Bürokratie und Politik als Bremsklötze?

Der weite Weg zur Baugenehmigung: "Komplexe Regelungen sind ein Problem"

Baustopp, mangelndes Interesse wegen hoher Baupreise - die Branche steht vor einigen Herausforderungen
Symbolbilder: Hans-Hubertus Braune

18.07.2024 / BAD HERSFELD - Am Bau herrscht Flaute. Die Gründe sind vielschichtig. Das hohe Preisniveau stellt bereits eine Hürde dar. Wer seine Pläne irgendwie finanziert bekommt, muss sich trotzdem in aller Regel in Geduld üben. In viel Geduld. Bis der erste Bagger anrücken darf, gilt es, eine Baugenehmigung zu bekommen.



Dies kann Wochen, meistens eher Monate dauern. Egal, wo man fragt, überall kommen Antworten wie "das ist zum Verzweifeln." Schaut man sich die Zahlen an, dann kann man durchaus meinen, bei weniger Anträgen muss es doch schneller gehen?

Halbierung der Bauanträge

Im Landkreis Hersfeld-Rotenburg wurden im Jahr 2023 gerade einmal 54 Bauanträge für Wohnhausneubauten gestellt. Im Jahr zuvor waren es 120, im Jahr 2021 sogar 165 Anträge. Bei den gewerblichen Bauten sind die Schwankungen zwischen den Jahren 2019 (46), 2022 mit 70 Anträgen und 51 im vergangenen Jahr geringer.

Neben den Preissteigerungen in vielen Bereichen, hohen Zinsen und der allgemeinen Konjunkturschwäche in Deutschland stehen auch die Gesetzgeber und Behörden in der Kritik. Die erdrückende Bürokratie und der Fachkräftemangel gefährden die Baubranche. Und damit die Wirtschaft insgesamt. Es müssen schnelle Lösungen her. Doch wie sieht die untere Baubehörde die Situation? Wir haben beim Landkreis Hersfeld-Rotenburg nachgefragt und ausführliche Antworten auf unsere Fragen erhalten:

Wie lange dauert eine durchschnittliche Baugenehmigung und welche Faktoren spielen eine Rolle?

"Die Dauer eines Baugenehmigungsverfahrens hängt vom Vorhaben, der Qualität der Planunterlagen und dem Prüfumfang (Verfahrensart, Anzahl der zu beteiligenden Stellen) ab. Da die meisten Anträge bei der Unteren Bauaufsichtsbehörde nicht vollständig eingehen, beträgt die durchschnittliche Verfahrenslaufzeit von Eingang bis Genehmigung bei vereinfachten Verfahren 13 Wochen und bei Normalverfahren 16 Wochen."

Von einigen Seiten wird die komplizierte Gesetzgebung mit teils widersprüchlichen Gesetzgebungen kritisiert. Wie sehen Sie als Behörde die fachspezifische Gesetzgebung? Was muss sich ändern?

Keine Beschleunigung bei der Bearbeitung zu erkennen

"In der Neufassung der HBO von 2002 wurden Verfahren neu eingeführt, abgeschafft oder verändert. Dadurch ist keine Beschleunigung bei der Bearbeitung von Anträgen zu erkennen. Im Gegenteil: Gerade für private Bauherren, aber auch für Entwurfsverfasserinnen und Entwurfsverfasser sind die komplexen Regelungen ein Problem. Es treten viele Fragen auf, die im Laufe des Verfahrens geklärt werden müssen. Das kostet zusätzlich Zeit. Dass es oft mehrere Einzelverfahren zu einem Bau gibt (z.B. denkmalschutzrechtliches Verfahren, naturschutzrechtliches Verfahren, wasserrechtliches Verfahren), erschließt sich vielen Antragstellenden nicht."

Aus Sicht der Unteren Bauaufsichtsbehörde reicht es nicht aus, reduzierte Prüfverfahren zu entwickeln, wenn man dann bei den nachgelagerten Verfahren repressiv tätig (Baustopps, Nachtragsverfahren, etc.) werden muss. Hiermit ist weder Verwaltung noch den Bauherren geholfen. Die ehemalige "Schlusspunkttheorie", die es vor 2002 gab, war eindeutiger. Hiernach hat die Baugenehmigungsbehörde eine Genehmigung erst erteilt, wenn alle Bereiche (also auch Denkmalschutz, Naturschutz, etc.) entsprechend geprüft wurden. Danach mussten keine weiteren Genehmigungen eingeholt werden. Dieses Verfahren war für alle Seiten einfacher und am Ende auch schneller umzusetzen."

Die Digitalisierung ist ein großes Thema. Der Einsatz von Virtual Reality findet den Weg in die Baubranche. Sehen Sie Möglichkeiten, dies in den Behörden zu integrieren und damit die Bearbeitungszeit zu verkürzen?

"Virtual Reality wird vor allem genutzt, um Bauherren und Entscheidungsträgern Planungen vorzustellen, sodass man sich das bauliche Ergebnis besser vorstellen kann. Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens wird Virtual Reality nicht unmittelbar zu einer Beschleunigung führen. Aktuell beschäftigt sich die Untere Bauaufsichtsbehörde mit dem digitalen Baugenehmigungsverfahren. Dies wird zu einer Beschleunigung führen, da Postwege wegfallen und die Kommunikation unter den Verfahrensbeteiligten unmittelbar erfolgen kann."

Fachkräftemangel bei den Entwurfsverfassern

Belastet der Fachkräftemangel die Arbeit der Genehmigungsbehörde?

"Bislang konnte die Untere Bauaufsichtsbehörde bei der Besetzung offener Stellen qualifiziertes Personal finden. Allerdings belastet der Fachkräftemangel aufseiten der Entwurfsverfasserinnen und Entwurfsverfasser die Arbeit der Genehmigungsbehörde."

Was wünschen Sie sich von der Politik in Berlin und Wiesbaden?

"Die Untere Bauaufsichtsbehörde wünscht sich, dass das große Ganze im Blick behalten wird und bis zum Vollzug gedacht wird, bevor neue Regelungen beschlossen werden." (Hans-Hubertus Braune) +++

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