"Es kommt auf jede Sekunde an"

Neues Konzept für effektivere Reanimation bei Herz-Kreislauf-Stillstand

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Fotos: O|N-Archivbilder

30.07.2024 / FULDA - Bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand kommt es auf jede Sekunde an. Dabei ist die Rettungskette nur so stark wie ihr schwächstes Glied. Mit einem neuen Konzept für den Fuldaer Rettungsdienst wollen der Ärztliche Leiter des Rettungsdienstes Dr. med. Matthias Kalmbach und sein Stellvertreter Dr. med. Thomas Plappert die Überlebensrate bei Reanimationen steigern. In Fällen von Herz-Kreislauf-Versagen ist der professionelle Rettungsdienst gefragt. Doch der ist auf wirksame Ersthelfermaßnahmen angewiesen, um für den Patienten ein gutes Ergebnis zu erzielen.



Bei einer Reanimation ist der Hauptfaktor die Zeit. Das menschliche Gehirn nimmt schon nach wenigen Minuten ohne Sauerstoff einen erheblichen und unumkehrbaren Schaden. Daher ist es wichtig, den Kreislauf schnellstmöglich wiederherzustellen und die Zeit ohne Kreislauf mittels einer Herzdruckmassage zu überbrücken. Reanimationsmaßnachmen beginnen mit der Wiederbelebung durch Ersthelfer und werden nach dem Notruf vom Rettungsdienst übernommen. Ist mit einer Defibrillation und mit der Gabe von Medikamenten der Kreislaufstillstand nicht zu durchbrechen, kann eine sogenannte ECMO als Herz-Lungenmaschine bei bestimmten Patientengruppen eingesetzt werden.

Was hat man nun im Rettungsdienst Fulda angepasst?

Im Fuldaer Rettungsdienst wurde aktuell analysiert, wie man die Prozesse anpassen kann, um die Wiederbelebung noch effektiver zu machen. "Daten des Reanimationsregisters zeigen relativ klar, welche Patienten von einer ECMO-Therapie zur Reanimation profitieren können", erklärt Dr. Plappert. Daher führten die ärztlichen Leiter bei bestimmten Meldebildern einen neuen Einsatzablauf, den "Fast-Track-Algorithmus" ein. Neben einem Rettungswagen und einem Notarzteinsatzfahrzeug erfolgt die Alarmierung eines zweiten Rettungswagens. Die Besatzung dieses Rettungsmittels ist ausschließlich dafür zuständig, den schnellen Abtransport des Patienten zu organisieren und die Kollegen zu unterstützen. Dabei wird der Patient mit dem zuerst alarmierten Rettungswagen transportiert. Das zweite Rettungsmittel steht somit zügig wieder für andere Notfälle bereit. "Ist an der Einsatzstelle kein Kreislauf herzustellen und stimmen die Rahmenbedingungen, ist somit ein umgehender und reibungsloser Transport zur definitiven Versorgung gebahnt", erläutert Plappert weiter.

Welche Patienten betrifft das?

"Fakt ist: Bei jedem Patienten mit Herz-Kreislauf-Stillstand werden Wiederbelebungsmaßnahmen durchgeführt. Im nächsten Schritt wird überlegt, ob das Fast-Track-Konzept zum Tragen kommt, also ob ein zweiter RTW angefordert wird", stellt Kalmbach fest. "Voraussetzung ist unter anderem, dass die Person zum Zeitpunkt des Herz-Kreislauf-Stillstands nicht allein war, sondern dass Zeugen dabei waren, die unmittelbar mit der Wiederbelebung begonnen haben. Ein weiteres Kriterium ist das Alter: Das Fast-Track-Konzept ist vor allem bei Menschen bis etwa 75 Jahren sinnvoll, die keine Vorerkrankungen haben und die nicht pflegebedürftig sind." Ob ein solcher spezieller Einsatz sinnvoll ist, kann sowohl vom Leitstellenpersonal direkt beim Notruf oder von den Einsatzkräften vor Ort entschieden werden. Die Ärztlichen Leiter rechnen pro Jahr mit ca. 50 Einsätzen, bei welchen dieses Konzept zum Tragen kommen könnte.

Im Klinikum Fulda werden die Patienten im internistischen Schockraum an das Krankenhausteam übergeben. Nach einer zügigen Blutanalyse und einer Herzultraschalluntersuchung wird festgelegt, welche Therapie die sinnvollste für den Patienten ist und ob er z.B. auch für eine Therapie mittels ECMO infrage kommt.

Ähnliche Konzepte wie in Fulda vorgesehen gibt es bereits in Köln. Hier werden bei entsprechenden Meldebildern zwei Notarzteinsatzfahrzeuge entsendet. Städte wie Freiburg im Breisgau oder Paris bringen die ECMO mit einem speziellen Team zum Patienten an die Einsatzstelle.

Prüfen - rufen - drücken

Finden Sie eine leblose Person, sollten Sie zunächst an den Eigenschutz denken. Es ist für keinen Ersthelfer ratsam, sich selbst in Gefahr zu bringen.

Prüfen: Zunächst sollten Sie prüfen, ob Lebenszeichen oder normale Atmung vorhanden sind. Rütteln Sie an der Schulter der Person. Zeigt diese keine Reaktion, ist es wichtig, die Atemwege durch Überstrecken des Kopfes freizumachen, um zu prüfen, ob die betroffene Person noch atmet. Dabei sollte der Patient flach auf dem Rücken liegen.

Rufen: Kann man nach spätestens zehn Sekunden keine normale Atmung feststellen, sollten Sie umgehend um Hilfe rufen bzw. den Notruf 112 wählen, falls man allein ist. Dazu kann man die Lautsprecherfunktion des Telefons nutzen, um den Anweisungen des Notrufpersonals Folge leisten zu können.

Drücken: Nun beginnt man mit einer Herzdruckmassage in der Mitte des Brustkorbs mit einer Tiefe von 5 bis 6 cm und einer Frequenz von 100 bis120 Kompressionen des Brustkorbs pro Minute. Damit stellt man einen Blutfluss im Körper her, der das Gehirn mit lebenswichtigem Sauerstoff versorgt. Bringt ein weiterer Ersthelfer einen Defibrillator (AED) an den Notfallort, soll dieser von einer zweiten Person angebracht werden, während die erste Person die Herzdruckmassage fortsetzt. Im Anschluss kann man den Anweisungen des Geräts Folge leisten. Die Herzdruckmassage führt man durch, bis professionelle Hilfe eintrifft. (Adrian Böhm) +++

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