Im Biergarten der Linde

Bekiffte Autofahrer und Cyber-Kriminelle: Poseck zur Lage der Inneren Sicherheit

Poseck (Dritter von rechts) beim Termin im Landgasthof "Zur Linde" in Großenlüder-Bimbach
Alle Fotos: Martin Engel

05.07.2024 / GROßENLÜDER - Hessens Innenminister Roman Poseck (CDU) kam am Donnerstagabend auf Einladung des MIT-Kreisverbands Fulda in den Biergarten des Landgasthofs "Zur Linde" in Großenlüder-Bimbach, um aktuelle Herausforderungen im Bereich Innere Sicherheit zu erläutern.



"Zeiten wie heute sind immer spannende Zeiten", begrüßte der MIT-Kreisvorsitzende Florian Wehner den Ehrengast: Terrorismus von links und rechts, Islamismus und Antisemitismus, aber auch Bedrohungen von Umweltaktivisten, die ganze Verkehrsströme zur Erreichung ihrer Ziele lahmlegten, seien aktuelle Herausforderungen für die Innere Sicherheit Hessens, welche das vielschichtige und komplexe Thema gleichzeitig in seiner Tragweite konkret vor Augen führten. Cyber-Bedrohungen schafften zudem eine ganz neue Kriminalitäts-Dimension, selbst für Kommunen: "Akteure aus dem Ausland können heute nicht nur eine Gemeinde-Website lahmlegen, sondern gleich das ganze Land", so Wehner.

Das Thema Sicherheit sei von zentraler Bedeutung für die Bürger, so Poseck. Gerade weil objektive Sicherheit und das subjektive Sicherheitsgefühl so weit auseinanderdriften, müsse man die Handlungsfähigkeit des Staates unter Beweis stellen. Die Innenstadtoffensive mit höherem Kontrolldruck und höherer polizeilicher Präsenz sei eine der Maßnahmen, die ebenjenes subjektive Sicherheitsgefühl erhöhten. "Unsicherheit ist hochgefährlich und gefährdet die Demokratie: Freiheit und Sicherheit hängen deshalb unmittelbar zusammen."

"Wir erwarten mehr bekiffte Autofahrer"

Im ländlichen Idyll konnte der Innenminister nicht nur Hessen, sondern konkret Osthessen als besonders sicher darstellen: 6.220 Straftaten auf 100.000 Einwohner für Hessen, 4.560 für Osthessen, beim Bundesschnitt von 7.042 - "wäre Osthessen ein eigenes Bundesland, es wäre das sicherste", so Poseck. Besonders das Polizeipräsidium Osthessen fand Erwähnung, mit einer Verbrechens-Aufklärungsquote von 69,6 Prozent. Allerdings erlebe man in den letzten Jahren eine Verrohung der Gesellschaft: "Die Zündschnur wird kürzer, die Toleranz ist auf dem Rückzug." Deswegen brauche es ein anderes Bewusstsein, ein anderes Miteinander in der Gesellschaft: "Am Ende kann es der Staat nicht alleine richten", so Poseck.

Zu den Herausforderungen für Justiz und Polizei kämen ganz neue Aufgabenbereiche, Stichwort Cannabis-Teillegalisierung. "Die Polizei hat Wichtigeres zu tun, als sich um Cannabisdelikte zu kümmern. Das bindet viel Personal und die konkreten Auswirkungen der Teillegalisierung sind noch unklar, das Gesetz ist erst drei Monate alt. Aber wir gehen von mehr bekifften Autofahrern aus." Markige Worte fand Poseck beim Thema Migration: "Es geht um unsere Sicherheit, nicht um die derjenigen, die zu uns gekommen sind. Wir müssen Straftäter und Gefährder konsequent in alle Länder abschieben, auch nach Afghanistan und Syrien. Volle Flugzeuge zeigen, dass wir handlungsfähig sind und uns nicht alles bieten lassen."

Vertrauensverlust in Staat und Politik

MIT-Kreisschatzmeister Hans-Dieter Alt kam aus aktuellem Anlass auf die Fußball-Europameisterschaft im eigenen Land zu sprechen. Für den Minister ist das Großereignis auch Indikator für die Performanz der Polizei: "Wir hatten fünf Spiele in Frankfurt am Main, es ist bisher nichts Schlimmes passiert. Die Polizei hat sich akribisch und hochprofessionell vorbereitet. Natürlich ist die EM eine Kraftanstrengung: Wir haben an normalen Tagen in Hessen 1.000 Beamte im Einsatz - bei Fußballspielen sind es 2.500. Natürlich sind das auch hochgerüstete Spezialkräfte und wir bekommen viel Unterstützung." Angriffe auf Polizei und Rettungskräfte seien für ihn vor allem unverständlich: "Statt Dankbarkeit, dass der Rettungswagen kommt, aggressives Verhalten. Solche Taten müssen härter bestraft werden: Sechs Monate für Übergriffe. Man kann mit dem Strafrecht nicht alles lösen, aber das ist kein Argument, um aufs Strafrecht zu verzichten."

Der Vertrauensverlust in Staat und Politik sei ein großes Problem, so Alt. "Die Menschen haben kein Vertrauen mehr in den Staat, der ihre Sicherheit schützt." Die Divergenz von dargestellter und echter Realität, nicht zuletzt durch die Aufbereitung politischer Themenkomplexe etwa in den sozialen Medien, habe zu diesem Vertrauensverlust beigetragen, so Poseck. Bei aller Toleranz müsse man konsequent gegenüber denen agieren, welche die Werteordnung missachten. Was diese betrifft, diente die AfD als Beispiel: "Wir verbreiten keine AfD-Parolen, wenn wir bestimmte Themen auf Grundlage unsere Werteordnung angehen. Der Unterschied zwischen der AfD und uns: Für die ist jeder mit Migrationshintergrund ein potenzieller Messerattentäter. Wir dagegen wertschätzen Menschen mit Migrationshintergrund - aber wenn Menschen straffällig werden, müssen wir konsequent sein."

Beim Thema Vorratsdatenspeicherung, der dauerhaften Speicherung personenbezogener Daten zur Aufklärung schwerer Straftaten, zeigte sich Poseck als Hardliner: " Es ist ein Skandal, dass es diese Möglichkeit noch nicht gibt. Zur Bekämpfung von Kindesmissbrauch, der organisierten Kriminalität, aber auch terroristischer Straftaten. Die Sicherheit des Landes hängt maßgeblich davon ab, aber die Ampel kriegt es nicht hin." (mau) +++

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