen.

Gerade in Siedlungsnähe bieten sich so unzählige menschengemachte Brutmöglichkeiten: Blumenuntersetzer, Sonnenschirmständer, Friedhofsvasen, weggeworfene Kaffeebecher. Dirk Reichle, wissenschaftlicher Direktor der Kommunalen Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage KABS e.V., verweist aber auf die Erfolge, die Kommunen hier erzielen können "Die Tigermücke wird sich weiter ausbreiten, daran besteht kein Zweifel, aber engagierte Kommunen können in Zusammenarbeit mit der Bevölkerung den Unterschied machen. Mit unserer Unterstützung haben betroffene Kommunen es geschafft, die Tigermücken-Populationen deutlich zu reduzieren und in Einzelfällen unter die Nachweisgrenze zu drücken. Letzteres ist möglich, wenn die Begleitumstände günstig sind und sich die Bürger in einem betroffenen Gebiet konsequent an der Bekämpfung auf ihrem Anwesen beteiligen."

Gesundheitliche Risiken im Blick behalten

In ihrer ursprünglich asiatischen Heimat ist die Stechmückenart als Überträgerin für krankheitsauslösende Viren wie Dengue-, Chikungunya- und West-Nil-Virus bekannt. Da die Erreger in Deutschland bisher nicht verbreitet sind und nur vereinzelt über infizierte Reiserückkehrer eingebracht werden, ist das Risiko einer Krankheitsübertragung bisher gering – trotzdem sollte die potenzielle gesundheitliche Gefährdung ernst genommen werden. Geeignete Maßnahmen können die weitere Verbreitung der Asiatischen Tigermücke gezielt eindämmen und so auch das Risiko einer Übertragung der benannten Viren einschränken.

Handlungsmöglichkeiten für Städte und Gemeinden

Das Fachzentrum Klimawandel und Anpassung im Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie bietet nun über seine Internetseiten ein Tool an, das es Städten und Gemeinden in Hessen ermöglicht, sich mit den artspezifischen Besonderheiten, Ansprüchen und Verbreitungsmustern der Asiatischen Tigermücke vertraut zu machen, den Aufbau von Populationen auf ihrem Gebiet möglichst zu vermeiden, und gewappnet zu sein für den Fall, dass die Stechmücke doch den Weg in ihre Kommune findet. Das Tool wurde ursprünglich vom Land Baden-Württemberg im Rahmen seines Förderprogramms KLIMOPASS (Klimawandel und modellhafte Anpassung) entwickelt. Die überarbeitete und erweiterte Version "Kommunale Etablierungseinschätzung II Aedes albopictus" wurde, wie auch die Ursprungsfassung, von der KABS e.V. umgesetzt. Das Tool zeigt die klimatisch am besten für eine Ansiedlung geeigneten Teile der Gemeindefläche auf, über detaillierte Abfragen können mögliche Einschleppungswege und Massenbrutstätten der Tigermücke im Siedlungsgebiet identifiziert werden. Die verschiedenen kommunalen Fachbereiche werden für die Thematik Tigermücke, Eintragswege und Brutstättenvermeidung sensibilisiert und gleichzeitig befähigt, gezielt Maßnahmen zur Vermeidung der Ansiedlung und Ausbreitung ergreifen zu können und so ihre Bevölkerung zu schützen. Dr. Marion Hemfler, Leiterin des Fachzentrums Klimawandel und Anpassung, stellt die gute Zusammenarbeit heraus: "Mit der Erweiterung des neuen Tools können wir nun die langjährigen praktischen Erfahrungen der KABS und deren einzigartige Expertise im Umgang mit der Tigermücke unseren Kommunen in Hessen aber auch unseren Partnerländern Rheinland-Pfalz und Thüringen zur Verfügung stellen. Die Tigermücke macht keinen Halt vor Ländergrenzen und darum sind Kooperationen wie diese zwischen vier betroffenen Bundesländern so wichtig."

Jeder und jede Einzelne kann aktiv werden

Auch im privaten Umfeld gibt es zahlreiche, meist einfach umzusetzende Maßnahmen, die dazu beitragen, dass sich die Asiatische Tigermücke nicht etablieren oder weiter ausbreiten kann. Bürgerinnen und Bürger können sich dabei die Vorliebe der Stechmückenart für kleine Wasseransammlungen als Eiablageort zunutze machen: Werden Gefäße so gelagert, dass sich in Gärten, auf Balkonen und Terrassen oder sonstigen Freiflächen erst gar kein Niederschlag sammeln kann, entstehen auch keine geeigneten Bruthabitate. Das heißt: Blumenuntersetzer, Pflanzgefäße, Sandförmchen etc. mit dem Boden nach oben oder überdacht lagern, Vogeltränken einmal pro Woche neu befüllen und zwischendurch reinigen, Regentonnen mit einem Netz versehen, Gießkannen leeren – und darauf achten, wo sich weitere temporäre Kleinstgewässer bilden können. Findet doch einmal eine verdächtige Stechmücke den Weg in das persönliche Umfeld, können Fotos oder auch Mückenexemplare zur Bestimmung an das Hessische Landesamt für Gesundheit und Pflege (HLfGP) eingeschickt werden. Das HLfGP stellt umfangreiche Informationen und Checklisten zur Tigermücke zur Verfügung, betreibt ein landesweites Monitoring, um die Ausbreitung der Art zu dokumentieren und gibt Empfehlungen zum Umgang mit ihr. (pm)+++

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