"Nicht so verkopft"

Bierpong mit Gott: "Praise im Park" bietet erlebnisorientierte Spiritualität

Von links: Bene, Adina und Jakob vom Team der Katholischen Hochschulgemeinde Marburg
Fotos: Marius Auth

07.07.2024 / HÜNFELD - Der Katholischen Kirche gehen die Mitglieder aus. Um den Nachwuchs für die gute Sache zu gewinnen, gibt es "Praise im Park", ein dreitägiges Glaubensfestival in Hünfeld, bei dem Gott auch mal LEGO-Figur sein darf.



Im Klosterpark rauschen die Bäume, die Hüpfburg wabbelt einsam vor sich hin. Gerade sind alle Besucher vor der Bühne, beim Gottesdienst mit Fuldas Bischof Gerber. Langzeit-Motivation ist das Thema: "Putin scheint damals als Geheimdienstoffizier das, was er in Dresden erlebt hat bei der Wende, als tiefe Kränkung empfunden zu haben. Er hat ziemlich Anlauf genommen bis heute - auch das ist ein Langstreckenlauf, aber getragen von einer tiefen Kränkung und möglicherweise einem tiefen Hass." Dann doch lieber Liebe, am besten mit Gott. Den beschreibt Gerber wie ein Therapeutikum: "Die Ferienzeit kann eine Chance sein fürs Seelenbaden: einfach abends hinsetzen, ruhig werden und die Seele ihre Gefühle ausleben lassen, Gott auf die Seele scheinen lassen."


"Menschen hungern nach Gott"

Das Erleben, zumal das von Gemeinschaft mit Gleichgesinnten, steht klar im Vordergrund beim Glaubensfestival. Bene, Adina und Jakob von der Katholischen Hochschulgemeinde Marburg helfen Jugendlichen im Zelt, ihren Glaubensweg zu finden. Jakob und Adina studieren Psychologie. Probleme mit der Amtskirche hätten sie schon, aber: "Nur weil ich Dinge in der Institution nicht gut finde, muss ich ja nicht alles ablehnen", erklärt Adina. "In der Hochschulgemeinde leben wir im kleinen Kreis, was wir an Kirche schön finden, was wir uns dafür erhoffen - das ist beinahe wie eine Familie, die wir mitgestalten können", so Jakob.



Ein Zelt weiter sitzen die Jungs von "LOBEN": Die Band aus dem nordrhein-westfälischen Gummersbach macht Lobpreismusik nach amerikanischem Vorbild und ist das musikalische Highlight beim Festival. "Die Menschen hungern nach Gott, aber sie suchen ihn in Yogakursen und Achtsamkeitsklassen. Wir wollen mit unserer Musik offen machen für das Wirken Gottes", erklärt Daniel Radzkowski, beruflich Sparkassenangestellter. Lobpreis- beziehungsweise Worship-Musik wurde in den Vereinigten Staaten popularisiert, die Bandmitglieder sind allesamt Protestanten: "Früher wäre das problematisch gewesen, beim katholischen Festival aufzutreten. Heute trifft man sich am Kreuz - das ist gelebte Ökumene. Jesus hat für uns gebetet - aber nicht dafür, dass es hunderte Konfessionen gibt", erklärt Sänger Daniel Harter. Mit leicht eingänglicher Musik sollen Andockpunkte auch für Nichtgläubige geschaffen werden: "Unsere Gesellschaft ist sehr erlebnisorientiert geworden - alle wollen spirituelle Erfahrungen machen, Gott direkt erleben. Aber das ist ein schmaler Grat und kann schnell manipulative Züge aufweisen", so Harter.


"Nicht so verkopft"

Für Gott einen Platz im Leben finden, dabei hilft Marius Hübner. Mehrere Kisten voller LEGO-Steine sollen es den jugendlichen Festival-Besuchern ermöglichen, Mini-Lebenswelten nachzubauen, ob Elternhaus, Schule oder Sportplatz. "Nicht so verkopft", ermutigt der Berufungspastoralreferent des Bistums Fulda einen Jungen, der nicht so recht weiß, wo der LEGO-Astronaut Sinn machen könnte im Klemm-Kosmos. "Glauben findet nicht nur sonntags in der Kirche statt. Wir wollen dabei helfen zu realisieren, welche Auswirkungen Gott im Alltag haben kann", so Hübner.

Schon bei der "Langen Nacht" am Freitagabend in Hünfeld war das Team von "Praise im Park" mit Tischkicker und Bierpong präsent, um zu werben: für Jesus, Gott und irgendwie auch die Kirche. Die bietet nicht nur Erlebnisräume, sondern auch Karrierewege. Thomas Renze gibt den glutenfreien Kuchen aus und ist inzwischen Seelsorgeamtsleiter und stellvertretender Generalvikar. Der 45-Jährige aus Fulda-Kohlhaus stand im Jahr 2000 vor der Wahl: BWL, Agrarwissenschaften oder Theologie? "Ich bin mit großer Offenheit ins Priesterseminar und wollte herausfinden, ob das mein Weg ist. Zweifel gehören dazu." In einer veränderten Gesellschaft müsse sich auch die Kirche verändern: "Die Pfarreien sind an den Grenzen des Machbaren angelangt - vor allem, was die Ansprache junger Menschen betrifft. Das 'Praise im Park' zeigt, wie Kirche sein kann - vor allem auf Augenhöhe", so Renze. (mau) +++

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